Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. sachlicher Zusammenhang -objektivierte Handlungstendenz. Handeln mit gemischter Motivationslage bzw Tätigkeit mit gespaltener Handlungstendenz. Fahrradausflug am Sonntag mit potentiellem Geschäftspartner. sportliche Freizeitbeschäftigung. freiwillig versicherter selbstständiger Versicherungsmakler
Leitsatz (amtlich)
Zur Ablehnung des Vorliegens eines Arbeitsunfalls bei einem Fahrradausflug, den ein selbständiger Versicherungsmakler an einem Sonntag mit einem ihm bekannten, potentiellen zukünftigen Mitarbeiter/Geschäftspartner unternommen hat.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 28.04.2022 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Anerkennung eines Ereignisses vom 12.07.2020 als Arbeitsunfall.
Der im Jahr 1968 geborene Kläger ist als selbstständiger Versicherungsmakler tätig und bei der Beklagten freiwillig unfallversichert. Das Unternehmen wird ausschließlich vom Kläger betrieben, der keine weiteren Mitarbeiter beschäftigt.
Am Sonntag, den 12.07.2020 um 15 Uhr erlitt der Kläger mit seinem E-Bike einen Fahrradunfall. G1, Ärztlicher Direktor der Klinik für Unfall-, Wiederherstellungschirurgie und Orthopädie, Krankenhaus B1 diagnostizierte im Durchgangsarztbericht vom 12.07.2020 eine Pilonfraktur des OSG rechts und multiple Schürfungen. Der Kläger sei bei einem betrieblichen Ausflug mit dem Fahrrad vom Feld den Berg ca. 5 Meter heruntergestürzt. In der Folgezeit wurde eine dislozierte distale Unterschenkelfraktur rechts mit Gelenkbeteiligung (Pilonfraktur) und Weichteilschaden Grad II im distalen Unterschenkelbereich diagnostiziert.
Der Kläger teilte in der Unfallanzeige vom 18.08.2020 mit, dass er während eines Betriebsausfluges mit dem Rad auf einem Waldweg oberhalb der Weinberge gefahren und durch Unachtsamkeit gestürzt und den Abhang hinuntergerutscht sei und sich überschlagen habe.
Der Kläger gab in einem Fragebogen der Beklagten am 14.09.2020 an, dass neben der ausschließlich aus ihm bestehenden Unternehmensbelegschaft auch ein zukünftiger Mitarbeiter/Geschäftspartner an dem Ausflug teilgenommen habe, den er mündlich hierzu eingeladen habe. Das Programm habe in einem näheren Kennenlernen bestanden. Zweck des Ausflugs sei die künftige Anbindung des potenziellen Mitarbeiters gewesen. In einem weiteren Fragebogen (unterzeichnet am 29.09.2020) gab der Kläger an, dass sich der Unfall zwischen 15 und 16 Uhr auf einem Feldweg zwischen F1 und L1 ereignet habe. Der Kläger habe die Wohnung zwischen 9 und 9.30 Uhr verlassen. „Arbeitsbeginn“ sei 10 Uhr gewesen. Die „Arbeitsstätte“ sei zwischen 14.30 Uhr und 15.30 Uhr verlassen worden. Ab dem „Ende des Termins“ habe der Heimweg ca. 3 km betragen. Die Radtour sei von 13 bis 14 Uhr zwischenzeitlich unterbrochen worden, um dem künftigen Mitarbeiter ein Kundengespräch zu demonstrieren, was der Zweck der Radtour gewesen sei.
In einer telefonischen Befragung des Klägers durch die Beklagte am 13.10.2020 schilderte dieser das Geschehen wie folgt: Er habe sich am Tag des Ereignisses mit R1 verabredet. Dieser sei dem Kläger bereits bekannt gewesen und habe ein neues Betätigungsfeld gesucht. Der Kläger sei auf der Suche nach einem Mitarbeiter für den Vertrieb und die Kundenbetreuung gewesen. Weil beide gern Sport machten und das Wetter schön gewesen sei, habe man sich zu einer Radtour verabredet um nebenbei Geschäftliches zu besprechen. Der Kläger habe seine Wohnung gegen 10 Uhr verlassen um R1 in B2 zu treffen. Von dort seien die beiden über Waldwege zu einem Grillplatz nach S1 gefahren und hätten gegrillt. Im Anschluss habe der Kläger R1 noch zu seinen Eltern mitgenommen, wo er Geschäftliches habe erledigen müssen. Dort habe der Kläger auch sein geschäftliches Verhalten demonstriert. Dies seien für den Kläger vorbereitende Tätigkeiten für ein Arbeitsverhältnis gewesen, welches aber nach dem Unfall nicht zustande gekommen sei. Den Rückweg habe man gemeinsam angetreten, aber noch vor dem Unfall hätten sich die Heimwege getrennt.
Mit Bescheid vom 01.12.2020 lehnte die Beklagte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab. Es bestehe kein Versicherungsschutz im Rahmen eines Betriebsausfluges, weil ein solcher mangels Mitarbeitern nicht habe vorliegen können. Schließlich dienten Betriebsausflüge der Verbundenheit zwischen Arbeitgeber und Mitarbeitern. Unabhängig davon weise die unfallverursachende Tätigkeit auch keinen ausreichenden Zusammenhang zu betrieblichen Interessen bzw. zur Tätigkeit als Unternehmer auf. Die mehrstündige Fahrradfahrt mit Grillen an einem Sonntag entspringe einer rein privaten Motivation. Selbst wenn man den Besuch bei den Eltern als „dienstliche Angelegenheit“ werte, gelte dies für die Fahrradtour nicht. Der auf die private Fahrradtour mit Grillen entfallende Zeitanteil sei um ein Mehrfaches höher als der Zeitanteil des Gespräches mit den Eltern. Der Schwerpunkt der ...