Bei Trunk- oder Drogensucht handelt es sich um eine Krankheit. Es gelten daher die Grundsätze der krankheitsbedingten Kündigung. Eine Kündigung ist nur möglich, wenn die Prognose hinsichtlich der weiteren Entwicklung der Sucht negativ ausfällt (negative Zukunftsprognose). Dabei ist von besonderer Bedeutung die Bereitschaft des Arbeitnehmers zu einer Entziehungsmaßnahme. Weigert er sich oder hat er in jüngster Zeit an einer Entziehungskur ohne Erfolg teilgenommen, ist in der Regel eine negative Zukunftsprognose gegeben, eine Kündigung daher sozial gerechtfertigt. Erklärt der Arbeitnehmer nach Zugang der Kündigung, er sei nun bereit, an einer Entziehungskur teilzunehmen, vermag dies nichts mehr amVorliegen der negativen Zukunftsprognose zu ändern. Maßgebend ist der Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung.

Erklärt sich hingegen der Arbeitnehmer vor Zugang der Kündigung bereit, an einer therapeutischen Maßnahme teilzunehmen, ist es im Regelfall geboten, den Erfolg dieser Maßnahme abzuwarten.

Ist dem Arbeitgeber die krankhafte Alkoholabhängigkeit nicht bekannt, darf er davon ausgehen, dass der Arbeitnehmer sein Verhalten steuern kann und eine Sucht nicht vorliegt. Trifft er den Arbeitnehmer während der Dienstzeit wiederholt alkoholisiert an, kann er nach vorheriger Abmahnung eine verhaltensbedingte Kündigung aussprechen. Trägt allerdings der Arbeitnehmer im anschließenden Kündigungsschutzprozess substantiiert vor, dass bei ihm eine Krankheit vorliegt und entbindet er insoweit den Arzt von der Schweigepflicht, entfällt der disziplinare Aspekt einer verhaltensbedingten Kündigung. Erklärt sich darüber hinaus der Arbeitnehmer noch zu einer Entziehungskur bereit, ist der Kündigung im Regelfall der Boden entzogen. Zur Eingrenzung des Prozessrisikos sollte der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung Ursachen und Ausmaß des Alkohol- oder Drogenmissbrauchs in einem Gespräch mit dem Arbeitnehmer aufklären. Weigert sich der Arbeitnehmer in diesem Gespräch, die Fragen den Arbeitgebers zu beantworten, empfiehlt sich eine vertrauensärztliche Untersuchung (§ 7 Abs. 2 BAT). Allein die Weigerung zur Aufklärung rechtfertigt eine Kündigung nicht. Sorgt jedoch der Arbeitnehmer erst im Kündigungsschutzprozess für die nötige weitere Aufklärung, ist dieses Verhalten treuwidrig und führt u.U. zum Verlust der Vergütungsansprüche für die zurückliegendeZeit (LAG Frankfurt, Urt. v. 27.09.1984 - 12 Sa 18/84).

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