Verfahrensgang
ArbG Mannheim (Urteil vom 20.01.1993; Aktenzeichen 8 Ca 443/92) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen dasUrteil desArbeitsgerichts Mannheim – Kammern Heidelberg – vom20. Januar 1993, AZ:8 Ca 443/92, wird zurückgewiesen.
2. Auf die unselbständige Anschlußberufung der Klägerin hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim – Kammern Heidelberg – vom 20. Januar 1993 – 8 Ca 443/92 – abgeändert und die Beklagte über die bereits erfolgte Verurteilung hinaus auch dazu verurteilt, an die Klägerin – weitere – DM 82.80 nebst 4% Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 5. November 1992 zu zahlen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten beider Rechtszüge.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten sich um von der teilzeitbeschäftigten Klägerin geltend gemachte Mehrarbeitszuschläge.
Die Klägerin ist bei der Beklagten als Sekretärin beschäftigt. Bis einschließlich 31. August 1992 arbeitete sie in Teilzeit bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 30 Stunden pro Woche. In den Monaten Februar bis August 1992 leistete die Klägerin auf entsprechende Anordnung hin insgesamt 103,45 Stunden über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus, wobei sie die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit jeweils nicht überschritt. Auf den Monat Februar 1992 entfielen 12 solcher Mehrarbeitsstunden.
Aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit galt in der fraglichen Zeit für das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis der Manteltarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte der chemischen Industrie vom 24. März 1979 in der geänderten Fassung vom 1. Juli 1990 (MTV-Chemie). Die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit betrug damals 39 Stunden pro Woche. § 4 I Ziffer 1 des zitierten Tarifvertrages sieht für geleistete Mehrarbeit einen Zuschlag von 25 % vor. Dieser beläuft sich für die Klägerin auf 6,90 DM brutto pro Stunde. § 3 I MTV-Chemie hat – soweit hier von Belang – folgenden Wortlaut:
Mehrarbeit ist die über die tarifliche wöchentliche oder über die in diesem Rahmen betrieblich festgelegte regelmäßige tägliche Arbeitszeit hinausgehende Arbeitszeit ausschließlich der Pausen, soweit sie angeordnet war. Dies gilt nicht für Teilzeitbeschäftigte … solange nicht die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit von 39 Stunden überschritten wird.
Die Klägerin hält die zuletzt genannte tarifliche Bestimmung wegen Verstoßes gegen Art. I § 2 Abs. 1 BeschFG und Art. 119 EWG-Vertrag (EWGV) sowie die Richtlinie 75/117/EWG vom 10. Februar 1975 für unwirksam. Sie hat deshalb die Beklagte mit Schreiben vom 16. Juni 1992 aufgefordert, die von ihr – der Klägerin – geleistete Mehrarbeit mit dem tariflichen Mehrarbeitszuschlag zu vergüten. Nachdem die Beklagte dies abgelehnt hat, hat die Klägerin mit der der Beklagten am 2. November 1992 zugestellten Klage das vorliegende Verfahren eingeleitet und vor dem Arbeitsgericht den Antrag gestellt,
die Beklagte dazu zu verurteilen, an die Klägerin 713,81 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem entsprechenden Nettobetrag seit Klagezustellung zu zahlen.
Die Beklagte hat
Klageabweisung
beantragt.
Sie hat sich bereits vor dem Arbeitsgericht auf den Standpunkt gestellt, daß für die Zuschlagsfreiheit von Mehrarbeitsstunden, mit welchen die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit nicht überschritten werde, sachliche Gründe bestünden. Das Freizeitopfer bei Teilzeitbeschäftigten wiege weniger schwer. Außerdem sei die mit Mehrarbeit verbundene zusätzliche Belastung bei Teilzeitbeschäftigten nicht so gravierend. Weiter müsse berücksichtigt werden, daß die von der Klägerin erhobene Forderung auf Einbeziehung der Teilzeitbeschäftigten in die tarifliche Zuschlagsregelung gerade nicht Eingang in den geltenden Manteltarifvertrag gefunden habe.
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 20. Januar 1993 im wesentlichen stattgegeben. Abgewiesen hat es die Klage nur hinsichtlich der von der Klägerin für den Monat Februar 1992 geltend gemachten Mehrarbeitszuschläge, und zwar mit der Begründung, die Klägerin habe diese erst nach Ablauf der Ausschlußfrist des § 17 MTV-Chemie geltend gemacht. Das vorgenannte Urteil ist der Beklagten am 24. März 1993 zugestellt worden. Am 21. April 1993 hat sie dagegen Berufung eingelegt, welche sie gleichzeitig begründet hat. Die Klägerin ihrerseits hat am 27. Mai 1993 unselbständige Anschlußberufung eingelegt.
Die Beklagte macht geltend, daß das Arbeitsgericht mit seiner Entscheidung die Normsetzungsautonomie der Tarifvertragsparteien mißachtet und tarifpolitische Überlegungen angestellt habe, die so weder von den Tarifvertragsparteien angestellt worden seien noch in die tarifvertragliche Regelung Eingang gefunden hätten. Die Beklagte bestreitet, daß der Grund für die Absenkung der tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit die Entlastung des Arbeitsmarktes gewesen sei. Zumindest hätten solche Überlegungen keinen Eingang in den Tarifvertrag gefunden. Die Beklagte ist der Ansicht, daß § 3 I Abs. 1 Satz 2 MTV-Chemie in sac...