Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der Berufung - Versäumung der Berufungsbegründungsfrist - Fristberechnung bei Berufungseinlegung per Fax und nachfolgenden Originalschriftsatz

 

Leitsatz (redaktionell)

Wird gegen ein arbeitsgerichtliches Urteil innerhalb der Berufungsfrist Berufung sowohl per Fax als auch mit Originalschriftsatz per Post eingelegt und berechnet der Rechtsanwalt des Berufungsführers den Ablauf der Berufungsbegründungsfrist auf der Basis des ihm durch die Geschäftsstelle des LAG mitgeteilten Eingangsdatums der Fax-Berufung, so gehört es im Fall der Versäumung dieser Berufungsbegründungsfrist zu den anwaltlichen Sorgfaltspflichten, die Möglichkeit der anderweitigen Wahrung der Berufungsbegründungsfrist über die postalisch eingelegte Berufung zu prüfen. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Sachstand kommt demgemäß nicht schon deshalb in Betracht, weil die auf der Basis der gefaxten Berufung berechnete Berufungsbegründungsfrist ohne anwaltliches Verschulden versäumt wurde.

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 08.12.1999 - Aktenzeichen 1 Ca 1843/99 - wird unter Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages der Beklagten als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Die Revisionsbeschwerde wird zugelassen.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 3.400,00 DM.

 

Gründe

I.

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch um einen vom Kläger geltend gemachten Vergütungsbestandteil in Höhe von monatlich 200,00 DM brutto für die Monate Mai 1998 bis September 1999.

Der 1973 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit 01.04.1996 als Feinschleifer beschäftigt. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag ist zwischen den Parteien nicht geschlossen. Sein Stundenlohn betrug zuletzt 22, 50 DM brutto. Ab Ende 1996/Anfang 1997 bis April 1998 erhielt der Kläger zu seinem Stundenlohn eine Zusatzzahlung von monatlich 200,00 DM brutto. Diese Leistung stellte die Beklagte ab Mai 1998 ein.

Mit der am 13.08.1999 beim Arbeitsgericht Hagen eingegangenen Klage hat der Kläger zunächst für Mai 1998 bis April 1999 die Nachzahlung der Zusatzleistung, also 2.400,00 DM, verlangt und weitere ursprünglich zwischen den Parteien strittige Ansprüche erhoben. Darüber ist am 06.09.1999 ein Versäumnisurteil gegen die Beklagte ergangen, gegen das sie zum Teil Einspruch eingelegt hat. Der Kläger hat nachfolgend auch für Mai 1999 bis September 1999 die Zusatzzahlung eingeklagt.

Der Kläger hat vor dem Arbeitsgericht zuletzt beantragt,

unter Aufrechterhaltung des am 06.09.1999 verkündeten Versäumnisurteils des erkennenden Gerichts

die Beklagte des weiteren zu verurteilen, an ihn 3.360,00 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit Klagezustellung (04.11.1999) zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

unter Aufhebung des vorbezeichneten Versäumnisurteils die Klage abzuweisen.

Mit dem 08.12.1999 verkündeten Urteil hat das Arbeitsgericht das Versäumnisurteil vom 06.09.1999 aufrecht erhalten und die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 3.360,00 DM brutto (darunter 1.000,00 DM Zusatzzahlung) nebst Zinsen zu zahlen. Das Urteil ist der Beklagten am 23.12.1999 zugestellt worden.

Mit Schriftsatz vom 20.01.2000 hat die Beklagte gegen das Urteil Berufung eingelegt, soweit sie zur Nachzahlung der Zusatzleistung zum Stundenlohn in Höhe von insgesamt 3.400,00 DM verurteilt worden ist. Das Schreiben ist beim Landesarbeitsgericht per Telefax am 20.01.2000 eingegangen. Das Original der Berufungsschrift ist beim Landesarbeitsgericht am 24.01.2000 - einem Montag - per Briefpost eingegangen. Der Briefumschlag, in dem sich die Berufungsschrift befand, trägt den Poststempel vom 21.01.2000. Dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten wurde der Eingang der Berufungsschrift durch die Geschäftsstelle des LAG mit dem 20.01.2000 bestätigt.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 29.02.2000 wurde der Prozessbevollmächtigte der Beklagten darauf hingewiesen, dass innerhalb der Berufungsbegründungsfrist keine Berufungsbegründung eingegangen war. Mit am 03.03.2000 eingegangenen Schriftsatz beantragt die Beklagte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Gleichzeitig hat sie eine Berufungsbegründungsschrift vom 21.02.2000 eingereicht.

Ihren Wiedereinsetzungsantrag begründet die Beklagte wie folgt:

Sie sei ohne ihr Verschulden gehindert gewesen, die am 21.02.2000 ablaufende Berufungsbegründungsfrist einzuhalten. Der 21.02.2000 sei im Fristenkalender als Fixfrist für das vorliegende Verfahren notiert gewesen. Außerdem sei eine Vorfrist für den 14.02.2000 vermerkt gewesen. Die Berufungsbegründungsschrift sei am 21.02.2000 gefertigt und unterschrieben worden. Bei Büroschluss sei die Fixfrist im Fristenkalender in Absprache mit der Anwaltsgehilfin T. gestrichen worden. Die seit 1995 in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten der Beklagten tätige, in der Vergangenheit, auch bei gelegentlichen ähnlichen Aufträgen, stets zuverlässige Frau T. sei beauftragt gewesen, die Berufungsbegründung an diesem Tag bis 24.00 U...

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