Entscheidungsstichwort (Thema)
Kosten des Rechtsstreits. Fehlende Kostenregelung. Kosten der Anrufung des unzuständigen Gerichts
Leitsatz (amtlich)
Enthält ein den Rechtsstreit beendender Vergleich keine Vereinbarung über die Kosten und sind diese deshalb nach § 98 ZPO gegeneinander aufzuheben, so gilt dies auch für die Kosten, die durch die Anrufung eines unzuständigen Gerichts entstanden sind; diese sindnicht nach § 281 Abs. 3 ZPO dem Kläger aufzuerlegen.
Normenkette
ZPO §§ 98, 281 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Bremen (Entscheidung vom 21.12.2001; Aktenzeichen 7 Ca 7064/00) |
Tatbestand
I
Der Kläger beantragte beim Amtsgericht Bremen einen Mahnbescheid gegen den Beklagten über eine Hauptforderung von DM 247.398,00. Nach Widerspruch des Beklagten wurde auf Antrag des Klägers das Verfahren an das Landgericht Bremen abgegeben. Dort verfolgte der Kläger seine Forderung in vollem Umfang weiter. Auf den hilfsweise gestellten Verweisungsantrag des Klägers verwies das Landgericht Bremen den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Bremen.
Vor dem Arbeitsgericht Bremen schlossen die Parteien am 19.04.2000 den folgenden Vergleich:
- „Der Beklagte zahlt an den Kläger DM 24.000,00 spätestens bis zum 30.06.2000. Der Betrag ist vom heutigen Datum bis zur Zahlung mit 4 % zu verzinsen.
- Mit Erfüllung des Vergleichs sind sämtliche Ansprüche der Parteien, gleich aus welchem Rechtsgrund, erledigt.
- Damit ist der vorliegende Rechtsstreit erledigt.”
Der Beklagte hat beim Arbeitsgericht Bremen beantragt,
den Kläger zu verpflichten, dem Beklagten die vor dem Landgericht Bremen in dem Verfahren – 7 O 1212/99 – entstandenen Kosten zu erstatten.
Der Kläger hält den Antrag für unbegründet, da sämtliche Ansprüche der Parteien mit Erfüllung des Vergleichs erledigt seien.
Das Arbeitsgericht Bremen hat am 21.12.2001 durch Beschluss den Antrag des Beklagten vom 30.05.2000 abgewiesen.
Zur Begründung hat es auf die Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Bremen verwiesen, nach der sich aus der Regelung in § 12 a Abs. 1 Satz 3 ArbGG lediglich ergibt, dass diejenigen Kosten zu erstatten sind, für deren Entstehung die Anrufung des unzuständigen Gerichts kausal geworden ist. Gegen diesen am 27.12.2001 zugestellten Beschluss wendet sich der Beklagte mit der am 09.01.2002 beim Arbeitsgericht Bremen eingegangenen sofortigen Beschwerde, die das Arbeitsgericht dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt hat.
Entscheidungsgründe
II
1. Die sofortige Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit zulässig.
2. In der Sache hatte die Beschwerde keinen Erfolg.
a) Auf die vom Arbeitsgericht Bremen entschiedene Rechtsfrage kommt es nach Auffassung der Berufungskammer nicht an. Maßgeblich für die Entscheidung ist die Tatsache, dass die Parteien in dem Vergleich vom 19.04.2000 keine Kostenentscheidung getroffen haben und damit für die Frage, wer die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, § 98 Satz 2 ZPO maßgeblich ist. Nach dieser Vorschrift werden nicht nur die Kosten des Vergleichs (§ 98 Satz 1 ZPO), sondern auch die Kosten des durch den Vergleich erledigten Rechtsstreits, soweit nicht über sie bereits rechtskräftig erkannt ist, gegeneinander aufgehoben.
Greift § 98 ZPO ein, so ergeht kein Beschluss des Gerichts über die Kostentragung. Die Kostenfolge nach § 98 ZPO ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Danach hat jede Partei ihre eigenen außergerichtlichen Kosten zu tragen, Gerichtskosten trägt jede Partei zur Hälfte (vgl. Musielak-Wolst, ZPO, 2. Aufl. § 98 ZPO Rdz. 8).
Die erstattungsrechtliche Behandlung der Mehrkosten, wenn eine gütliche Einigung im Kostenpunkt keine Regelung enthält, ist streitig. Teilweise wird die Auffassung vertreten, nach einer Verweisung gemäß § 281 ZPO beziehe sich ein Vergleich vor dem Prozessgericht in der Regel nicht auf die durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts entstandenen Mehrkosten (vgl. OLG Zweibrücken MDR 1996 S. 971; OLG München JurBüro 1985 S. 292; OLG Bremen JurBüro 1987 S. 285; OLG Stuttgart JurBüro 1986 S. 103; OLG Bamberg JurBüro 1988 S. 1689). Zur Begründung wird ausgeführt, sofern sich im Auslegungswege keine Anhaltspunkte für einen anderen Vertragswillen der Parteien ergeben, sei davon auszugehen, dass sich die Vereinbarung lediglich auf die notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung des Gegners beziehe, nicht aber auf die durch Anrufung des unzuständigen Gerichts entstandenen Mehrkosten. Demgegenüber vertritt die Gegenansicht die Auffassung, dass nach einer Verweisung des Rechtsstreits durch das unzuständige Gericht ein Vergleich auch die durch die Klageerhebung bei dem unzuständigen Gericht entstandenen Kosten immer dann umfasse, wenn die Kosten des Rechtsstreits geregelt seien. Eine Abweichung von der sonstigen Kostenregelung müsse sich eindeutig aus dem Vergleichstext ergeben (vgl. OLG Köln OLGR Köln 1991 S. 50; OLG Koblenz MDR 1987 S. 681; OLG Schleswig-Holstein SchlHA 1980 S. 219; OLG Karlsruhe JurBüro 1975 S. 234; OLG Düsseldorf MDR 1999 S. 568; Münchener Kommentar zur ZPO-Belz, 2. Aufl...