Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückzahlung von Gratifikationen;. Urlaubsabgeltungsanspruch. §§ 394, 399 BGB. § 850 c ZPO, § 851 ZPO. § 9 TV für die Beschäftigten bei öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren vom 19.12.1950 in der Fassung vom 30.04.1999

 

Leitsatz (amtlich)

1. Sieht eine Rückzahlungsklausel eine Bindung des Arbeitnehmers bis einschließlich 31.03. des Folgejahres vor, so darf der Arbeitnehmer eine Gratifikation, die die Höhe eines vollen Monatsbezugs erreicht, nur behalten, wenn er unter Auslassung der Kündigungsmöglichkeit zum 31.03. des Folgejahres das Arbeitsverhältnis erst zum ersten Kündigungstermin nach dem 31.03. des Folgejahres unter Beachtung der für das Arbeitsverhältnis maßgeblichen Kündigungsfrist beendet.

2. Der Urlaubsabgeltungsanspruch unterliegt im selben Umfang der Pfändung wie Arbeitsentgelt.

 

Normenkette

BGB §§ 394, 399; ZPO §§ 850 c, 851; TV für die Beschäftigten bei öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren vom 19.12.1950 i.d.F. vom 30.04.1999 § 9

 

Verfahrensgang

ArbG Hannover (Entscheidung vom 18.10.2000; Aktenzeichen 11 Ca 287/00)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 18.10.2000 – 11 Ca 287/00 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte zu Recht die gezahlte Sonderzuwendung vom letzten Gehalt des Klägers einbehalten hat.

Der Kläger war seit März 1996 bei der Beklagten unter Anrechnung seiner Betriebszugehörigkeit bei einer anderen Firma seit August 1995 beschäftigt. Er erhielt ein Monatsgehalt von 5.464,– DM brutto. Er ist verheiratet und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Kraft einzelvertraglicher Vereinbarung unterfiel das Arbeitsverhältnis dem Tarifvertrag für die Beschäftigten bei öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren vom 19. Dezember 1950 i.d.F. vom 30. April 1999 (künftig: TV). Dieser regelt unter anderem:

§ 2 Einstellung und Kündigung

6. Die Kündigungsfrist für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines Angestellten oder Arbeiters beträgt bei der Kündigung durch den Arbeitgeber oder den Arbeitnehmer 6 Wochen zum Abschluß eines Kalendervierteljahres. Die Kündigungsfrist richtet sich nach den gesetzlichen Bestimmungen, wenn das Arbeitsverhältnis mindestens 5 Jahre bestanden hat.

§ 9 Gehaltsregelung

D Sonderzuwendungen

1. Der Arbeitnehmer … erhält in jedem Kalenderjahr eine Zuwendung, die spätestens am 10. Dezember zu zahlen ist, wenn das Arbeitsverhältnis am 1.12. des Jahres von keiner der Parteien gekündigt worden ist.

2. Scheidet der Arbeitnehmer … bis einschließlich dem 31.03. des folgenden Kalenderjahres aus seinem Verschulden oder auf eigenen Wunsch aus, so hat er die Zuwendung an den Arbeitgeber zurückzuzahlen. Dies gilt nicht, wenn

b) der Arbeitnehmer wegen Erreichens der Altersgrenze oder der Inanspruchnahme des vorgezogenen Altersruhegeldes aus dem Berufsleben ausscheidet.

Die Beklagte zahlte im Dezember 1999 eine Zuwendung von 5.464,– DM brutto, aus der sich ein Nettozahlbetrag von 4.357,20 DM ergab, an den Kläger. Dieser kündigte mit Schreiben vom 20. Januar 2000 das Arbeitsverhältnis „fristgemäß zum 01.04.2000”. Der 1. April 2000 war ein Samstag, die regelmäßige Arbeitszeit des Klägers war auf die Tage Montag bis Freitag verteilt, so dass sein letzter Arbeitstag der 31. März 2000 war.

Die Beklagte rechnete das Arbeitsverhältnis für März 2000 mit 11.757,88 DM brutto ab. Dieser Betrag setzte sich aus dem Gehalt für März von 5.464,– DM, der Urlaubsabgeltung von 4.290,89 DM, Mehrarbeitsvergütung von 1.924,99 DM sowie vermögenswirksamen Leistungen von 78,– DM zusammen. Ohne die Mehrarbeitsvergütung ergab sich ein Bruttobetrag von 9.832,89 DM. Daraus errechnete sich ein Nettobetrag von 7.964,80 DM (Bl. 5 d.A.). Die Beklagte zog davon den Nettobetrag der Zuwendung von 4.357,20 DM ab, so dass ein Auszahlungsbetrag von 3.607,60 DM verblieb. Ferner führte sie 78,– DM vermögenswirksame Leistungen ab.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Rückzahlung des einbehaltenen Nettobetrags der Zuwendung für 1999.

Durch das der Beklagten am 24. Oktober 2000 zugestellte Urteil vom 18. Oktober 2000 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die am 22. November 2000 eingelegt und zugleich begründet worden ist.

Die Beklagte ist der Ansicht, der Kläger habe zum Ablauf des 31. März 2000 gekündigt, was sich aus dem Zusatz „fristgemäß” in seinem Kündigungsschreiben ergebe. Jedenfalls könne die Rückzahlungsklausel nicht durch einen willkürlich gewählten Kündigungstermin umgangen werden.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Hannover vom 18. Oktober 2000 – 11 Ca 287/00 – die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger ist der Ansicht, er sei schon deshalb nicht zur Rückzahlung der Zuwendung verpflichtet, weil er nicht vor dem 31. März 2000 ausgeschieden sei. Jedenfalls...

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