BAG, Urteil vom 6.9.2017, 5 AZR 317/16
Alle im Synallagma stehenden Geldleistungen des Arbeitgebers, wie hier die Leistungszulage, sind geeignet, den Mindestlohnanspruch des Arbeitnehmers zu erfüllen.
Tatbestand
Die Klägerin ist bei der Beklagten als Montagehelferin beschäftigt. Sie erhielt pro Arbeitsstunde einen Gesamtstundenlohn, der sich aus einem Grundlohn von 6,22 EUR brutto/Stunde und einer Leistungszulage, deren Höhe von der Anzahl der pro Stunde montierten Teile abhängt (zuletzt waren dies max. 37 % des Grundstundenlohns), zusammensetzte. Von Januar bis Mai 2015 vergütete die Beklagte alle abgerechneten Stunden mit 8,52 EUR brutto. Die Klägerin klagte für diese Monate auf den gesetzlichen Mindestlohn.
Sie begründete dies damit, dass die i. H. v. 2,30 EUR brutto je Stunde gezahlte Leistungszulage auf den gesetzlichen Mindestlohn nicht anrechenbar sei, da mit ihr eine zusätzliche Leistung honoriert werde, während der Mindestlohn nur eine "Normalleistung" von 100 % abgelte.
Die Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung des BAG hat die Klägerin keinen Anspruch nach § 1 Abs. 1 MiLoG auf Zahlung weiterer 2,28 EUR brutto je Stunde.
Das Gericht begründete dies damit, dass ein Arbeitgeber den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn (im Streitzeitraum 8,50 EUR/Stunde) dann erfülle, wenn die für einen Kalendermonat gezahlte Bruttovergütung den Betrag erreicht, der sich aus der Multiplikation der Anzahl der in diesem Monat tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden mit dem gesetzlichen Mindestlohn ergibt. Hierbei gelte, so das BAG, ein umfassender Entgeltbegriff, d. h. alle im Gegenseitigkeitsverhältnis (Synallagma) stehenden Geldleistungen des Arbeitgebers seien geeignet, den Mindestlohnanspruch des Arbeitnehmers zu erfüllen. Nur solchen Zahlungen fehle die Erfüllungswirkung, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf eine tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung beruhen.
Im vorliegenden Falle kommt der hier gezahlten Leistungszulage nach Auffassung des Gerichts jedoch eine Erfüllungswirkung zu. Zum einen mache das Mindestlohngesetz den Anspruch nicht von den mit der Arbeitsleistung verbundenen Erfolgen abhängig. Zum anderen honoriere die Beklagte mit der Zahlung der Leistungszulage die Arbeitsleistung der Klägerin. Einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung unterlag die Leistungszulage nicht.