In neuerer Zeit wird die sog. "Vertrauensarbeitszeit" propagiert, bei der eine Kontrolle der Arbeitszeit durch den Arbeitgeber nicht stattfindet. Der Mitarbeiter verfügt eigenverantwortlich über seine Arbeitszeit. Bei hoher Identifikation des Mitarbeiters mit der Firma bzw. dem Produkt oder der Dienstleistung erscheint die Einführung von Vertrauensarbeitszeit durchaus sinnvoll.
In einigen Firmen/Einrichtungen führt die Nichterfassung der Arbeitszeit dazu, dass die Mitarbeiter wesentlich mehr als die arbeitsvertraglich bzw. tarifvertraglich geschuldete Wochenarbeitszeit leisten. Allein aus Gründen der Fürsorge für die Gesundheit der Mitarbeiter will der Betriebsrat einen Überblick über den Umfang der geleisteten Arbeitszeit erhalten. Nach der Rechtsprechung des BAG steht dem Betriebsrat bei der Vertrauensarbeitszeit ein Auskunftsanspruch über die geleistete Arbeitszeit zu. Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG hat der Betriebsrat Anspruch auf Erteilung aller Auskünfte, derer er zur Durchführung seiner gesetzlichen Aufgaben bedarf. Der Betriebsrat hat deshalb zu überprüfen, ob die in § 5 ArbZG vorgeschriebene Mindestruhezeit von elf Stunden und die tarifliche Arbeitszeit eingehalten werden. Die dazu notwendigen Informationen muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat geben. Der Arbeitgeber kann sich dem nicht entziehen, indem er von der tatsächlichen Arbeitszeit seiner Beschäftigten keine Kenntnis nehmen will.
Der Betriebsrat kann bei Vertrauensarbeitszeit verlangen, dass die Arbeitszeit erfasst wird, damit eine etwaige Überschreitung der tariflichen Arbeitszeit festgestellt werden kann.
Fehlen Anreize in der Vergütung, wie Ergebnisbeteiligungen, Leistungszulagen, so besteht die Gefahr, dass die Mitarbeiter Arbeitsunterbrechungen, Pausen, Leerzeiten u.ä. mit berücksichtigen, um die tarifliche bzw. betriebliche Wochenarbeitszeit zu erreichen.
Für den Arbeitgeber optimal ist es, wenn lediglich der Arbeitserfolg - z.B. das Profit-Center-Ergebnis, das Projekt-Ergebnis - kontrolliert und honoriert wird, nicht jedoch die dafür im Einzelnen aufgewendete Arbeitszeit. Eigenverantwortlich arbeitende Mitarbeiter sind im Regelfall äußerst motiviert und damit produktiv für den Arbeitgeber.
Gleitzeitmodelle werden verbreitet durch Selbstaufschrieb der Mitarbeiter abgewickelt. Eine Mitbestimmungspflicht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG besteht bei der Einführung von Arbeitszeit- und Tätigkeitsnachweisen in Form von Zeitberichtsformularen nicht, da nicht die Lage der Arbeitszeit, sondern nur deren Nachweis betroffen ist. Werden zur Zeiterfassung jedoch Formulare eingeführt, so unterliegt deren Inhalt grundsätzlich der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG – Ordnung des Betriebes. Dass die Arbeitszeit bei Gleitzeit überhaupt erfaßt wird, ist jedoch arbeitsnotwendig und damit mitbestimmungsfrei.
Ein Betriebsrat wird regelmäßig den Selbstaufschrieb durch die Mitarbeiter der sehr weitgehenden Kontrolle durch die elektronische Datenerfassung vorziehen. Es besteht jedoch die Gefahr, dass der Arbeitgeber die Richtigkeit der manuelle erstellten Arbeitszeitnachweise detailliert tatsächlich überwacht und - über Abmahnungen bis hin zur verhaltensbedingten Kündigung bei falschen Aufschrieben - entsprechenden Druck auf die Mitarbeiter ausübt.
Insbesondere bei Gleitzeitmodellen, die Abbau von zu viel geleisteten Stunden durch freie Tage - sog. Gleittage - im Zusammenhang mit Feiertagen oder Urlaub vorsehen, besteht die Gefahr, dass die Mitarbeiter bei Selbstaufschrieb die notwendigen Plusstunden rechtzeitig "erarbeiten".
Der Mitarbeiter entwickelt zudem häufig Ängste, wenn er in auftragsschwachen Zeiten ins Minus gerät.
Flexible Arbeitszeitmodelle setzen, insbesondere wenn sie im gewerblichen Bereich tarifgebundener Firmen eingesetzt werden, die elektronische Zeiterfassung voraus, da die manuelle Erfassung der verschiedenen, immer wieder wechselnden Arbeitszeiten sehr aufwendig wäre. Wird eine entsprechende Software in der Firma eingeführt, so steht dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG – Leistungs- und Verhaltenskontrolle mit Hilfe technischer Einrichtungen – zu.
Fortsetzung von Teil 1 folgt!