Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit, Direktionsrecht, Rechtsmissbrauch, Eingruppierung
Leitsatz (amtlich)
Die nur vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit nach § 24 BAT darf als tarifvertragliches Gestaltungsmittel nicht funktionswidrig verwendet werden. Sie bedarf eines sachlichen Grundes für die Übertragung selbst und für die Dauer der Übertragung. Bei der Übertragung von Daueraufgaben liegt ein solcher sachlicher Grund nicht vor.
Hält ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes generell während der gesamten Dauer der Ausbildung eines Regierungsassistentenanwärters eine Stelle im mittleren Dienst für diesen frei, so handelt es sich um die Erledigung von Daueraufgaben, wenn er die auf dieser Stelle anfallenden Tätigkeiten einem Angestellten vorübergehend überträgt.
Normenkette
BGB §§ 242, 315 Abs. 1, 3; BAT §§ 22, 24
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Entscheidung vom 17.11.1999; Aktenzeichen 9 Ca 589/99) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des beklagten L1xxxx gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 17.11.1999 – 9 Ca 589/99 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden dem beklagten L2xx auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende tarifliche Eingruppierung der Klägerin.
Die am 27.06.1964 geborene Klägerin ist verheiratet und einem Kind zum Unterhalt verpflichtet.
Am 01.09.1981 trat sie in die Dienste des beklagten L1xxxx als Auszubildende in dem Ausbildungsberuf Verwaltungsfachangestellte. Ausgebildet wurde sie beim Versorgungsamt in D3xxxxxx. Nach Abschluss des Ausbildungsverhältnisses am 30.08.1984 war sie zunächst beim Versorgungsamt D2xxxxxxxx eingesetzt, dann in der Zeit vom 01.03.1985 bis insgesamt 28.02.1987 mit befristeten Verträgen beim Versorgungsamt in D3xxxxxx tätig. Dort ist sie seit dem 01.03.1987 auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 20.01.1987 (Bl. 5 f d.A.) auf Dauer tätig. In dem Arbeitsvertrag ist u.a. Folgendes vereinbart:
„§ 2
Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung.
§ 4
Die Angestellte ist in der Vergütungsgruppe VIII der Anlage 1 a zum BAT eingruppiert (§ 22 Abs. 3 BAT).”
Seit dem 01.08.1987 erhält die Klägerin eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe VII BAT.
In der Zeit vom 06.03.1989 bis zum 01.05.1993 befand sich die Klägerin im Mutterschafts- bzw. Erziehungsurlaub.
Durch Arbeitsvertrag vom 19.03.1992 (Bl. 152 d.A.) erfolgte ab 02.05.1993 eine Reduzierung der Arbeitszeit auf die Hälfte der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit einer entsprechenden vollbeschäftigten Angestellten.
Ab 03.05.1993 wurde die Klägerin in die Aufgaben einer Rentenbearbeiterin (Sachbearbeiterin im Schwerbehindertenrecht) eingearbeitet. In der entsprechenden Verfügung vom 03.05.1993 (Bl. 47 d.A.) heißt es:
„Sehr geehrte Frau B3xxxxxxxxx,
unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs werden Sie mit sofortiger Wirkung unter Aufsicht und Anleitung in die Aufgaben einer
Rentenbearbeiterin
eingearbeitet.
Für die Zeit der Einarbeitung werden Sie dem Leiter der Rentengruppe zugewiesen.
Ich bitte Sie, sich mit allen Aufgaben, die auf dem o.a. Dienstposten anfallen, vertraut zu machen.
…
Das Zeichnungsrecht ist mit dieser Einarbeitungsphase nicht verbunden.”
Durch Beurteilung vom 15.04.1994 (Bl. 49 f d.A.) stellte das Versorgungsamt D3xxxxxx fest, dass die begonnene Einarbeitung zur Rentenbearbeiterin noch nicht als abgeschlossen angesehen werden konnte. Durch Verfügung vom 21.12.1994 verlängerte das beklagte L2xx auf den Antrag der Klägerin hin die laufende Einarbeitung unter Aufsicht und Anleitung bis zum 30.06.1995.
Durch Verfügung vom 20.11.1995 (Bl. 55 d.A.) wurde die Klägerin dem Assistenzbereich der Gruppe S 9 zugeteilt.
Durch Verfügung vom 23.07.1997 (Bl. 7 d.A.) übertrug das beklagte L2xx der Klägerin ab 01.08.1997 erstmals die Tätigkeit einer Sachbearbeiterin des mittleren Dienstes in der Abteilung 3 (Schwerbehindertenrecht). In der Verfügung heißt es:
„Vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit gem. § 24 Abs. 1 BAT
Sehr geehrte Frau B3xxxxxxxxx,
hiermit übertrage ich Ihnen mit Wirkung ab 01.08.1997 unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs die den Merkmalen der Vergütungsgruppe V c – Fallgruppe 1 a – des Teils I der Anlage 1 a zum BAT entsprechende Tätigkeit einer Sachbearbeiterin des mittleren Dienstes in der Abteilung 3 – Schwerbehindertenrecht – vorübergehend gem. § 24 Abs. 1 BAT bis zur endgültigen Besetzung des Sachbearbeiterdienstpostens, längstens jedoch bis zum 31.03.1998.
Ihre Aufgaben ersehen Sie aus dem beigefügten Geschäftsverteilungsplan. Mit der Übertragung der Aufgaben ist, soweit nichts anderes vermerkt, das Zeichnungsrecht verbunden.
Über die Gewähru...