Entscheidungsstichwort (Thema)
Direktionsrecht. Lage der Arbeitszeit. Kinderbetreuung. billiges Ermessen. keine Ermessensreduzierung „auf Null”
Leitsatz (amtlich)
1. Trotz der Personensorgepflicht der Klägerin für ihr Kind und dem Umstand, dass der Ehemann der Klägerin ebenfalls bei der Beklagten beschäftigt ist, besteht kein Anspruch der Klägerin, nur zu den von ihr beantragten Zeiten von 9.00 Uhr bis 20.00 Uhr zur Arbeit eingeteilt zu werden.
2. Bei der Bestimmung der Lage der Arbeitszeit muss der Arbeitgeber nach Möglichkeit auch auf die Personensorgepflichten des Arbeitnehmers Rücksicht nehmen, sofern betriebliche Gründe oder berechtigte Belange anderer Arbeitnehmer nicht entgegenstehen (Anschluss an LAG, Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 26.11.2008,2 Sa 217/08). Dies führt vorliegend aber nicht zu einer Reduzierung des Arbeitgeberermessens „auf Null”.
Normenkette
GewO § 106 S. 1; BGB § 315 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Köln (Urteil vom 21.06.2011; Aktenzeichen 6 Ca 3965/11) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 21.06.2011 – 6 Ca 3965/11 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte bei der Bestimmung der Lage der Arbeitszeit der Klägerin in ihrem Direktionsrecht beschränkt ist.
Die am 1977 geborene Klägerin ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin, der D. D. S. – u. W. GmbH, seit dem 15.06.2004 als Flugsicherheitskraft am Flughafen K /B auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 11.06.2004 (Bl. 46 ff. d. A.) und der Änderungsvereinbarung vom 10.01.2005 (Bl. 51 d. A.) beschäftigt. Die Klägerin ist schwerbehindert. Der Ehemann der Klägerin ist ebenfalls seit 2004 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Flugsicherheitskraft beschäftigt. Die Klägerin und deren Ehemann haben ein gemeinsames Kind, das am 19.05.2002 geboren worden ist.
Die Beklagte beschäftigt am Flughafen K./B. etwa 500 Mitarbeiter. Die Flugsicherheitskontrolle wird durch die Beklagte täglich 24 Stunden durchgeführt. Es besteht ein Betriebsrat. In der Betriebsvereinbarung „Dienst- und Pausenregelung” vom 31.01.2011 ist unter anderem Folgendes geregelt:
§ 4 Schichteinteilung
(1) Jeder Mitarbeiter kann bei Beachtung der Vorschriften des ArbZG grundsätzlich für jede Schicht eingeteilt werden. (…)
(2) Berechtigte Interessen der Mitarbeiter sollen, ohne dass ein Rechtsanspruch besteht, bei der Schichteinteilung berücksichtigt werden. Dazu gehören insbesondere:
- Fahrzeiten von öffentlichen Verkehrsmitteln
- Fahrgemeinschaften
- Nebentätigkeit von teilzeitbeschäftigten Mitarbeitern
- Betreuung des pflegebedürftigen Ehe- bzw. eingetragenen Lebenspartners und von Verwandten ersten Grades oder Großeltern
(3) Alleinerziehende Mitarbeiter sind, soweit keine dringenden betrieblichen Belange entgegenstehen, unter Berücksichtigung ihrer persönlichen zeitlichen Verfügbarkeit einzuteilen. Ein Einsatz pro Arbeitstag in einem der Hauptpeaks von 5.00 – 7.00 Uhr oder in S 5 bleibt davon unberührt.
(4) Der Arbeitgeber erstellt eine Liste über Sonderregelungen nach den Absätzen 2 und 3, die fortlaufend aktualisiert wird und dem Betriebsrat zur Information überlassen wird. Über den Entzug von Sonderregelungen wird der Betriebsrat informiert.
In der Vergangenheit wurde die Klägerin von der Rechtsvorgängerin der Beklagten und nach dem Betriebsübergang zum 01.01.2009 zunächst auch von der Beklagten in der Zeit von 9.00 Uhr bis 20.00 Uhr und ihr Ehemann in der Zeit von 0.00 Uhr bis 14.00 Uhr eines jeweiligen Tages eingesetzt. Seit Mai 2011 hält die Beklagte sich nicht mehr durchgehend an diese Dienstplaneinteilung.
Mit ihrer am 13.05.2011 bei dem Arbeitsgericht Köln eingegangenen Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass die Beklagte ihr gegenüber in ihrem Weisungsrecht zur Bestimmung der Lage der täglichen Arbeitszeit auf einen Zeitraum von 9.00 Uhr bis 20.00 Uhr eines jeweiligen Tages beschränkt ist. Sie hat behauptet, sie und ihr Ehemann hätten mit der Fa. D ausgemacht, dass sie bedingt durch ihre Einschränkung in der Erwerbsfähigkeit und bedingt durch ihre familiäre Situation nur in der Zeit von 9.00 Uhr bis 20.00 Uhr und ihr Ehemann in der Zeit von 0.00 Uhr bis 14.00 Uhr eines jeweiligen Tages arbeitet. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte müsse sich daran halten. Das Weisungsrecht der Beklagten sei durch § 315 begrenzt. Familiär sei es zur Betreuung des Kindes notwendig, dass die Ehepartner nicht gleichzeitig, sondern nacheinander arbeiten. Da die Beklagte rund 500 Mitarbeiter beschäftigte, bestehe für die Beklagte auch keine betriebliche Notwendigkeit, das Weisungsrecht unbegrenzt auszuüben.
Die Klägerin hat beantragt:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte in ihrem Weisungsrecht zur Bestimmung der Lage der täglichen Arbeitszeit gegenüber der Klägerin auf einen Zeitraum von 9.00 Uhr bis 20.00 Uhr eines jeweiligen Tages beschränkt ist.
Die Beklagte hat beantr...