Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine PKH-Bewilligung bei Nachreichen des Vordrucks nach Instanzbeendigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Frist für das PKH-Gesuch sieht das Gesetz nicht vor, jedoch muß das Gesuch bis zum Abschluß der Instanz beim zuständigen Gericht eingehen, denn sonst bietet die Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung keine Aussicht auf Erfolg mehr. Geht das Gesuch rechtzeitig ein, dann kann bei einem sog. „steckengebliebenen” Prozeßkostenhilfeantrag dem Antragsteller auch nach Beendigung der Instanz oder des Verfahrens insgesamt Prozeßkostenhilfe gewährt werden, wenn bis zur Beendigung des Verfahrens die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung tatsächlich aussichtsreichund ein formgerechter Antrag mit den erforderlichen Belegen eingereicht war.

2. Tritt Bewilligungsreife für die begehrte Prozeßkostenhilfe erst nach Abschluß der Instanz ein, weil die nach § 117 Abs. 2 ZPO vorzulegenden Erklärungen erst nach diesem Zeitraum übermittelt werden, so scheidet eine nachträgliche Bewilligung von Prozeßkostenhilfe aus. Gleiches muß gelten, wenn die Unterlagen erst nach Instanzbeendigung vervollständigt werden.

3. Vollständig ist die PKH-Antragstellung erst dann, wenn sie § 117 ZPO Abs. 2 entspricht, mit anderen Worten, es muß die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem amtlichen Vordruck abgegeben und es müssen alle „entsprechenden Belege” eingereicht sein. § 117 Abs. 4 ZPO schreibt für die Abgabe der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Benutzung des amtlichen Vordrucks vor. Die Nichtverwendung des Vordrucks macht den PKH-Antrag zwar nicht unzulässig, aber das Gericht kann ihn allein wegen der Nichtvorlage des Vordrucks als unbegründet (weil die Bedürftigkeit nicht glaubhaft gemacht ist) zurückweisen. Im allgemeinen ist – da es sich bis zur Instanzbeendigung um einen behebbaren Mangel handelt – erforderlich, daß das Gericht den Antragsteller vor der Zurückweisung des PKH-Gesuchs auf den Vordruckzwang hinweist.

4. Ein solcher Hinweis ist entbehrlich, wenn der Antragsteller den Mangel bereits selbst erkannt und die Nachreichung der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse angekündigt hat. Reicht der Antragsteller den amtlichen Vordruck dennoch erst nach Instanzbeendigung ein, dann kann diese Verzögerung dem Gericht nicht angelastet werden. Von einem sog. „steckengebliebenen” PKH-Gesuch kann in einem solchen Fall keine Rede sein.

 

Normenkette

ZPO § 117 Abs. 2, 4

 

Verfahrensgang

ArbG Hamm (Entscheidung vom 16.10.2000; Aktenzeichen 1 Ca 2006/00 L)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den PKH-Ablehnungsbeschluß des Arbeitsgerichts Hamm/Gerichtstag Lippstadt vom 16.10.2000 – 1 Ca 2006/00 L – wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Kläger hat mit Klageschrift vom 20.09.2000, bei dem Arbeitsgericht am 22.09.2000 eingegangen, Klage auf Herausgabe mehrerer Gegenstände erhoben, die er nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in dem gewerblichen Objekt der Beklagten, in dem er während der Dauer des Arbeitsverhältnisses gewohnt hat, zurückgelassen hat, erhoben.

Mit Schriftsatz vom 04.10.2000, bei dem Arbeitsgericht am 05.10.2000 eingegangen, hat der Kläger Prozeßkostenhilfe mit dem Bemerken beantragt, daß die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nachgereicht würden.

Im Gütetermin vom 10.10.2000 (1 Ca 2006/00 L) haben die Parteien zur Erledigung des Rechtsstreits einen Vergleich geschlossen.

Mit Schriftsatz vom 12.10.2000, bei dem Arbeitsgericht am 16.10.2000 eingegangen, hat der Kläger eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, welche das Datum vom 02.10.2000 trägt, nebst Änderungsbescheid des Arbeitsamtes Herford vom 31.08.2000 zu den Gerichtsakten gereicht. Gleichzeitig hat er um Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für das Verfahren und für den Vergleich gebeten.

Das Arbeitsgericht Hamm/Gerichtstag Lippstadt hat durch Beschluß vom 16.10.2000 (1 Ca 2006/00 L) den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe mit der Begründung zurückgewiesen, er sei seiner Mitwirkungspflicht nach § 117 Abs. 2 ZPO nicht nachgekommen, denn er habe die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erst nach Abschluß der Instanz vorgelegt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers mit Schriftsatz vom 25.10.2000, bei dem Arbeitsgericht am 27.10.2000 eingegangen.

Der Kläger trägt vor, es werde nicht verkannt, daß die Mitwirkungspflicht nicht eingehalten worden sei, obgleich von einer „Verletzung” bei Berücksichtigung der Aktenlage in Form eines bewußten Verschuldens nicht gesprochen werden könne. Die Fürsorgepflicht des Gerichts gebiete allerdings, zunächst eine Frist zu setzen, um den Mangel der fehlenden Unterlagen durch den Antragsteller beheben zu lassen. Das Gericht habe im Hinblick auf die Tatsache, daß bis zum Gütetermin durch die Gegenseite nichts vorgetragen worden sei, keine Fristen gesetzt. Da eine Fristsetzung nicht erfolgt sei, könne das Gericht nicht von e...

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