Entscheidungsstichwort (Thema)

Versetzung. Unterrichtung des Betriebsrats. Inhalt der Unterrichtung. Interessenabwägung. vorläufige Maßnahme

 

Leitsatz (amtlich)

Aus § 99 Abs. 1 BetrVG ergibt sich, dass die Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers eine umfassende ist. Bei einer Versetzung reicht es daher nicht aus, dem Betriebsrat den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Vielmehr ergibt sich aus dem Wort „insbesondere”, dass auch weitere bedeutsame Gesichtspunkte anzuführen sind, wie z.B. die konkreten Folgen der Versetzung. Ergibt sich nämlich, dass ein Mitarbeiter infolge der Versetzung nicht mehr die Möglichkeit der Provisionserzielung hat, ist anzugeben, wie hoch die bisherige Provision war, damit der sich ergebende Nachteil beurteilt werden kann.

Können einem Arbeitnehmer durch eine Versetzung Nachteile entstehen, z.B. Fortfall einer Provisionsmöglichkeit, so muss der Arbeitgeber die betrieblichen Gründe, die nach seiner Auffassung diese Nachteile rechtfertigen, darlegen und eine vorgenommene Interessenabwägung schildern.

 

Normenkette

BetrVG § 99 Abs. 1, 2 Nrn. 1, 3, § 100

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Entscheidung vom 25.01.2001; Aktenzeichen 1 BV 109/00)

 

Tenor

Die Beschwerden der Beteiligten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 25.01.2001 – 1 BV 109/00 – werden zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Zustimmung des Betriebsrates zur Versetzung des Mitarbeiters T., der als Vertriebsbeauftragter beschäftigt ist, sowie die Wirksamkeit der Durchführung einer vorläufigen Maßnahme.

Der Mitarbeiter T. ist am 22.05.1946 geboren. Er war zunächst technischer Fernmeldebeamter, Besoldungsgruppe A 12, und wurde sodann nach TV 29 beurlaubt und – befristet – als Angestellter eingestellt. Diese Handhabung ermöglicht es den Mitarbeitern, durch Provisionszahlungen höhere Vergütungen zu erreichen. T. war als Vertriebsbeauftragter im Bereich des Geschäftskundenvertriebes eingesetzt und u. a. zuständig für die Kunden F., Firma K. und Firma U. AG. In der Betreuung und Bearbeitung von Verträgen mit diesen Kunden kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen der Antragstellerin und T.. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss vom 25.01.2001 verwiesen. Die Antragstellerin sprach gegenüber T. wegen der Vorgänge betreffend den Kunden F. und die Firma K. am 10.08.2000 eine Abmahnung aus, die von T. durch Klage angegriffen ist (LAG Schl.-Holst., 5 Sa 126/01). Die Antragstellerin entband T. außerdem am 02.08.2000 mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben als Vertriebsbeauftragten. Am 22.08.2000 beantragte sie die Zustimmung des Betriebsrates zur beabsichtigten Versetzung, die am 23.08.2000 mit der Begründung verweigert wurde, das Vorbringen sei nicht nachvollziehbar, die Abmahnungen stünden nicht in einem zeitlichen Zusammenhang zu den Vorwürfen und T. erleide materielle Nachteile. Die Arbeitgeberin unterrichtete den Betriebsrat am 04.09.2000 von der vorläufigen Maßnahme und in diesem Zusammenhang auch von dem Vorfall betreffend Firma U.. Nachdem der Betriebsrat am 07.09.2000 die Dringlichkeit der Maßnahme bestritten hatte, hat die Antragstellerin am 08.09.2000 das vorstehende Verfahren eingeleitet. Am 02.11.2000 hat sie den Betriebsrat erneut angeschrieben, woraufhin dieser am 29.11.2000 erneut Widerspruch einlegte (Bl. 183 d. A.). Mit Beschluss vom 25.01.2001 hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die vorläufige Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war und der Arbeitgeberin aufgegeben, die Maßnahme rückgängig zu machen, die übrigen Anträge beider Seiten aber zurückgewiesen. Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes erster Instanz sowie des Inhalts der angefochtenen Entscheidung wird auf diesen Beschluss Bezug genommen, gegen den beide Betriebsparteien rechtzeitig Beschwerde eingelegt und diese begründet haben.

Die Antragstellerin erstrebt mit der Beschwerde weiterhin Ersetzung der Zustimmung zur Versetzung des Mitarbeiters T.. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt weiter vor, der Betriebsrat habe alle Unterlagen erhalten, die maßgeblich für die Versetzung gewesen seien. Sie habe den Betriebsrat ordnungsgemäß unterrichtet. Aus dem Schreiben vom 22.08.2000 ergebe sich, dass T. von seiner bisherigen Position und Aufgabe als Vertriebsbeauftragter im Vertrieb A/B ins Ressort AFM als Assistent Arbeitsvor- und -nachbearbeitung/Projektkoordination (Kundendatenbereinigung) mit der dortigen AT Nr. 36111, Vergütungsgruppe A 12 FT versetzt werden solle. Damit habe der Betriebsrat Informationen über den bisherigen und zukünftigen Einsatzort und die Vergütungsgruppe des betroffenen Mitarbeiters erhalten. Auch seien die Gründe für die beabsichtigte Versetzung genannt worden. Gleichzeitig seien die beiden Abmahnungen vom 10.08.2000 beigefügt worden, in denen auf mehreren Seiten konkret die Vertragspflichtverletzungen des Mitarbeiters beschrieben worde...

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