Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung von Arbeitsverträgen mit Ärzten in der Weiterbildung
Leitsatz (amtlich)
1. Mehrfache befristete Arbeitsverträge innerhalb der gesetzlich zulässigen Höchstdauer von acht bzw. zwei Jahren mit Ärzten in der Weiterbildung sind nicht deshalb unwirksam, weil sich das Weiterbildungsziel des Arztes geändert hat.
2. Es ist nicht erforderlich, daß sich die Befristungsdauer zeitlich mit dem zum Erwerb der Anerkennung als Gebietsarzt notwendigen Zeitraum deckt.
3. Ein Anspruch auf Abschluß eines privatrechtlichen Arbeitsvertrages besteht im allgemeinen nicht.
Normenkette
BGB §§ 611a, 620
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 10.12.1990; Aktenzeichen 16 Ca 364/90) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 10.12.1990 – 16 Ca 364/90 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Beklagte, eine Stiftung privaten Rechts, die dem Deutschen Caritasverband angeschlossen ist, betreibt unter anderem das S.-Krankenhaus in Kreuzberg. Aufgrund eines schriftlichen Dienstvertrages vom 12. Juni 1987 trat die 1956 geborene Klägerin als Assistenzärztin in die Dienst der Beklagten, und zwar, wie es im Dienstvertrag ausdrücklich heißt, zur Erlangung der Anerkennung als Arzt für die Chirurgie. Das Vertragsverhältnis wurde bis zum 30. Juni 1990 befristet und sollte zu diesem Zeitpunkt enden, ohne daß es einer Kündigung bedurfte. Des weiteren wird im Vertrag darauf hingewiesen, daß die Befristung aufgrund des Gesetzes über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung vom 15. Mai 1986 erfolgt sei. Die Klägerin erhielt zuletzt eine Vergütung in Höhe von 4.500,– DM brutto.
Anfang des Jahres 1989 bat die Klägerin um eine Umsetzung in die Innere Abteilung, da sie die Ausbildung zur Chirurgin aufgegeben hatte und stattdessen die Anerkennung als Ärztin für Allgemeinmedizin erreichen wollte. Diesem Verlangen entsprach die Beklagte mit Wirkung vom 16. Oktober 1989. In der am 13. März 1990 abgeschlossenen „Dienstvertragsänderung” heißt es unter anderem:
- „Die vereinbarte Befristung zum 30.06.1990 wird aufgehoben.
- Das Dienstverhältnis wird neu befristet und für die Zeit vom 01.07. – 31.10.1990 abgeschlossen und endet zu diesem Zeitpunkt, ohne daß es einer Kündigung bedarf. (Einsatzort: Innere Abteilung)
- Die Verlängerung des Dienstvertrages erfolgt auf Wunsch von Frau A. zur Weiterbildung im Fach Allgemeinmedizin.”
Die Befristung auf den 31. Oktober 1990 wurde deshalb gewählt, weil nach der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Berlin vom 1. Februar 1989 (Amtsblatt für Berlin 1989, S. 2329 ff – Anlage) 12 Monate Stationsdienst in der Inneren Medizin vorgesehen sind.
Zu einer weiteren Verlängerung der beiderseitigen vertraglichen Beziehungen war die Beklagte nicht bereit.
Mit der beim Arbeitsgericht Berlin am 4. Oktober 1990 eingegangenen Klage hat die Klägerin ihre Weiterbeschäftigung über den 31. Oktober 1990 hinaus verlangt. Sie hat die Auffassung vertreten, daß der ursprüngliche Befristungsgrund im Vertrag vom 12. Juni 1987 weggefallen sei, so daß durch ihre Beschäftigung auf der Inneren Abteilung ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestehe. Die Weiterbildungszeit für Ärzte für Allgemeinmedizin betrage insgesamt 48 Monate, von denen 42 Monate im Krankenhaus abzuleisten seien. Ihr fehle noch eine dreimonatige Beschäftigungszeit in einem Krankenhaus. Erst danach könne sie bei einem niedergelassenen Arzt die restliche Weiterbildungszeit absolvieren.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, sie noch drei Monate im Rahmen der Weiterbildung zur Ärztin für Allgemeinmedizin ab 1. Februar oder 1. Mai 1991 zu beschäftigen, und zwar zu denselben vertraglichen Bedingungen, die ihrer Beschäftigung bis zum 31. Oktober 1990 zugrunde gelegen haben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin, so hat die Beklagte ausgeführt, sei durch ihren Einsatz in der Inneren Abteilung der Befristungsgrund nicht weggefallen. Auch sei dadurch nicht ein unbefristeter Arbeitsvertrag begründet worden. Ebensowenig habe Einigkeit zwischen den Parteien Anfang 1989 darüber bestanden, daß der Befristungsgrund weggefallen sei. Der Klägerin sei überdies zu keinem Zeitpunkt zugesagt worden, das Arbeitsverhältnis erneut befristet zu verlängern.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der ersten Instanz wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, §§ 313 Abs. 2, 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO.
Durch am 10. Dezember 1990 verkündetes Urteil hat die Kammer 16 des Arbeitsgerichts Berlin die Klage abgewiesen und den Wert des Streitgegenstandes auf 13.500,– DM festgesetzt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe der genannten Entscheidung verwiesen.
Gegen das ihren Prozeßbevollmächtigten am 20. Dezember 1990 zugestellte Urteil richtet sich die beim Landesarbeitsgericht Berlin am 21. Januar 1991 eingegangene Berufung der Klägerin die sie mit weiterem beim Rechtsmittelgericht am 20. Februar 19...