Entscheidungsstichwort (Thema)

aufschiebend bedingtes Arbeitsverhältnis

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der unter der Überschrift „Ärztliche Untersuchung/Zustimmung Betriebsrat/Führungszeugnis” formulierte Vorbehalt der erfolgreichen Teilnahme an einem sog. Assessmentcenter stellt keine überraschende Klausel i. S. d. § 3 AGB-G dar, der aufgrund teleologischer Reduktion des § 23 Abs. 1 AGB-G auch auf Arbeitsverträge Anwendung fand.

2. Ein AC-Vorbehalt ist als aufschiebende Bedingung für das Wirksamwerden eines Arbeitsvertrags jedenfalls dann rechtlich unbedenklich, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zum vorgesehenen Vollzugsbeginn ohnehin ordentlich kündigen könnte.

 

Normenkette

BGB § 158 Abs. 1, § 162 Abs. 1; AGBG § 3

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 17.10.2002; Aktenzeichen 31 Ca 20038/01)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 17. Oktober 2001 – 31 Ca 20038/01 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin sollte aufgrund Anstellungsvertrags vom 23. November 2000 (Ablichtung Bl. 4 – 8 d.A..) ab dem 1. April 2001 als Angestellte im Bereich Personalwirtschaft in die Dienste der Beklagten treten. Mit Schreiben vom 12. Februar 2001 teilte ihr die Beklagte unter Berufung auf § 9 Absatz 1 des Anstellungsvertrags mit, dass das Arbeitsverhältnis nicht zustande komme, weil sie im Rahmen des inzwischen durchgeführten Assessmentcenter-Verfahrens (AC) ein negatives Ergebnis erzielt habe. In der Folgezeit sprach der Beklagte der Klägerin vorsorglich mehrere Kündigungen dieses Arbeitsverhältnisses aus.

Das Arbeitsgericht Berlin hat die auf Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der arbeitsvertragliche Vorbehalt einer erfolgreichen Teilnahme am AC stellen eine wirksame aufschiebende Bedingung dar. Mit einem arithmetischen Gesamtergebnis von 1,68 Punkten haben die Klägerin das AC (zu ergänzen: nicht) bestanden. Missbräuchliches Verhalten sei der Beklagten nicht vorzuwerfen, weil nicht erkennbar sei, weshalb sie (das Ergebnis) eine(r) tatsächlich erfolgreiche(n) Teilnahme der Klägerin am AC manipuliert haben sollte.

Gegen dieses ihr am 4. Dezember 2001 zugestellte Urteil richtet sich die am 18. Dezember 2001 eingelegte und am 17. Januar 2002 begründete Berufung der Klägerin. Sie behauptet, die AC-Klausel sei nicht Gegenstand der Erörterungen im Vorstellungsgespräch gewesen. Auch im Begleitschreiben zum Vertragsangebot vom 28. November 2000 sei davon keine Rede gewesen. Sie sei ihr aufgrund der irreführenden Überschrift „Ärztliche Untersuchung/Zustimmung Betriebsrat/Führungszeugnis” auch bei Unterzeichnung des Vertragswerks nicht aufgefallen. Deshalb habe sie im Vertrauen auf den geschlossenen Vertrag Ende Dezember 2000 zum letztmöglichen Zeitpunkt ihr Vorarbeitsverhältnis gekündigt. In der Einladung zum AC sei suggeriert worden, es ginge dabei lediglich um eine Bewertung innerhalb einer Skala von positiven Einstufungen. Anders als bei der gesundheitlichen Eignung oder der Zustimmung der Mitarbeitervertretung stelle ein AC kein objektives Kriterium dar, das zur Bedingung für das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses gemacht werden dürfe. Zudem habe es sich um kein objektives, nach wissenschaftlichen Kriterien gestaltetes Verfahren gehandelt. Vielmehr habe die Beklagte damit sachfremde Ziele verfolgt, indem sie ihren Entscheidungsprozess noch einmal habe überprüfen wollen. Sie bestreite, nach dem standardisierten Bewertungsschema für die angestrebte Position nicht ausreichend geeignet gewesen zu sein.

Sämtliche Kündigungen seien mangels Vorlage einer ordnungsgemäßen Originalvollmacht von ihr zurückgewiesen worden. Außerdem sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des angefochtenen Urteils

  1. festzustellen, dass zwischen den Parteien ab dem 1. April 2001 auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 23. November 2000 ein Arbeitsverhältnis bestehe,
  2. die Beklagte zu verurteilen, sie ab dem 1. April 2001 als Angestellte mit der Aufgabe „Experte Anwendungsberatung” zu einem vereinbarten Jahresbruttogehalt von 95.000,– DM zu beschäftigen,
  3. festzustellen, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Kündigungen der Beklagten vom 2. oder 11. April oder 5. oder 25. Juli 2001 beendet worden sei, sondern ungekündigt fortbestehe.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie behauptet, die Klägerin im Vorstellungsgespräch am 10. November 2000 ausdrücklich auf das AC hingewiesen zu haben, und tritt den Angriffen der Berufung im Einzelnen entgegen.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Berufung ist unbegründet.

Zwischen den Parteien ist für die Zeit ab 1. März 2001 kein Arbeitsverhältnis begründet worden, weshalb die Klägerin keinen Anspruch auf Beschäftigung hat und es auf die vorsorglich ausgesprochenen Kündigungen nicht ankam.

1.1 Mit Unterzeichnung des Angebots für einen Anstellungsvertrag durch die Kläger...

Dieser Inhalt ist unter anderem im TVöD Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge