Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Gewerkschaftsmitglied. Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zur Gewerkschaft
Leitsatz (amtlich)
Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf gewerkschaftlichen Rechtsschutz für ein arbeitsgerichtliches Verfahren ist ein vermögenswertes Recht, das im Rahmen von § 115 Abs. 2 ZPO einzusetzen ist. Grundsätzlich ist dieser Arbeitnehmer daher verpflichtet, von dieser Vertretungsmöglichkeit Gebraucht zu machen. Eine Ausnahme kann nur dann gelten, wenn eine Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zu dem von der Gewerkschaft gestellten Prozessvertreter dazu geführt hat, dass es unzumutbar ist, den Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Die Gründe., die für eine Unzumutbarkeit sprechen, sind substantiiert vorzutragen und darzulegen.
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 1, § 115
Verfahrensgang
ArbG Kiel (Beschluss vom 01.08.2003; Aktenzeichen 4 Ca 2507 d/02) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den die Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Arbeitsgerichts Kiel vom 1. August 2003 – 4 Ca 2507 d/02 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Mit ihrer Beschwerde erstrebt die Klägerin Bewilligung der Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts.
Mit der am 14. Oktober 2002 vor dem Arbeitsgericht Kiel erhobenen Klage hat sich die Klägerin gegen eine ordentliche Kündigung vom 23. September 2002 zum 31. Januar 2003 gewandt. Diese Klage wurde durch die Gewerkschaft V. eingereicht. Die Klägerin wurde in der Folge durch einen Mitarbeiter der Gewerkschaft V. vertreten. Mit Fax vom 10. März 2003 meldeten sich die Rechtsanwälte W. und K., zeigten die Vertretung der Klägerin an und beantragten Bewilligung der Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des unterzeichnenden Rechtsanwalts W.. Die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ging am 14. März 2003 mit verschiedenen Belegen ein. Zur Frage B „Trägt eine Rechtsschutzversicherung oder andere Stelle / Person (z. B. Gewerkschaft, Arbeitgeber, Mieterverein) die Kosten Ihrer Prozessführung?” kreuzte die Klägerin „Nein” an. Mit Schriftsatz vom 30. April 2003 meldeten sich die Rechtsanwälte K. und Partner für die Klägerin, die mit Schriftsatz vom 8. Juli 2003 beantragten, der Klägerin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin D. zu bewilligen. Der Rechtsstreit wurde durch Vergleich vom 9. Juli 2003 streitbeendent beigelegt.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 1. August 2003, auf den hinsichtlich der Einzelheiten verwiesen wird, den Antrag der Klägerin auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe vom 8. Juli 2003 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die am 26. August 2003 eingelegte sofortige Beschwerde, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat. Der von den Rechtsanwälten W. und K. gestellte Antrag auf Prozesskostenhilfe ist mit Schriftsatz vom 18. August 2003 zurückgenommen worden.
Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten insbesondere die wechselseitigen Schriftsätze mit Anlagen und Erklärungen zu Protokoll Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde der Klägerin hat nicht Erfolg.
Gem. § 114 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Gem. § 115 Abs. 1 ZPO hat die Partei ihr Einkommen einzusetzen. Nach § 115 Abs. 2 ZPO ist außerdem das Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf gewerkschaftlichen Rechtsschutz für ein arbeitsgerichtliches Verfahren ist ein solches vermögenswertes Recht. Grundsätzlich ist der Arbeitnehmer daher verpflichtet, von dieser Vertretungsmöglichkeit Gebrauch zu machen.
Eine Ausnahme kann nur dann gelten, wenn eine Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zu dem von der Gewerkschaft gestellten Prozessvertreter dazu geführt hat, dass es für den prozessführenden Arbeitnehmer unzumutbar ist, den Rechtschutz in Anspruch zu nehmen (LAG Köln, Beschl. v. 26. Juni 1995 – 5 Ta 118/95 –). Dabei ist der Arbeitnehmer verpflichtet, die Gründe die für eine Unzumutbarkeit sprechen, substantiiert vorzutragen und darzulegen (LAG Köln, a. a. O.). Das Vorbringen der Klägerin genügt jedoch diesen Anforderungen nicht. Aus der Akte ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte, die für eine Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zwischen der Klägerin und dem von der Gewerkschaft gestellten Vertreter sprechen. Die Klägerin hatte sich von dem Mitarbeiter der Gewerkschaft jedenfalls bis zum Widerruf des unter dem Datum vom 10. Februar 2003 geschlossenen Vergleichs vertreten lassen, ohne dass irgendwelche Zerwürfnisse deutlich geworden wären. Die sodann für sie auftretenden Rechtsanwälte W. und K. haben hierzu keinerlei Ausführungen gebracht, obwohl sie bereits Prozesskostenhilfe beantragt hatten. Erstmals mit Schriftsatz vom 8....