Entscheidungsstichwort (Thema)

Versetzung. Benachteiligung im Sinne des § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG

 

Leitsatz (amtlich)

Die Zuweisung einer mit der bisherigen Tätigkeit nicht vergleichbaren und auch nicht vom Direktionsrecht umfassten neuen Tätigkeit stellt eine Benachteiligung des betroffenen Arbeitnehmers im Sinne des § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG dar.

 

Normenkette

BetrVG § 99 Abs. 2 Nr. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Beschluss vom 16.02.2005; Aktenzeichen 9 BV 157/04)

 

Tenor

1) Die Beschwerde der Antragstellerin (Beteiligte zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 16.02.2005 – 9 BV 157/04 – wird zurückgewiesen.

2) Auf die Anschlussbeschwerde des Antragsgegners (Beteiligter zu 2) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 16.02.2005 – 9 BV 157/04 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Anträge der Antragstellerin werden insgesamt zurückgewiesen.

Es wird festgestellt, dass die vorläufige Durchführung der Versetzung der Mitarbeiterin C. P in die Abteilung Personal auf eine Stelle als Sekretärin im Springerpool offensichtlich nicht aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.

3) Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I. Die Beteiligten streiten um die Ersetzung der Zustimmung zur Versetzung der Mitarbeiter C. P. in die Abteilung Personal auf eine Stelle als Sekretärin im Springerpool sowie um die Feststellung, ob die vorläufige Versetzung aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.

Die Antragstellerin, ein Tochterunternehmen der Kreditanstalt für Wiederaufbau, beschäftigt ca. 300 Mitarbeiter. Der Antragsgegner ist der bei der Antragstellerin gebildete Betriebsrat.

Die Mitarbeiterin P. war ursprünglich gemäß Arbeitsvertrag vom 22.02.1991 als Sekretärin der Abteilung Controlling zunächst befristet eingestellt worden und sodann gemäß Schreiben vom 05.08.1992 mit unbefristetem Vertrag als Sekretärin des Leiters der Hauptabteilung Rechnungswesen/Projektbuchhaltung tätig. Gemäß Anstellungsvertrag galten ergänzend die allgemeinen Anstellungsbedingungen, zuletzt vom 01.04.1994. Ziffer 1 Abs. 3 des weitergeltenden Anstellungsvertrages enthält den Vorbehalt, die Aufgaben der Arbeitnehmerin ggf. unter Berücksichtung ihrer Fähigkeiten und ihrer Eignung einem veränderten betrieblichen oder organisatorischen Bedarf anzupassen. Seit dem 01.04.1994 wurde Frau P in der IT-Abteilung als IT-Betreuerin eingesetzt. Mit Schreiben vom 06.02.1998 wurde Frau Paa in die Tarifgruppe 8/11. Berufsjahr höhergruppiert. Gleichzeitig wurde ihr die Funktionsbezeichnung Fachreferentin erteilt (Bl. 35 d. A.). Nachdem Frau P im Januar 2004 beim Arbeitsgericht Köln auf vertragsgemäße Beschäftigung geklagt hatte, endete dieses Verfahren (19 Ca 580/04) durch gerichtlichen Vergleich vom 04.03.2004, der folgenden Wortlaut hatte:

„Die Beklagte verpflichtet sich, die Klägerin als Sekretärin, Betreuerin des IT-Benutzerservice weiterzubeschäftigen oder die Klägerin mit anderen Aufgaben unter Berücksichtigung ihrer Fähigkeiten und ihrer Eignung zu betrauen, die ihrer bisherigen Position vergleichbar sind, und zwar entsprechend den Vertragsbedingungen gemäß Arbeitsvertrag vom 22.02.1991 und den ergänzenden Vertragsbedingungen.”

In der Folgezeit leitete Frau P die Zwangsvollstreckung aus diesem Vergleich ein, da sie der Ansicht war, nicht entsprechend beschäftigt zu werden. Ihr Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgeldes wurde mit der Begründung zurückgewiesen, die im Prozessvergleich titulierte Verpflichtung des Arbeitgebers sei nicht hinreichend bestimmt.

Mit Schreiben vom 29.07.2004 bat die Antragstellerin den Antragsgegner um Zustimmung zur Versetzung von Frau P als Sekretärin im Springerpool (Bl. 13 d. A.). Mit Schreiben vom 04.08.2004 verweigerte der Betriebsrat die Zustimmung (Bl. 14 d. A.). Dies begründete er zum einen mit einer arbeitsrechtlichen Benachteiligung und tarifvertraglichen Verletzung im Sinne des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, weil die vorgesehene Tätigkeit von Frau P geringwertiger als die bisherige sei. Es seien zudem für die in der IT-Abteilung verbleibenden Mitarbeiter sonstige Nachteile im Sinne von § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG zu befürchten, da diese das Fehlen von Frau P kompensieren müssten. Zudem werde Frau P selbst im Sinne von § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG durch die Versetzung benachteiligt, denn sie sei seit 10 Jahren ausschließlich im IT-Bereich tätig und verfüge nicht mehr über die erforderlichen komplexen Sekretariatskompetenzen. Mit Schreiben vom 10.08.2004 teilte die Antragstellerin dem Betriebsrat mit, dass beabsichtigt sei, die Versetzung als vorläufige Maßnahme im Sinne von § 100 BetrVG durchzuführen und bat um Zustimmung (Bl. 16 d. A.). Der Betriebsrat widersprach der vorläufigen Durchführung der Maßnahme mit Schreiben vom 11.08.2004 (Bl. 20 d. A.).

Mit ihrer am Montag, den 16.08.2004 bei Gericht eingegangen Antragsschrift begehrt die Antragstellerin die Ersetzung der Zustimmung zur Versetzung der Mitarbeiterin P sowie die Feststellung, dass die vorläufige Versetzung aus sachlichen Gründen dringend...

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