Entscheidungsstichwort (Thema)
Abmahnungsfreie verhaltensbedingte Kündigung eines Angestellten im Allgemeinen Ordnungsdienst bei Verwendung eines Kennzeichens einer verfassungswidrigen Organisation
Leitsatz (amtlich)
Das Präsentieren eines Hakenkreuzes auf dem Einband der Originalausgabe von "Mein Kampf" rechtfertigt die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses auch ohne Abmahnung.
Normenkette
KSchG §§ 1, 1 Abs. 2 S. 1 Alt. 2; BGB § 241 Abs. 2, § 314 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 17.05.2017; Aktenzeichen 21 Ca 12018/16) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 17. Mai 2017 - 21 Ca 12018/16 - wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
III. Der Gebührenwert des Berufungsverfahrens wird auf 8.973,69 EUR festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über die Wirksamkeit einer fristgemäßen verhaltensbedingten Kündigung.
Der Kläger ist 39 Jahre alt (geb. .... 1978), ledig und einem Kind zum Unterhalt verpflichtet. Er ist seit dem 22. September 2008 beim beklagten Land als Angestellter im Allgemeinen Ordnungsdienst (AOD) mit einer Vergütung nach Entgeltgruppe E 9 TV-L entsprechend 2.991,23 EUR brutto/mtl. beschäftigt. Von November 2009 bis Ende Oktober 2013 war der Kläger als Schichtleiter eingesetzt. Nach Nr. 19 der Allgemeinen Anordnung Ordnungs- und Gewerbeamt für Dienstkräfte des AOD ist den Anweisungen der jeweiligen Schichtleitungen Folge zu leisten.
Nach § 2 des Allgemeinen Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin (ASOG) sind für die Gefahrenabwehr in Berlin die Ordnungsbehörden zuständig (Ordnungsaufgaben). Ordnungsbehörden sind entsprechend § 2 Abs. 2 ASOG die Senatsverwaltungen und die Bezirksämter. Die Zuständigkeit der Ordnungsbehörden ist im Einzelnen durch den als Anlage zum ASOG verbindlichen "Zuständigkeitskatalog Ordnungsaufgaben" festgelegt. Nach § 2 Abs. 6 Satz 1 ASOG kann der Senat von Berlin durch Rechtsverordnung bestimmen, dass die den bezirklichen Ordnungsbehörden durch dieses Gesetz und andere Gesetze zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse für die Dienstkräfte im Außendienst einheitlich geregelt und beschränkt werden. Von dieser Ermächtigung hat der Senat durch die Verordnung zur Festlegung der Aufgaben und Befugnisse der Dienstkräfte der Außendienste der bezirklichen Ordnungsämter (Ordnungsdiensteverordnung) vom 1. September 2004 (GVBl. 2004, 364f.), zuletzt geändert durch Art. I ÄndVO vom 12. Januar 2010 (GVBl. 2010, 10), Gebrauch gemacht.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 der Ordnungsdiensteverordnung überwachen die Dienstkräfte im Rahmen des AOD der bezirklichen Ordnungsämter insbesondere die Einhaltung der bei der Nutzung der Straßen und öffentlichen Einrichtungen des Landes Berlin geltenden rechtlichen Bestimmungen, soweit die Bezirksämter hierfür zuständig sind. Die konkreten Ordnungsaufgaben der Bezirksämter sind im zweiten Abschnitt des Zuständigkeitskatalogs Ordnungsaufgaben in den Nummer 15 bis 22c festgelegt. Ausgenommen ist die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach § 24 StVG für den Bereich des ruhenden Verkehrs. Zusätzlich besteht eine Zuständigkeit in Bezug auf Haus- und Nachbarschaftslärm.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 der Ordnungsdiensteverordnung (ODV) sind die Aufgaben der die Dienstkräfte des AOD der bezirklichen Ordnungsämter wie folgt bestimmt:
1. Sie stellen Verstöße gegen die entsprechenden Vorschriften fest,
2. sie verfolgen sich daraus ergebende Ordnungswidrigkeiten und
3. sie können diese durch Verwarnungen ahnden oder die Weiterbearbeitung durch die hierfür zuständige Stelle veranlassen und
4. sie ergreifen die gebotenen Gefahrenabwehrmaßnahmen.
Zur Erfüllung dieser Aufgaben dürfen die Dienstkräfte des AOD gemäß § 3 Abs. 2 ODV folgende Befugnisse ausüben, soweit in besonderen ordnungsrechtlichen Vorschriften die Befugnisse nicht abschließend geregelt sind:
1. auf Grund des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes:
a) § 15, Unmittelbare Ausführung einer Maßnahme,
b) § 17, Allgemeine Befugnisse,
c) § 18, Ermittlungen, Befragungen, Datenerhebungen,
d) § 21, Identitätsfeststellung,
e) § 22, Prüfung von Berechtigungsscheinen,
f) § 29, Platzverweisung,
g) § 34, Durchsuchung von Personen,
h) § 35, Durchsuchung von Sachen,
i) § 36 Absatz 5, Betreten von Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräumen sowie anderen Räumen und Grundstücken, die öffentlich zugänglich sind,
j) § 38, Sicherstellung von Sachen,
k) § 42, Datenspeicherung, -veränderung und -nutzung,
l) § 44, Datenübermittlung innerhalb des öffentlichen Bereichs;
2. auf Grund des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes:
a) § 10, Ausübung der Ersatzvornahme,
b) § 12, Ausübung des unmittelbaren Zwanges gegen Personen durch körperliche Gewalt und gegen Sachen;
3. auf Grund des § 32 des Strafgesetzbuches und des § 227 des Bürgerlichen Gesetzbuches:
Gebrauch von Reizstoffen und Schlagstöcken zur Notwehr und Nothilfe;
4. auf Grund der Strafprozessordnung:
§ 127 Abs. 1 Satz 1, vorläu...