Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung der Betriebsrente. Wechsel zwischen Voll- und Teilzeittätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Sachverhalt: Die Parteien streiten über die Höhe einer Betriebsrente, die nach dem Versorgungsplan des beklagten Arbeitgebers nach dem Durchschnitt der letzten drei Jahresgehälter zu berechnen ist. Die Klägerin war zuletzt mit einer Wochenarbeitszeit von 20 Stunden beschäftigt, nachdem sie zuvor jahrelang eine Arbeitszeit von 40 bzw. 32 Stunden pro Woche hatte. Sie will die Betriebsrente nach dem durchschnittlichen Beschäftigungsgrad (70 %) während des gesamten Arbeitsverhältnisses und nicht nur während der letzten drei Jahre berechnet wissen. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Leitsätze: Indem eine Versorgungsordnung den Durchschnitt der in den letzten Jahren bezogenen Gehälter zum Berechnungsfaktor für den Versorgungsanspruch macht, erfasst sie nicht auch den Fall, dass ein Arbeitnehmer nach längerer Vollzeittätigkeit zu einer Teilzeittätigkeit gewechselt oder im Rahmen einer Teilzeittätigkeit seine Arbeitszeit verringert hat. Die lückenhafte Versorgungsordnung ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung regelmäßig dergestalt zu schließen, dass der für den Vollzeitbeschäftigten ermittelte Rentenbetrag entsprechend der Teilzeitquote (i. e. der persönliche Beschäftigungsgrad des auch oder nur in Teilzeit arbeitenden Arbeitnehmers im Verhältnis zur Arbeitszeit des in Vollzeit tätigen Arbeitnehmers) umzurechnen ist (vgl. BAG, Urteil vom 03.11.1998, 3 AZR 432/97, AP Nr. 41 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung).
Normenkette
BGB § 157; BetrAVG § 1; GG Art. 3
Verfahrensgang
ArbG Wesel (Urteil vom 06.11.2002; Aktenzeichen 4 Ca 1972/02) |
Tenor
Unter Abänderung desUrteils des Arbeitsgerichts Wesel vom06.11.2002 wird
- die Beklagte verurteilt, an die Klägerin EUR 868,89 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 12.06.2002 zu zahlen,
- festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, ab dem 01.07.2002 die an die Klägerin zu zahlende Betriebsrente in Höhe von EUR 361,79 vierteljährlich um EUR 144,83 auf EUR 507,08 zu erhöhen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe einer Betriebsrente, die – so sieht es der „Versorgungsplan” der Beklagten in § 6 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 12 vor – nach dem Durchschnitt der letzten drei Jahresgehälter zu berechnen ist. Die Beklagte hat hiernach eine Betriebsrente von vierteljährlich Euro 361,79 errechnet und ab Rentenbeginn (01.06.2000) an die Klägerin gezahlt. Demgegenüber meint die Klägerin, dass nicht nur die von ihr zuletzt, insbesondere in den letzten drei Jahren geleistete Wochenarbeitszeit von 20 Stunden mit dem entsprechend niedrigeren Gehalt zugrunde zu legen, sondern ihre früher längere Wochenarbeitszeit von 40 bzw. 32 Stunden mitzuberücksichtigen sei. Sie ermittelt – unstreitig – den durchschnittlichen Beschäftigungsgrad während des gesamten Arbeitsverhältnisses (01.01.1981 – 31.05.2000) auf 70,04 % der tariflichen Wochenarbeitszeit und danach eine um vierteljährlich Euro 144,83 höhere Betriebsrente.
Während nach Auffassung der Klägerin der im „Versorgungsplan” vorgesehene Bezugszeitraum der „letzten drei Jahre” eine unzulässige Benachteiligung der in Teilzeit gewechselten Vollzeitbeschäftigten darstellt und eine mittelbare Geschlechtsdiskriminierung impliziert, verteidigt die Beklagte die Regelung des „Versorgungsplans” als sachgerecht. Der eindeutige Wortlaut gebe – so macht die Beklagte geltend – keinen Raum für eine ergänzende Auslegung.
Durch Urteil vom 06.11.2002 hat das Arbeitsgericht Wesel die Klage abgewiesen. Mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung greift die Klägerin das Urteil, auf das hiermit zur näheren Sachdarstellung verwiesen wird, in rechtlicher Hinsicht an.
Sie beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 06.11.2002 abzuändern und
- die Beklagte zu verurteilen, an sie, die Klägerin, 868,89 EUR zu zahlen,
- festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ab dem 01.07.2002 die an sie, die Klägerin, zu zahlende Betriebsrente in Höhe von 361,79 EUR um 144,83 EUR auf 507,08 EUR zu erhöhen,
- den Betrag zu Ziffer 1) ab 12.06.2002 mit 5 % über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 06.11.2002 zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der zur Akte gereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Die Vorinstanz hat unter Diskussion der Urteile des Bundesarbeitsgerichts vom 27.09.1983 (3 AZR 297/81, AP Nr. 9 zu § 1 BetrAVG) und vom 03.11.1998 (3 AZR 432/97, AP Nr. 41 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung) angenommen, dass der Versorgungsplan durch den in § 2 Abs. 12 festgelegten Bezugszeitraum von drei Jahren den Wechsel zwischen Voll- und Teilzeittätigkeit erfasse und daher, weil nicht lückenhaft, einer ergänzende Vertragsauslegung nich...