Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenstandswert im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren. Verfahren auf Zustimmung des Arbeitgebers zur Hinzuziehung eines Sachverständigen. Verfahren wegen Festsetzung des Gegenstandswertes der anwaltlichen Tätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 8 Abs. 2 S. 2 BRAGO enthält keinen Regelstreitwert, sondern bei nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren einen Hilfs- bzw. Auffangwert, der nur dann zur Anwendung kommt, wenn keine anderen Tatsachen für die Festsetzung des Gegenstandswertes vorliegen.

2. Begehrt der Betriebsrat gem. § 80 Abs. 3 S. 2 BetrVG die Zustimmung des Arbeitgebers zur Hinzuziehung eines Sachverständigen, handelt es sich wegen der damit unmittelbar verbundenen Kosten nicht mehr um eine nicht vermögensrechtliche Streitigkeit. Die Festsetzung des Gegenstandswertes hat deshalb nach Maßgabe der veranschlagten Kosten des Sachverständigen zu erfolgen (ebenso: LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.09.1990 – 8 Ta 108/90 –).

 

Normenkette

BetrVG § 80 Abs. 3 S. 1; BRAGO § 8 Abs. 2, § 10 Abs. 3 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Hamm (Entscheidung vom 08.01.2001; Aktenzeichen 1 BVGa 5/00 L)

 

Tenor

Die Beschwerde des Arbeitgebers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamm vom 08.01.2001 – 1 BVGa 5/00 L – wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I

Im vorliegenden Beschlussverfahren hat der Betriebsrat im Wege der einstweiligen Verfügung vom Arbeitgeber die Zustimmung zur Hinzuziehung eines Sachverständigen begehrt, nachdem etwa Mitte August 2000 der neunköpfige Betriebsrat vom Arbeitgeber darüber informiert worden war, dass der Betrieb in L1., in dem Feinstrumpfhosen hergestellt wurden und ca. 200 Arbeitnehmer beschäftigt waren, im Wesentlichen bis auf eine Restproduktion und Teile der Verwaltung geschlossen werden sollte. Am 21.08.2000 hatte der Betriebsrat den Beschluss gefasst, Herrn Rechtsanwalt P1. mit der Beratung des Betriebsrates bei den bevorstehenden Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen im Rahmen des § 80 Abs. 3 BetrVG zu beauftragen. Die vom Betriebsrat am 28.08.2000 begehrte Zustimmung zur Hinzuziehung des Sachverständigen wurde vom Arbeitgeber verweigert. Daraufhin beantragte der Betriebsrat am 11.09.2000 beim Arbeitsgericht im Wege der einstweiligen Verfügung vom Arbeitgeber die Zustimmung zur Hinzuziehung des Sachverständigen.

Dem Antrag des Betriebsrates wurde durch Beschluss des Arbeitsgerichts Hamm vom 19.09.2000 – 1 BVGa 5/00 L – stattgegeben. Der dem Arbeitgeber am 22.09.2000 zugestellte Beschluss vom 19.09.2000 wurde rechtskräftig. Auf die Gründe des Beschlusses vom 19.09.2000 wird Bezug genommen.

Auf Antrag des Betriebsrates, der ursprünglich auch hilfsweise die Zustimmung des Arbeitgebers zur Hinzuziehung des Sachverständigen für 5 Beratungstage à 8 Stunden mit einer Stundenvergütung von 400,00 DM beantragt hatte, hat das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 08.01.2001 den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit auf 16.000,00 DM festgesetzt und zur Begründung ausgeführt, der Streit um die Beauftragung eines Sachverständigen sei eine vermögensrechtliche Streitigkeit, deren Wert nach den veranschlagten Kosten des Sachverständigen zu bemessen sei.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Arbeitgebers vom 18.04.2001.

Der Arbeitgeber ist der Auffassung, dass betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeiten – wie die vorliegende – grundsätzlich nicht vermögensrechtliche Streitigkeiten seien, es sei denn, es würden bezifferte oder bezifferbare Zahlungsanträge gestellt. Die Wertfestsetzung richte sich in derartigen Fällen nach § 8 Abs. 2 Satz 2 2. Hs. BRAGO. Die dort getroffene Regelung sei als Regelwert anzusehen, von dem nur in Ausnahmefällen nach Lage des Falles abgewichen werden könne. § 8 Abs. 2 Satz 2 2. Hs. enthalte einen Grundstreitwert, der regelmäßig vom Bundesarbeitsgericht auf zahlreiche betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeiten angewendet werde. Auch vorliegend sei der Regelstreitwert von 8.000,00 DM maßgeblich. Anhaltspunkte für eine Erhöhung des Streitwertes seien nicht ersichtlich. Insbesondere sei der Gegenstandswert zu halbieren, weil es sich vorliegend um ein Verfahren im vorläufigen Rechtsschutz gehandelt habe.

Demgegenüber hält der Betriebsrat den Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts für zutreffend.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.

II

Die gemäß §§ 10 Abs. 3 Satz 1 BRAGO, 567 ZPO zulässige Beschwerde des Arbeitgebers ist nicht begründet. Zutreffend hat das Arbeitsgericht den Gegenstandswert für das vorliegende Beschlussverfahren auf 16.000,00 DM festgesetzt.

Entgegen der Rechtsauffassung des Arbeitgebers kann der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit im vorliegenden Verfahren nicht mit dem Auffangwert des § 8 Abs. 2 Satz 2 2. Hs. BRAGO bemessen werden.

Richtig ist zwar, dass vielfach im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren die Auffangvorschrift des § 8 Abs. 2 BRAGO zugrunde gelegt wird. Diese Regelung stellt aber ausschließlich eine Auffangnorm für Ange...

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