Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 15.10.1998; Aktenzeichen 2 Ca 4756/98)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf wird kostenfällig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob eine arbeitgeberseitige Nachkündigung, die in einem anwaltlichen Schriftsatz im Vorprozeß enthalten war, das Arbeitsverhältnis rechtswirksam zum 31.05.1998 aufgelöst hat.

Die Klägerin trat im Juli 1997 als kaufmännisch-technische Angestellte in die Dienste der Beklagten, die sich mit der Vermittlung von Leiharbeitnehmern befaßt und mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt. In dem schriftlichen Anstellungsvertrag vom 07.07.1997 trafen die Parteien nähere Bestimmungen zur Ausübung des beiderseitigen Kündigungsrechts (§ 5). In § 6 Ziff. 6.3 legten sie fest, daß „Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages … der gesetzlichen schriftlichen Bestätigung zu ihrer Wirksamkeit” bedürfen.

Mit Schreiben vom 09.01.1998, das der Klägerin am Nachmittag des 16.01.1998 zugestellt wurde, erklärte die Beklagte die Kündigung des Arbeitsverhältnisses „innerhalb der Probezeit zum 31.01.1998”. Am 26.01.1998 reichte die anwaltlich vertretene Klägerin beim Arbeitsgericht Düsseldorf (Geschäfts-Nr. 4 Ca 600/98) Kündigungsschutzklage ein mit dem Antrag, festzustellen, daß die Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien vom 09.01.1998 durch die Beklagte, zugegangen am 17.01.1998, rechtsunwirksam ist. In der Klageschrift rügte die Klägerin die Sozialwidrigkeit der Kündigung und die Bevollmächtigung des Mitarbeiters der Beklagten H., der das Kündigungsschreiben unterzeichnet hatte. Der Klageschrift lag eine „Einheitsvollmacht” bei, in der die Klägerin ihren Prozeßbevollmächtigten u. a. „Vollmacht zur Begründung und Aufhebung von Vertragsverhältnissen und zur Abgabe und Entgegennahme von einseitigen Willenserklärungen (z. B. Kündigungen)” erteilte. Die Einheitsvollmacht enthielt außerdem den fettgedruckten, in einen Kasten gesetzten Aufdruck: „Zustellungen werden nur an den/die Bevollmächtigte(n) erbeten!”

Am 02.03.1998 schlossen die Parteien vor dem Arbeitsgericht einen Abfindungs- und Abwicklungsvergleich, den die Beklagte später widerrief. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 15.04.1998 nahm sie zu der Klage Stellung. Die Klageerwiderungsschrift schließt auf der letzten Seite mit folgender, abgesetzter Passage:

„Vorsorglich kündigen wir den Anstellungsvertrag der Klägerin Namens und in Vollmacht der Beklagten nochmals fristgerecht aus betrieblichen Gründen.

Eine auf uns lautende Vollmacht ist der beglaubigten Abschrift dieses Schriftsatzes zwecks Zustellung bei der Klägerin beigefügt.”

Die Prozeßbevollmächtigten der Beklagten übermittelten die Klageerwiderungsschrift den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin unmittelbar per Fax mit einem Anschreiben (Bl. 147) sowie per normaler Briefpost. Der Fax-Sendung war eine von der Beklagten für ihre Prozeßbevollmächtigten unter dem 15.04.1998 ausgestellte Vollmacht beigefügt. Für die Vollmachtserklärung wurde der auch schon von der Klägerin verwendete Vordruck der „Einheitsvollmacht” benutzt. Ob auch der unmittelbar auf dem normalen Postweg zugestellten Klageerwiderung eine Vollmachtsurkunde beilag, ist zwischen den Parteien umstritten.

Des weiteren reichten die Prozeßbevollmächtigten der Beklagten die Klageerwiderung beim Arbeitsgericht ein. Das Gericht leitete die Abschriften – eine beglaubigte und unterzeichnete Abschrift mit Vollmacht sowie eine unbeglaubigte, nicht unterzeichnete Abschrift – an die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin weiter. Anläßlich einer Besprechung am 28.04.1998 in der Kanzlei der Prozeßbevollmächtigten händigte der sachbearbeitende Rechtsanwalt H. die unbeglaubigte Abschrift der Klägerin aus. Rechtsanwalt H. hatte die Klageerwiderung nicht bis zum Ende gelesen und daher die auf der letzten Seite erklärte Kündigung nicht bemerkt.

In der Verhandlung am 20.05.1998 vor dem Arbeitsgericht schlossen die Parteien einen Widerrufsvergleich über den ungekündigten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Nachdem die Beklagte den Vergleich widerrufen hatte, gab das Arbeitsgericht durch Urteil vom 17.06.1998 der Kündigungsschutzklage nach Maßgabe des Klageantrages statt. In der Folgezeit lehnte die Beklagte das Ansinnen der Klägerin, weiterbeschäftigt zu werden, unter Hinweis darauf ab, daß das Arbeitsverhältnis durch die anwaltliche Nachkündigung vom 15.04.1998 zum 31.05.1998 sein Ende gefunden habe.

Die Klägerin wendet sich mit der vorliegenden, am 28.08.1998 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage gegen die Kündigung vom 15.04.1998 und verlangt das Gehalt für die Monate Juni und Juli 1998. Außerdem begehrt sie mit der bereits am 23.07.1998 eingereichten Klageschrift die tatsächliche Weiterbeschäftigung. Die Klägerin bestreitet den wirksamen Zugang der Kündigung vom 15.04.1998 und rügt die fehlende Schriftform. Sie hält die Berufung der Beklagten auf die Schriftsatzkündigung für treuwidrig.

Durch Urteil vom 15.10.1998 hat das Arbei...

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