Entscheidungsstichwort (Thema)

Hinweis- und Aufklärungspflichten bei Vertragsbeendigung. Hinweis- und Aufklärungspflichten über betriebliche Altersversorgung. Sachlicher Differenzierungsgrund bei ungleicher Behandlung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Arbeitgeber ist nicht ohne weiteres verpflichtet, Arbeitnehmer unaufgefordert über die Auswirkungen einer Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses für ihre betriebliche Altersversorgung zu unterrichten. Hinweis- und Aufklärungspflichten beruhen auf den besonderen Umständen des Einzelfalles und sind das Ergebnis einer umfassenden Interessenabwägung.

2. Grundsätzlich ist die Anknüpfung einer Differenzierung an eine Entscheidung des Norm- oder Regelungsunterworfenen ein sachlicher Differenzierungsgrund für eine ungleiche Behandlung. Etwas anderes kann allerdings dann gelten, wenn eine bestimmte Ausübung des Wahlrechts für den Regelungsunterworfenen zu unverhältnismäßigen Folgen führt und daher unzumutbar ist.

 

Normenkette

BGB § 280; GG Art. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 02.10.2013; Aktenzeichen 7 Ca 9068/12)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 02. Oktober 2013- 7 Ca 9068/12 - wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
  3. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Der Kläger macht einen Schadenersatzanspruch gegen die Beklagte wegen fehlerhafter Beratung und Ungleichbehandlung in Bezug auf seine Altersversorgung geltend.

Der am 7. Dezember 1947 geborene Kläger war bei der Beklagten zunächst von März 1967 bis März 1970 als Techniker beschäftigt. Am 1. Oktober 1973 trat er erneut als Redakteur in die Dienste der Beklagten. Das Arbeitsverhältnis endete am 31. Juli 2003 aufgrund einer Vorruhestandsvereinbarung (Kopie Bl. 112 ff. d. A.). Zuletzt war der Kläger im Deutschen Programm Leiter Politik, Politik/Wirtschaft sowie stellvertretender Chefredakteur.

Der Kläger war vor seinem Wiedereintritt bei der Beklagten Mitglied des V d P (V ). Die Beklagte bot ihren Mitarbeitern an, entweder ihre bereits bestehende Altersversorgung beim V fortzuführen oder die Leistungen der Hausversorgung in Anspruch zu nehmen. Der Kläger wählte die Altersversorgung beim V .

Die beiden Versorgungsmöglichkeiten weisen Unterschiede auf. Die Hausversorgung der Beklagten sah vor, dass Anwartschaften nach zehn Jahren bzw. nach Vollendung des 35. Lebensjahres unverfallbar wurden. Dagegen konnten Leistungen des V sofort in Anspruch genommen und bei einem Arbeitgeberwechsel fortgeführt werden. Die Leistungen der Beklagten an das V waren auf 19 % des beitragspflichtigen Gehalts bis zur Höchstgrenze von 2.600 DM begrenzt. Beim V bestand die Möglichkeit zur steuerfreien Kapitalauszahlung. Wegen der Höchstgrenze bei der Versorgung des VdP erweist sich die Hausversorgung der Beklagten insbesondere für gut verdienende Mitarbeiter, die langjährig bei der Beklagten beschäftigt waren, als deutlich besser. Wie hoch der Unterschied tatsächlich ist, ist zwischen den Parteien streitig. Der Kläger hat für sich eine monatliche Differenz in Höhe von 2.126,96 EUR errechnet.

Die Beklagte hatte sich erstmals mit Schreiben vom 5. September 1973 wegen der betrieblichen Altersversorgung an den Kläger wie folgt gewandt:

"Die D ist bereit, für Mitarbeiter, die anstelle von Leistungen aus der Hausversorgung eine Weiterführung ihrer berufsständischen Versicherung beim Presseversorgungswerk gewährt haben, Beiträge in Höhe von 18,5 % des beitragspflichtigen Gehalts, bis zur Höchstgage von DM 2.600, zu übernehmen, abzüglich des im Jahre 1968 geltenden Arbeitgeberanteils zur Angestelltenversicherung. Näheres entnehmen Sie bitte beiliegenden Änderungs- und Ergänzungsbestimmungen zur Versorgungsordnung."

In dem Arbeitsvertrag vom 17. September 1973 erklärte die Beklagte, dass sie dem Kläger eine Altersversorgung aufgrund der Versorgungsordnung vom 1. August 1966 in der jeweils maßgebenden Fassung gewähre.

In den Änderungs- und Ergänzungsbestimmungen zur Versorgungsordnung der Beklagten vom 31. Januar 1969 ist in § 1 und § 2 Abs. 1 geregelt:

"Anhang zur Versorgungsordnung der D W

§ 1 Wahlrecht

(1) Arbeitnehmer, die vor ihrer Einstellung bei der D W über das V d P GmbH obligatorisch oder freiwillig versichert waren, haben das Recht, zwischen einer freiwilligen Versicherung über das V d P GmbH und den Leistungen aus der Versorgungsordnung der D W zu wählen.

(2) Das Wahlrecht ist durch schriftliche Erklärung gegenüber der D W auszuüben und nicht widerruflich. Die Frist für die Ausübung des Wahlrechts beträgt sechs Monate, gerechnet vom Tage der Einstellung. Beträgt die Probezeit des Arbeitnehmers mehr als sechs Monate, so endet die Frist mit Ablauf der Probezeit. Für Arbeitnehmer, die im Zeitpunkt der Einräumung des Wahlrechts bereits eingestellt waren, beginnt di Frist mit dem Tag der Einräumung des Wahlrechts und nach verbindlicher Festsetzung anrechnungsfähiger Zeiten gemäß § 5 der Versorgungsordnung."

Der zu diesem Zeitpunkt im Manteltarifvertrag für Redakteure an Tages...

Dieser Inhalt ist unter anderem im TVöD Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge