Entscheidungsstichwort (Thema)
Begriff der selbständigen Leistung in den Entgeltgruppen 9a, 8 und 7 TVöD/VKA. Eingruppierung eines Außendienstmitarbeiters der KFZ-Zulassungsstelle ohne ordnungsrechtliche Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Ein Beschäftigter einer KFZ-Zulassungsstelle, der zeitlich überwiegend im Außendienst die von der Zulassungsstelle verfügten Betriebsuntersagungen vollstreckt, die Ermittlung von Fahrzeughaltern vornimmt und Fahrzeuge auf sichtbare Mängel überprüft, ohne selbst ordnungsrechtliche Maßnahmen zu ergreifen, erfüllt nicht das Tätigkeitsmerkmal der "selbständigen Leistungen" im Sinne der Entgeltgruppen 9a, 8 und 7 TVöD/VKA (Abgrenzung zur Eingruppierung von gemeindlichen Vollzugs- und Ordnungsbediensteten ≪BAG 21.03.2012 - 4 AZR 266/10≫ und von kommunalen Vollstreckungsbediensteten ≪zuletzt LAG Sachsen-Anhalt 03.03.2021 - 5 Sa 616/18 E≫).
Normenkette
TVöD/VKA Teil A Abschn. I Nr. 3; PolG § 125; ZPO § 97 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Heilbronn (Entscheidung vom 11.02.2021; Aktenzeichen 1 Ca 369/20) |
Tenor
- Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Heilbronn vom 11.02.2021 - 1 Ca 369/20 - wird zurückgewiesen.
- Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die tarifgerechte Eingruppierung des Klägers.
Der am xx.xx.1981 geborene Kläger trat bei dem beklagten Landkreis (im Folgenden: Beklagter) aufgrund eines Arbeitsvertrags vom 5. Juni 2002 (Anlage K 1) in ein Arbeitsverhältnis ein. Zuvor hatte der Kläger seit dem 1. September 1999 bei dem Beklagten eine Ausbildung als Kaufmann für Bürokommunikation absolviert. Der Kläger wurde anfangs als Angestellter für Tätigkeiten der Vergütungsgruppe VIII BAT eingestellt. Auf das Arbeitsverhältnis fand zunächst der Bundes-Angestelltentarifvertrag Anwendung. Am 01.10.2005 wurde das Arbeitsverhältnis in den TVöD/VKA übergeleitet. Mit Änderungsvertrag vom 7. April 2009 wurde der Kläger in die Entgeltgruppe 6 höhergruppiert. Im Zeitpunkt der Klageerhebung befand er sich in der Stufe 5 mit einem Bruttomonatsgehalt von 3.149,87 €; seit dem 1. April 2021 ist er der Stufe 6 zugeordnet.
Der Kläger ist im Fachbereich für Sicherheit und Ordnung dem Sachgebiet "Zulassungsstelle" zugeordnet. Zunächst war er als Sachbearbeiter in der Zulassungsstelle eingesetzt. Am
1.März 2004 wechselte der Kläger innerhalb der Zulassungsstelle in den Vollstreckungsdienst und wird dort als Vollzugsdienstmitarbeiter vor allem im Außendienst eingesetzt. (vgl. das Zwischenzeugnis vom 2. Dezember 2019, Anlage K 7). Ausweislich einer Stellen- und Aufgabenbeschreibung vom 5. Juli 2019 (Anlage K 2 und B 1) nimmt er mit einem Zeitanteil von 20 % Aufgaben im Innendienst, einem Zeitanteil von 70 % Aufgaben im Außendienst und mit einem Zeitanteil von 10 % sonstige Aufgaben wahr. Im Einzelnen obliegen dem Kläger folgende Aufgaben:
Innendienst
- Halterdatenermittlung, auch durch Kontakt mit Einwohnermeldeämtern, Arbeitgebern und anderen Institutionen
- Dokumentation von Ermittlungsergebnissen und Erstellen von Tätigkeitsnachweisen
- Tourenplanung inklusive Ermessen über die Art des Eingriffs (wie z.B. Anfahren beim Arbeitgeber o.ä.), ggf. Abstimmung bzgl. des Eingriffs mit TL
- Erstellung von Kostenrechnungen
- Anzeigenerstattung aufgrund verschiedener Delikte wie Mängel, Fahren ohne Versicherung oder Kennzeichenmissbrauch im Nachgang zum Außendienst
- Bearbeitung von Amtshilfeersuchen
- Im Ausnahmefall Sachbearbeitung im Zulassungs- oder Überwachungsbereich
Außendienst
- Entstempelungen von Fahrzeugen nach Betriebsuntersagung
- Außerbetriebssetzung von Fahrzeugen
- Ermittlung von neuen Adressen bei Haltern z. B. durch Nachbarschaftsbefragung, BMA, Polizei
- Kontrolle von Fahrzeugen auf offene, sichtbare Mängel und ggf. Anzeigeerstattungen im Nachgang
- Fahrzeugidentifikations-Prüfungen
- Selbstständige Entscheidung über Maßnahmen wie die Öffnung von Fahrzeugen, Garagen oder das Betreten von Grundstücken ggf. unter Mithilfe des Polizeivollzugsdienstes
Sonstiges
- Sonderaufgaben wie z. B. Tausch von Fahrzeugpapieren und Fehlerbehebungen
- Unterstützung anderer Sachgebiete wie 50.3 oder 50.5 (z.B. Gewerbenachschau bei Gewerbeuntersagung)
- Postzustellungen bei erfolglosen Zustellversuchen der Post
- Kontrolle der Kennzeichenpapiere bei roten Dauerkennzeichen
Die erforderlichen Fach- und Rechtskenntnisse werden in der Aufgaben- und Stellenbeschreibung wie folgt beschrieben:
- Grundlegende Rechtskenntnisse in den Bereichen:
FZV, GebOSt, FzZulVweigG BW, StVG, StVZO, LVwVfg, LVwVG, Verwaltungsvorschriften, PfIVG, KraftStG, PolG, BMG, StGB
- Anwendungshinweise, Newsletter dvv- Laikra, KBA- Mitteilungen, Richtlinie zur Zulassungsbescheinigung Teil I und Teil II
Der Kläger absolvierte verschiedene Fortbildungen; im Einzelnen wird hierzu auf die Seite 8 der Klageschrift verwiesen.
Im Zuge einer Stellenbewertung wurde die Stelle des Klägers am 5. Juli 2019 durch die Gemeindeprüfungsanstalt bewertet. Hierbei wurde festgestellt, dass der Kläger ...