Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost - Verfassungswidrigkeit von § 4 Abs 2 Buchst c VersorgungsTV - Ausschluß eingeschriebener Studenten von der Zusatzversorgung
Orientierungssatz
1. Verfassungswidrigkeit der Tarifnorm des § 4 Abs 2 Buchst c VersorgungsTV. Für den generellen Ausschluß immatrikulierter studentischer Mitarbeiter der Deutschen Bundespost von der Zusatzversorgung durch § 4 Abs 2 Buchst c des Versorgungstarifvertrages gibt es kein legitimes Regelungsziel, so daß es an einem die Ungleichbehandlung rechtfertigenden Sachgrund fehlt.
2. Revision eingelegt unter dem Aktenzeichen 3 AZR 515/00.
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 11.01.2000; Aktenzeichen 2 Ca 628/95) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 11. Januar 2000 – 2 Ca 628/95 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte gegen den Gleichheitssatz verstoßen hat, weil sie den Kläger in Anwendung tariflicher Vorschriften bei ihrer Versorgungsanstalt in einem Zeitraum nicht versicherte, in dem er bei ihr teilzeitbeschäftigt und zugleich bei der Universität als ordentlicher Student eingeschrieben war.
Der im Mai 1952 geborene Kläger war vom 9. November 1981 bis zum 31. Dezember 1993 für die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin (d. i. die Deutsche Bundespost) als Arbeiter tätig. Bis zum 31. März 1986 war er zugleich an der Universität Hamburg immatrikuliert. Die Anwendbarkeit der einschlägigen Posttarifverträge ergibt sich aus der beiderseitigen Tarifbindung.
Die Deutsche Bundespost versicherte den Kläger, der im Umfang von 20 Wochenstunden (d.i. die halbe tarifliche Wochenarbeitszeit) beschäftigt war, bei der Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost-VAP erst ab 1. April 1986. Zwar wären seinerzeit gemäß § 24 TVArb generell alle Postarbeiter bei der VAP zu versichern. Das galt jedoch nach § 1228 Abs. 1 Nr. 3 RVO a. F. nicht für ordentliche Studierende einer Hochschule während der Dauer des Studiums. Sie waren versicherungsfrei. In § 4 Abs. 2 Buchst. c) VersorgungsTV, der die Zusatzversorgung regelte, hieß es, daß nach § 1228 Abs. 1 Nr. 3 RVO versicherungsfreie Studenten bei der VAP nicht versichert werden können.
Der Kläger, der mithin in dem hier interessierenden Zeitraum (vom 9. November 1981 bis 31. März 1986) versicherungsfrei bei der Beklagten beschäftigt und aus diesem Grunde von ihr auch nicht zur VAP angemeldet worden war, bezieht seit Januar 1994 eine gesetzliche Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeitsrente und daneben die Zusatzversorgung durch die VAP. Ob die EU- bzw. BU-Rente nur auf Zeit bewilligt war und ob die Zahlungen daher inzwischen eingestellt sind, wie der Kläger im Berufungstermin andeutete, konnte nicht abschließend geklärt werden.
Mit seiner im Dezember 1995 eingereichten und im Januar 1996 zugestellten Klage begehrt der Kläger, so gestellt zu werden, als ob er auch bereits im Zeitraum von November 1981 bis März 1986 bei der VAP versichert gewesen wäre.
Er hat dazu vorgetragen, der hier in Rede stehende Zeitraum sei bei der Berechnung der Zusatzversorgung zu berücksichtigen, weil er als gesamtversorgungspflichtig anzusehen sei. Daß er (der Kläger) als eingeschriebener Student in der Sozialversicherung versicherungsfrei gewesen sei, rechtfertige es nicht, ihn nicht zur Zusatzversorgung anzumelden und ihm dadurch ein Stück Entgelt vorzuenthalten, das anderen, nicht zugleich an einer Hochschule eingeschriebenen Arbeitern zugeflossen sei. Für diese tarifvertragliche Ungleichbehandlung fehle es an einem Sachgrund, so daß ein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz vorliege.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab 1. Januar 1994 die Versorgungsleistungen zu verschaffen, die ihm zustünden, wenn er in der Zeit vom 9. November 1981 bis 31. März 1986 bei der Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost (VAP) versichert gewesen wäre,
hilfsweise,
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihn für die Zeit vom 9. November 1981 bis einschließlich 31. März 1986 auf ihre Kosten in einer der Höhe seiner jeweils bezogenen Vergütung entsprechenden Weise bei der VAP nachzuversichern,
äußerst hilfsweise,
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihm den Schaden zu ersetzen, der ihm dadurch entstanden ist, daß er von der Beklagten in der Zeit vom 9. November 1981 bis einschließlich 31. März 1986 nicht auf deren Kosten bei der VAP versichert wurde.
Die Beklagte hat beantragt.
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, wenn der Gesetzgeber Arbeitnehmer, die als Studenten an einer Hochschule eingeschrieben seien, von der Rentenversicherungspflicht ausnehme, könne hier nicht von einer sachwidrigen Ungleichbehandlung gesprochen werden. Die Tarifvertragsparteien hätten im Rahmen einer Gesamtversorgung lediglich dieselbe Zielgruppe auch von der Zusatzversorgung ausgeschlosse...