Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Urlaubsgeld und Jahresleistung nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz. Urlaubsgeld. Jahresleistung
Leitsatz (amtlich)
1.
Gemessen an dem Zweck der von der Beklagten gezahlten Jahresleistung ist die Differenzierung zwischen den Zeitungszustellern und den Vertriebsinspektoren/Sekretärinnen sachlich gerechtfertigt, weil die Zeitungszusteller anders als die Innendienstangestellten die Möglichkeit haben, zur Weihnachtszeit von den Abonnenten ein jedenfalls nicht unerhebliches Trinkgeld zu erhalten. Darauf, ob die gezahlte Jahresleistung in ihrer Höhe dem zumindest durchschnittlichen Trinkgeldbezug in etwa entspricht, kommt es nicht an.
2.
Ein Urlaubsgeld wird gewährt, um zu den anlässlich des Urlaubs entstehenden Mehraufwendungen des Arbeitsnehmers beizutragen. Der Arbeitnehmer soll für die Urlaubszeit über mehr verfügen können, als über sein bisheriges Einkommen, das in der Form des regulären Urlaubsentgelts für die Zeit des Urlaubs fortzuzahlen ist. Dieser urlaubsmäßige Mehrbedarf gilt für alle Arbeitnehmer des Betriebes. Die unterschiedlichen Tätigkeiten der Arbeitnehmergruppen rechtfertigen gemäß dem Zweck des Urlaubsgeldes keine unterschiedliche Behandlung.
Normenkette
BeschFG § 2; EWGVtr Art. 119
Verfahrensgang
ArbG Freiburg i. Br. (Urteil vom 17.10.1997; Aktenzeichen 2 Ca 634/95) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 17.10.1997 – 2 Ca 634/95 – unter Zurückweisung der Berufung im übrigen abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 1.500,– brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit 01.07.1992 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den erstinstanzlichen Kosten tragen der Kläger 4/5 und die Beklagte 1/5.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 5/8 und die Beklagte 3/8.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
I.
Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist somit gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V. m. §§ 518, 519 ZPO zulässig.
II.
Die Berufung des Klägers ist teilweise begründet. Dem Kläger steht nämlich nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ein Anspruch auf das Urlaubsgeld zu. Hingegen hat der Kläger keinen Anspruch auf die (jeweils im Dezember gezahlte) Jahresleistung. Insoweit hat das Arbeitsgericht die Klage zu Recht abgewiesen. Das weitere Vorbringen der Berufung rechtfertigt diesbezüglich keine Abänderung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die im Dezember fällige Jahresleistung in Höhe einer monatlichen Bruttovergütung, die an die 20 Betriebsinspektoren und 2 teilzeitbeschäftigten Sekretärinnen im Gegensatz zu den ca. 1.500 teilzeitbeschäftigen Zusteller zur Auszahlung kam.
a) Gemäß § 2 Abs. 1 BeschFG darf der Arbeitgeber einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer nicht wegen der Teilzeitarbeit gegenüber vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern unterschiedlich behandeln, es sei denn, daß sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Damit verbietet das Gesetz nur die unterschiedliche Behandlung wegen „Teilzeitarbeit”, nicht aber eine Differenzierung aus anderen Gründen. Es erlaubt auch eine unterschiedliche Behandlung wegen der Teilzeitbeschäftigung, wenn sachliche Gründe, beispielsweise unterschiedliche Arbeitsleistungen. Qualifikationen, Berufserfahrungen, Arbeitsplatzanforderungen oder eine unterschiedliche soziale Lage vorliegen. Das in § 2 Abs. 1 BeschFG normierte Gebot der Gleichbehandlung erstreckt sich sowohl auf eine einseitige Maßnahme des Arbeitgebers, wie die Gewährung einer freiwilligen Leistung, als auch auf vertragliche Vereinbarungen und setzt dabei ungeschrieben voraus, daß Teilzeitbeschäftigte und Vollzeitbeschäftigte von der Funktion ihrer Tätigkeit her vergleichbar sind (BAG, Urt. v. 19.04.1995 – 10 AZR 344/94 – NZA 1995, 985 unter Hinw. auf BAGE 61, 77 = NZA 1989, 953 = NJW 1989, 1948).
Wie das Arbeitsgericht unter Ziff. 3 d. Entscheidungsgründe zutreffend festgestellt hat, sind die teilzeitbeschäftigten Zusteller und die Vertriebsinspektoren/Sekretärinnen von ihren Tätigkeiten her nicht vergleichbar. Damit rechtfertigen diese unterschiedlichen Tätigkeiten auch eine unterschiedliche Behandlung der teilzeitbeschäftigten Zeitungszusteller und der vollzeitbeschäftigten Vertriebsinspektoren/teilzeitbeschäftigten Sekretärinnen. Damit verstößt die Beklagte nicht gegen das in § 2 Abs. 1 BeschFG normierte Gebot der Gleichbehandlung von Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten.
b) Zutreffend hat das Arbeitsgericht auch einen Verstoß gegen Art. 119 EWG – Vertrag verneint. Insoweit wird auf Ziff. 4 der dortigen Entscheidungsgründe verwiesen.
c) Die Beklagte verstößt auch nicht gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn sie den Vertriebsin...