Caroline Charissé, Jutta Schwerdle
Ziel der Einführung von Kurzarbeit ist insbesondere die Senkung der Personalkosten. Der hiermit einhergehende Vergütungsausfall auf Seiten der Arbeitnehmer wird durch die Gewährung von Kurzarbeitergeld nach Maßgabe der §§ 95 ff. SGB III gemildert. Das Kurzarbeitergeld ist eine Sonderform des Arbeitslosengeldes und somit im Grunde ein Anspruch des Arbeitnehmers. Im Falle der Kurzarbeit wird der Arbeitgeber jedoch als Zahlstelle in Anspruch genommen und hat zunächst in Vorleistung zu treten. In aller Regel sieht die Rechtsgrundlage für die Einführung von Kurzarbeit vor, dass die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld vorliegen müssen (so auch § 2 Abs. 1 Satz 1 TV COVID).
Grundvoraussetzung für die Gewährung von Kurzarbeitergeld ist, dass ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt, welcher auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht. Ein unabwendbares Ereignis in diesem Sinne liegt auch vor, wenn ein Arbeitsausfall durch behördliche oder behördlich anerkannte Maßnahmen verursacht ist, die vom Arbeitgeber nicht zu vertreten sind (§ 96 Abs. 3 SGB III). Im Bereich des öffentlichen Dienstes wird angenommen, dass ein Arbeitsausfall in aller Regel nicht auf wirtschaftlichen Gründen beruhen kann. Die Corona-Krise und die mit ihr zusammenhängenden behördlichen Maßnahmen, insbesondere Betriebsschließungen sind jedoch als unabwendbares Ereignis im Sinne des § 96 SGB III anerkannt. Sie betreffen in erheblichem Umfang auch den öffentlichen Dienst. Somit kann zur Bewältigung der Coronavirus-Pandemie Kurzarbeitergeld (auch im öffentlichen Dienst) beansprucht werden, wenn und soweit die übrigen Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld erfüllt sind.
Weisung betreffend Arbeitgeber im Gesundheitswesen
Leistungserbringer im Gesundheitswesen können grundsätzlich Kurzarbeitergeld erhalten. Davon sind nach einer Weisung der Bundesagentur für Arbeit jedoch Krankenhäuser für die Dauer der Gültigkeit der Regelungen nach § 21 Krankenhausfinanzierungsgesetz ausgenommen. Arbeitgeber, für welche diese Regelungen zu Ausgleichszahlungen an Krankenhäuser aufgrund von Sonderbelastungen durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 gelten, müssen daher vorrangig prüfen, ob grundsätzlich ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld anerkannt würde (Weisung 202005005 vom 7.5.2020 – Kurzarbeitergeld an Leistungserbringer im Gesundheitswesen).
8.1.1 Das Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelung für das Kurzarbeitergeld
Mit dem ‹Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelung für das Kurzarbeitergeld› vom 13.3.2020 (BGBl I, 2020, S. 493) hat der Gesetzgeber eine Rechtsgrundlage geschaffen, welche es erlaubte, im Rahmen einer Rechtsverordnung die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug des Kurzarbeitergeldes zu lockern. Am 23.3.2020 hat das Bundeskabinett eine entsprechende Verordnung beschlossen, welche im Kurzüberblick die folgenden Erleichterungen rückwirkend zum 1.3.2020 regelte:
- Der Anteil der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die vom Entgeltausfall betroffen sein müssen, wird auf 10 % herabgesetzt. Nach dem Gesetz musste bisher mindestens ein Drittel der Beschäftigten von dem Arbeitsausfall betroffen sein.
- Auf den Einsatz negativer Arbeitszeitsalden zur Vermeidung von Kurzarbeit wird verzichtet. Bisher musste im Allgemeinen auch die Möglichkeit des Aufbaus von Minusstunden ausgeschöpft werden.
- Die von den Arbeitgebern allein zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung für Arbeitnehmer, die Kurzarbeitergeld beziehen, werden den Arbeitgebern in voller Höhe, in pauschalierter Form, erstattet.
- Auch den Beschäftigten in der Zeitarbeit wird der Zugang zu Kurzarbeitergeld ermöglicht.
Die gelockerten Voraussetzungen galten für die Gewährung von Kurzarbeitergeld zunächst befristet bis zum 31.12.2020. Sie wurden mehrfach verlängert, zuletzt bis zum 30.6.2023.
In den nachfolgenden Ausführungen wird auf diese befristet gültigen Lockerungen jeweils in einem Klammerzusatz an entsprechender Stelle hingewiesen.
Die aufgrund der besonderen Situation der COVID-19-Pandemie eingeführten Erleichterungen beim Zugang zum Kurzarbeitergeld sind ausgelaufen. Seit 1.7.2023 gelten wieder die Voraussetzungen, die vor der Corona-Pandemie maßgebend waren: So müssen beispielsweise wieder mindestens ein Drittel der Beschäftigten in einem Betrieb von Arbeitsausfall betroffen sein. Die Betriebe müssen negative Arbeitszeitsalden – das heißt Minusstunden – aufbauen, bevor Kurzarbeitergeld gezahlt werden kann.
8.1.2 Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld, Überblick
Einen Überblick über die Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld gibt § 95 SGB III. Danach haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld, wenn:
- ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt,
- die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind,
- die persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind und
- der Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit angezeigt worden ist.
Wann diese Voraussetzungen erfüllt sind wird in den §§ 96 ff. SGB III präzisiert.
Krisenbedingte Verbesserung der Regelung für da...