Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesamtbetriebsrat. Auskunftsanspruch hinsichtlich betriebsratsloser Betriebe. sonstiges
Leitsatz (amtlich)
Der Gesamtbetriebsrat hat zur Wahrnehmung seiner Befugnis aus § 17 Abs. 1 BetrVG gegenüber dem Arbeitgeber einen Auskunftsanspruch hinsichtlich betriebsratsloser Betriebe des Unternehmens.
Normenkette
BetrVG §§ 1, 7-8, 17 Abs. 1, § 80 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Beschluss vom 17.01.2006; Aktenzeichen 9 BV 141/05) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 17.01.2006, AZ: 9 BV 141/05 wird zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über den Auskunftsanspruch des Antragstellers zu von der Antragsgegnerin geführten, betriebsratslosen Betriebsstätten.
Die Antragsgegnerin ist ein Dienstleistungsunternehmen (Reinigung/Gebäudemanagement), wobei ihre Arbeitnehmer häufig vor Ort in den Objekten der Kunden eingesetzt sind. Für einige solcher kundenbezogenen Betriebsstätten bestehen örtliche Betriebsräte. Der Antragsteller ist der in diesem Zusammenhang gebildete Gesamtbetriebsrat (GBR).
Nachdem von der Antragsgegnerin ein Auskunftsbegehren des Antragstellers zu den von ihr betriebenen, betriebsratslosen Betriebsstätten abgelehnt worden war, hat dieser das hiesige Beschlussverfahren anhängig gemacht. Mit Beschluss vom 17.01.2006 hat das Arbeitsgericht die Antragsgegnerin verpflichtet, die geforderte Auskunft zu erteilen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem GBR sei in § 17 Abs. 1 BetrVG die Aufgabe zugewiesen, in betriebsratslosen Betrieben den Wahlvorstand zu bestellen. Zur Erfüllung dieser Aufgabe müsse er über die Betriebe des Unternehmens Kenntnis haben, in denen – obwohl betriebsratsfähig – kein Betriebsrat gebildet sei. Deshalb benötige der Antragsteller auch Angaben zum Lebensalter und zur Betriebszugehörigkeit der Arbeitnehmer. Zu den weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Verfahrens, der dortigen Antragstellung und der Entscheidungsbegründung wird auf den Erstbeschluss verwiesen.
Gegen den am 06.02.2006 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts hat die Antragsgegnerin form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt und diese im Wesentlichen damit begründet, dass das Erstgericht den Inhalt des § 17 Abs. 1 BetrVG verkannt habe. Das BetrVG kenne einen Informations- bzw. Auskunftsanspruch der Betriebsverfassungsorgane immer nur dort, wo eine Aufgabe der Organe bestehe und die Auskunft zur Wahrnehmung dieser Aufgabe erforderlich sei. § 17 Abs. 1 BetrVG beschreibe jedoch keine Pflichtaufgabe des GBR, sondern besitze lediglich den Rang einer Ordnungsnorm im Rahmen des Wahlverfahrens, das durch diese Befugnis für den GBR erleichtert und beschleunigt werden solle. Der begehrte Auskunftsanspruch bestehe deshalb nicht.
Die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin hat deshalb vor dem Landesarbeitsgericht beantragt:
Der Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 17.01.2006, Az. 9 BV 141/05, wird abgeändert. Der Antrag wird abgewiesen.
Der Antragsteller und Beschwerdegegner hat hingegen beantragt,
die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen.
Er hat unter Verteidigung des Erstbeschlusses weiter ausgeführt, dass zwar für den Auskunftsanspruch eine betriebsverfassungsrechtliche Aufgabe des GBR festgestellt werden müsste, eine solche sei jedoch über die Norm des § 17 Abs. 1 BetrVG vorhanden. Die Aufgaben des GBR würden sich nicht nur aus § 50 BetrVG ergeben, sondern seien auch an anderen Stellen des BetrVG zu finden. Auch wenn § 17 Abs. 1 eine Norm des Wahlverfahrens sei, folge daraus nicht, dass keine GBR-Aufgabe vorliegen würde. Der Informations- und Auskunftsanspruch bestehe nicht erst dann, wenn eine zwingende Aufgabe des Betriebsverfassungsorgans feststehe. Ob und in welcher Form der GBR nach erteilter Auskunft tätig werde, müsse seiner amtsgemäßen Prüfung überlassen bleiben. Der Auskunftsanspruch bestehe in der Stufe vorher und sei jedenfalls für das Tätigwerden in betriebsratslosen Einheiten erforderlich.
Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten vor der Beschwerdekammer wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die gegen den Erstbeschluss statthafte Beschwerde der Antragsgegnerin ist auch im Übrigen form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und deshalb zulässig (§§ 87 Abs. 1 u. 2, 89, 66 Abs. 1 ArbGG).
In der Sache ist die Beschwerde hingegen ohne Erfolg. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung dahingehend erkannt, dass die Antragsgegnerin dem Antragsteller in dem begehrten Umfang zur Auskunft verpflichtet ist (§§ 1, 7, 8, 17 Abs. 1, 80 Abs. 2 BetrVG). Die Beschwerdekammer nimmt deshalb zunächst auf die erstinstanzlichen Gründe Bezug.
Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ist unter entsprechender Anwendung von § 313 Abs. 3 ZPO weiter Folgendes auszuführen:
Für die Rechtsstellung des Antragstellers als GBR sind die Anspruchsnormen des Betriebsrates für entsprechend anwendbar erklärt (§ 51 Abs...