Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Zahlung einer Abfindung bei Verlust des Arbeitsplatzes;. Verjährung. § 59 KO, § 196 Abs. 1 Ziff. 8 BGB, § 196 Abs. 1 Ziff. 9 BGB

 

Leitsatz (amtlich)

Abfindungen, die als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt werden, unterliegen der regelmäßigen Verjährungsfrist von 30 Jahren gemäß § 195 BGB. Sie sind kein Äquivalent für die erbrachte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers und daher kein Gehalt bzw. Lohn im Sinne des § 196 Abs. 1 Ziff. 8 BGB bzw. § 196 Abs. 1 Ziff. 9 BGB (Abweichung vom BAG, 07.05.1986, 4 AZR 556/83, AP Nr. 12 zu § 4 BAT).

 

Normenkette

KO § 59; BGB § 196 Abs. 1 Nrn. 8, 15

 

Verfahrensgang

ArbG Osnabrück (Entscheidung vom 23.08.2000; Aktenzeichen 4 Ca 311/00)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück vom 23.08.2000 – 4 Ca 311/00 – teilweise abgeändert und wie folgt gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass dem Kläger eine Abfindung von 17.852,96 DM im Range des § 61 I Nr. 1 KO zusteht, die unter dem Vorbehalt steht, dass zur Befriedigung aller Forderungen der Arbeitnehmer aus der Vereinbarung vom 29.04.1994 mit dem Beklagten insgesamt nicht mehr als 1/3 der für die Verteilung an die Konkursgläubiger zur Verfügung stehenden Konkursmasse verwendet werden dürfen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten werden zu je 1/2 dem Kläger und dem Beklagten auf erlegt.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um den Anspruch auf Zahlung einer Abfindung.

Der Kläger war gewerblicher Arbeitnehmer der

die regelmäßig mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigte. Ein Betriebsrat bestand nicht. Über das Vermögen der wurde am 1. Februar 1994 das Konkursverfahren eröffnet und der Beklagte zum Konkursverwalter bestellt. Dieser kündigte sämtliche Arbeitsverhältnisse und legte den Betrieb still.

Am 29. April 1994 schlossen der Beklagte einerseits und die am 1. Februar 1994 beschäftigten Arbeitnehmer der Gemeinschuldnerin andererseits eine als „Interessenausgleich und Sozialplan” überschriebene Vereinbarung, auf deren Inhalt (Bl. 28–30 d.A.) Bezug genommen wird. Darin ist unter anderem geregelt:

II. (Sozialplan):

2. Grundsätze

Für den Ausgleich beziehungsweise zur Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern, die unter den persönlichen Geltungsbereich dieses Sozialplans fallen, infolge der Insolvenz der oben angeführten Firma und der Betriebsschließung entstanden sind oder entstehen, wird auf der Grundlage des Gesetzes über den Sozialplan im Konkurs- und Vergleichsverfahren vom 20.01.1985 die Zahlung folgender Leistungen vereinbart.

3. Sozialplanvolumen

Das Volumen des Sozialplanes wird gemäß § 2 Gesetz über den Sozialplan im Konkurs- und Vergleichsverfahren zunächst auf das 2,5fache der Monatsverdienste der Arbeitnehmer im Abrechnungsmonat Januar 1994 in Höhe von 219.866,13 DM festgelegt.

Dieses Sozialplanvolumen gilt vorbehaltlich der noch zu ermittelnden Konkursmasse und wird gegebenenfalls entsprechend § 4 Gesetz über den Sozialplan im Konkurs- und Vergleichsverfahren nach unten korrigiert. Sollte eine Korrektur des Sozialplanvolumens nach Abschluß des Konkurses notwendig werden, erfolgt die Zahlung der ermittelten Abfindungen im gleichen Verhältnis.

4. Individuelle Leistungen aus diesem Sozialplan

Das oben angeführte Sozialplanvolumen wird gemäß Anlage auf die Arbeitnehmer verteilt.

III. Inkrafttreten und Laufzeit

Dieser Interessenausgleich und Sozialplan tritt mit Unterzeichnung in Kraft. Er endet mit der vollständigen Durchführung der Betriebsänderung, spätestens mit Abschluss des Konkursverfahrens.

Unter dieser Vereinbarung befinden sich die Unterschrift des Beklagten, die mit dem Zusatz „unter Vorbehalt der gerichtlichen Bestätigung” versehen ist, sowie die Unterschrift sämtlicher Arbeitnehmer der Gemeinschuldnerin, darunter auch die des Klägers. In der Anlage zu dieser Vereinbarung (Bl. 31 d.A.) war für den Kläger eine Abfindung von 17.852,96 DM vorgesehen.

Auf einem vom Beklagten vorgefertigten und ihm am 2. Mai 1994 zugeleiteten Formular meldete der Kläger seine „noch ausstehenden Ansprüche nach § 61 Abs. 1 Ziff. 1 aus Sozialplan, DM 17.852,96” zur Konkurstabelle an. Der Beklagte bestritt den Anspruch. Mit Schreiben vom 28. April 1997 (Bl. 43 d.A.) teilte der Beklagte dem jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers auf dessen Anfrage mit, die Rechtmäßigkeit des Sozialplans werde in einem Musterprozess gerichtlich geklärt. Sollte obergerichtlich geklärt sein, dass die Belegschaft mit dem Konkursverwalter auch ohne Betriebsrat einen Sozialplan im Konkurs schließen könne, so werde er sämtliche angemeldeten Sozialplanansprüche zur Konkurstabelle anerkennen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht vom 26. Januar 2001 hat der Beklagte erklärt, das zunächst als Musterprozess begonnene Verfahren sei durch rechtskräftiges Urteil des Arbeitsgerichts Osnabrück beendet worden, weil infolge eines Büroversehens der Prozessbevollmächtigten des Beklagten die Berufung nicht frist...

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