Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsverweigerung. beharrlich. Abmahnung. Erziehungsurlaub. Weisungsrecht. Direktionsrecht. Konkretisierung. Umsetzungsklausel. Arbeitsvertrag. Versetzungsklausel. Verlassen. Arbeitsplatz. Betriebsrat. Anhörung. Kündigung. abschließende Stellungnahme. Annahmeverzug. Abklärung. Beschäftigungspflicht. Erscheinenspflicht
Leitsatz (amtlich)
1. Weder die Zuweisung anderer Aufgaben noch eines anderen als des vor dem Erziehungsurlaubs innegehabten Büros berechtigt einen Arbeitnehmer, der Arbeit fernzubleiben. Bestehen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus dem Arbeitsvertrag heraus unterschiedliche Ansichten über den Umfang des Direktionsrechts des Arbeitgebers, so ist der Arbeitnehmer gleichwohl verpflichtet, auf Anweisung des Arbeitgebers zur Abklärung der künftigen Arbeitspflichten am Arbeitsplatz zu erscheinen, denn diese Anweisungsbefugnis folgt aus dem Arbeitgeberdirektionsrecht. Ist ein Arbeitnehmer bereits zweimal abgemahnt worden, weil er die Arbeit nach dem Erziehungsurlaub nicht antrat bzw. wenige Stunden nach Arbeitsantritt die Arbeit wieder verließ, so ist, wenn der Arbeitnehmer im weiteren Verlauf, des Arbeitsverhältnisses die Arbeit nicht wieder antritt die daraus folgende ordentliche Kündigung wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung berechtigt.
2. Erfolgte Abmahnungen als Teil des Kündigungsgrundes sind dem Betriebsrat bei der Anhörung gem. § 102 BetrVG mitzuteilen. Der Betriebsrat ist ordnungsgemäß unterrichtet, wenn der Arbeitgeber dem Betriebsratsvorsitzenden die Abschriften der Abmahnungen ausgehändigt hat. Teil der Betriebsratsvorsitzende diesen Umstand dem Betriebsratsgremium vor der Beschlussfassung über die Kündigung nicht mit, ist die Kündigung gleichwohl nicht unwirksam, denn der Arbeitgeber hat seiner Pflicht auf Unterrichtung des Betriebsrats durch Information des Betriebsratsvorsitzenden genügt.
3. Der Arbeitgeber gerät nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer sich wegen beabsichtigter Änderung von Arbeitsaufgaben und Arbeitsplatz (nach dem Erziehungsurlaub) weigert, am Arbeitsplatz zu erscheinen, an dem die Änderung der Arbeitsbedingungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erörtert werden sollen.
Normenkette
KSchG § 1; BGB § 315; BetrVG § 102; BGB § 615
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Urteil vom 18.04.2001; Aktenzeichen 5 Ca 3656/00) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 18. April 2001 – 5 Ca 3656/00 – teilweise abgeändert.
Die Klage wird auch im Übrigen abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision gegen das Urteil wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen fristgemäßen Kündigung der Beklagten, über die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Gehältern an die Klägerin für die Monate September bis November 2000, über die Entfernung von zwei Abmahnungen aus der Personalakte der Klägerin und über einen Beschäftigungsanspruch der Klägerin als alleinige Leiterin der Presseabteilung.
Wegen des Sach- und Streitstandes, wie er in erster Instanz vorgelegen hat, wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Die Klägerin hat beantragt,
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten mit den Schreiben vom 29. November 2000 nicht aufgelöst wird;
- die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 26.838,60 DM brutto zzgl. 4% Verzugszinsen auf je 8.946,20 DM seit dem 1. Oktober, 1. November und 1. Dezember 2000 zu zahlen;
- festzustellen, dass die der Klägerin mit Schreiben vom 4. September 2000 und 9. Oktober 2000 erteilten Abmahnungen unwirksam sind, und die Beklagte zu verpflichten, diese Abmahnungen aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen;
- die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin in der Zeit ab 1. Juli 2001 vertragsgemäß als Leiterin der Presseabteilung zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat dahin erkannt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten mit den Schreiben vom 29. November 2000 nicht aufgelöst wird, die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 26.838,60 DM brutto zzgl. 4% Verzugszinsen auf je 8.946,20 DM seit dem 1. Oktober, 1. November und 1. Dezember 2000 zu zahlen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits hat das Arbeitsgerichts der Klägerin 1/3 und der Beklagten 2/3 auferlegt.
Das Arbeitsgericht hat dem Feststellungsantrag stattgegeben, weil die Kündigung wegen einer nicht den Anforderungen des § 102 BetrVG entsprechenden Anhörung des Betriebsrats zur beabsichtigten Kündigung gegenüber der Klägerin unwirksam sei. Der Zahlungsanspruch der Klägerin für die Monate September bis November 2000 sei gem. § 615 BGB begründet, da die Klägerin ihre Arbeitskraft ordnungsgemäß angeboten habe, indem sie ihre Bereitschaft mehrfach zum Ausdruck gebracht habe, ihre frühere Tätigkeit als Leiterin der Presseabteilung wieder ausüben zu wollen. Dazu sei sie zweifelsfrei bereit gew...