2.3.1 Schriftformerfordernis
§ 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG in der ab 1.8.2022 gültigen Fassung lautet:
"Der Arbeitgeber hat die wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses innerhalb der Fristen des Satzes 4 schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen."
§ 2 Abs. 1 Satz 3 NachwG – die Vorschrift bestimmt, dass der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen in elektronischer Form ausgeschlossen ist – bleibt unverändert bestehen.
Besonders auffällig ist, dass der nationale Gesetzgeber an dem strengen Schriftformerfordernis für den Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen festhält, obwohl die EU-Arbeitsbedingungenverordnung die elektronische Form für den Nachweis ausdrücklich zulässt.
Die Einhaltung der Textform, z. B. durch Fax, E-Mail oder ein eingescanntes Dokument genügt nicht den gesetzlichen Vorgaben im NachwG.
Der Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen hat also der gesetzlichen Schriftform zu genügen, was eine eigenhändige Unterschrift durch eine vertretungsberechtigte Person auf Arbeitgeberseite bedingt und im Original an den Arbeitnehmer ausgehändigt werden muss.
Werden Arbeitsverträge in elektronischer Form geschlossen, so entbindet dies nicht vom Schriftformerfordernis für den Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen nach dem NachwG. Auch bei elektronisch bzw. in Textform (z. B. per Fax oder E-Mail) abgeschlossenen Arbeitsverträgen muss dem Beschäftigten ein vom Arbeitgeber eigenhändig unterzeichnetes Originaldokument mit den wesentlichen Arbeitsbedingungen ausgehändigt werden.
Das Schriftformerfordernis steht nicht der Führung digitaler Personalakten im Wege. Maßgebend für die Einhaltung des Schriftformerfordernisses ist, dass der Arbeitgeber dem Beschäftigten den Nachweis eigenhändig unterschrieben im Original aushändigt. In der Personalakte kann der Nachweis in elektronischer Form z. B. als eingescanntes Dokument aufbewahrt werden. Wichtig ist, dass dokumentiert ist, welche Arbeitsbedingungen zu welchem Zeitpunkt dem Beschäftigten gegenüber schriftlich nachgewiesen wurden und dass der Beschäftigte diesen Nachweis im Original erhalten hat. Dies kann digital geschehen.
2.3.2 Nachweis durch Arbeitsvertrag und/oder Nachweis nach dem NachwG?
Wie bisher entfällt die Verpflichtung zum Nachweis nach § 2 Abs. 4 NachwG, wenn dem Arbeitnehmer ein schriftlicher Arbeitsvertrag ausgehändigt worden ist, soweit der Arbeitsvertrag die in § 2 geforderten Angaben enthält.
Aufgrund der erheblichen Ausweitung der nachzuweisenden wesentlichen Vertragsbedingungen gilt es zu entscheiden, ob sämtliche Angaben in einen zukünftig sehr umfassenden Arbeitsvertrag aufgenommen werden sollen, oder ob der Arbeitgeber dem Beschäftigten einen eher kürzer gefassten Arbeitsvertrag zukommen lässt und bestimmte Arbeitsbedingungen in einem nur vom Arbeitgeber unterschriebenen sog. "Nachweis-Papier", dem Nachweis nach dem NachwG aushändigt. Unter Umständen hat dies auch unterschiedliche arbeitsvertragliche Konsequenzen.
Es bietet sich an, bestimmte Angaben nicht in den Arbeitsvertrag, sondern in ein sog. Nachweis-Papier aufzunehmen, den Nachweis auch als solchen (beispielsweise "Nachweis nach dem NachwG") zu betiteln und vorweg klarzustellen, dass der Inhalt eine reine Wissenserklärung des Arbeitgebers ist. Dies drückt aus, keinen Rechtsbindungswillen in Bezug auf den Inhalt des Nachweises zu haben. Vertreten wird, dass der Arbeitgeber diese Angaben im Nachweis nach dem NachwG im Rahmen billigen Ermessens jederzeit abändern oder korrigieren kann.
2.3.3 Nachweis in Form eines Hinweises auf den TVöD/TV-L, Betriebs-/Dienstvereinbarung
Bestimmte Arbeitsbedingungen können nachgewiesen werden durch einen Hinweis auf einen Tarifvertrag, eine Betriebs-/Dienstvereinbarung, Arbeitsvertragsrichtlinien paritätisch besetzter Kommissionen für kirchliche Arbeitgeber.
Hierzu gehören insbesondere Angaben zu
- Dauer der Probezeit
- Vergütung, Vergütungsbestandteile, Fälligkeit und Art der Auszahlung
- vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie Einzelheiten zu Schichtarbeit
- Recht zur Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen
- Erholungsurlaub
- Kündigungsverfahren.
Der Gesetzgeber lässt offen, wie detailliert ein solcher Hinweis auf gesetzliche Regelungen sowie Vorschriften in Tarifverträgen und Betriebs-/Dienstvereinbarungen ausgestaltet sein muss.
Bei Anwendung der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes empfiehlt es sich ggf., in den Arbeitsvertrag die Verweisung auf den TVöD/TV-L sowie einen allgemeinen Hinweis auf die geltenden Betriebs-/Dienstvereinbarungen aufzunehmen und die Einzelheiten sodann im Nachweis nach dem NachwG zu platzieren.
Beispielsweise könnte im Nachweis ausdrücklich genannt werden, dass
- sich die Dauer der Probezeit nach § 2 Abs. 4 TVöD/TV-L richtet,
- die Ansprüche auf Entgelt im Abschn. III des TVöD/TV-L geregelt sind,
- der Beschäftigte bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 TVöD/TV-L verpflichtet ist, Überstunden zu leisten,
- die Kündigung der Schriftform bedarf (§ 623 BGB), sich das Recht zur Kündigung, die Kündigungsfrist sowie der Ausschluss der ordentlichen Arbeitgeberkündigung aus § 33 TVöD/TV-L ergeben, das Kündigun...