Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Übung. DRK
Leitsatz (redaktionell)
Nur ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes muss bei Fehlen anderweitiger Anhaltspunkte davon ausgehen, der an die Grundsätze des Haushaltsrechts gebundene öffentliche Arbeitgeber wolle sich gesetzes- und tarifgemäß verhalten. Dies gilt nicht für Arbeitnehmer des DRK.
Normenkette
BGB § 151
Verfahrensgang
ArbG Bautzen (Urteil vom 12.02.2001; Aktenzeichen 7 Ca 7327/00) |
AK Görlitz |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bautzen vom 12.02.2001 – 7 Ca 7327/00 -
abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 442,27 EUR brutto nebst 4 % Zinsen aus dem hieraus sich ergebenden Nettobetrag seit dem 05.07.2000 zu bezahlen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Parteien streiten auch im zweiten Rechtszug weiter um die Zahlung einer in ihrer rechnerischen Höhe nicht strittigen Wechselschicht-Zulage für den Zeitraum von Januar bis Mai 2000 über monatlich 173,00 DM brutto, insgesamt also 865,00 DM brutto (als Hauptforderung).
Von der erneuten Darstellung des Tatbestands wird aufgrund der Regelung in § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen. Denn das Arbeitsgericht hat in dem angefochtenen Urteil den Tatbestand vollständig und richtig beurkundet. In Sonderheit haben die Parteien auch keine Tatbestandsrügen erhoben. Neuigkeiten im tatsächlichen Bereich sind auch im Berufungsverfahren nicht vorgetragen worden. Bereits das unstreitige Vorbringen genügt dem Berufungsgericht für sein – abänderndes – Erkenntnis.
Tatbestand
A.
Die zulässige Berufung ist in Höhe des in Euro auszudrückenden Streitbetrages (als Hauptforderung) begründet. Denn die – ihrerseits zulässige – Klage ist begründet.
Der Anspruch auf die Wechselschicht-Zulage ist durch eine sog. betriebliche Übung (I.) entstanden und – jedenfalls bislang – nicht untergegangen (II.). Auf das Vorliegen der tariflichen Voraussetzungen für die Zahlung der Wechselschicht-Zulage kommt es demgemäß derzeit nicht an (III.). Begründet ist auch die Nebenforderung (IV.).
I.
1.
Die streitgegenständliche Forderung ist durch eine sog. betriebliche Übung begründet worden, respektive entstanden.
a) Unter einer betrieblichen Übung wird die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers verstanden, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auch für die Zukunft gewährt werden. Die betriebliche Übung enthält eine Willenserklärung des Arbeitgebers, die von den Arbeitnehmern stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB). Aufgrund dessen erwachsen vertragliche Ansprüche der Arbeitnehmer auf die üblich gewordene Vergünstigung. Die Bindungswirkung tritt ein, wenn die Arbeitnehmer aufgrund des Verhaltens des Arbeitgebers darauf vertrauen durften, die Leistung solle auch für die Zukunft gewährt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Arbeitgeber eine Zulage gewährt, auf die inzwischen die Anspruchsgrundlagen entfallen sind (vgl. zum Vorstehenden m. zahlr. N. etwa BAG vom 26.05.1993 – 4 AZR 130/93 – AP Nr. 3 zu § 12 AVR Diakonisches Werk). Dem steht der Fall des anfänglichen Fehlens einer Anspruchsgrundlage gleich.
b) So war es hier. Der Beklagte hat die Wechselschicht-Zulage in der Vergangenheit ohne Vorbehalt eines irgendwie gearteten Widerrufs stets und auch dann gezahlt, wenn die tariflichen Voraussetzungen nach § 38 a DRKTV-O nicht vorgelegen haben.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen des Beklagten, wonach die Einsätze seit Anfang des Jahres 2000 stark zurückgegangen seien. Das ändert nichts daran, daß die Zulage für die davor liegende Zeit auch ohne das Vorliegen der tariflichen Voraussetzungen gezahlt worden ist, was der Kläger aber unbestritten vorgetragen hat.
Auch der Umstand, daß die Krankenkassen die Wechselschicht-Zulage nur gegen Nachweis des Vorliegens der tariflichen Voraussetzungen hin erstatteten, ändert an dem Entstehungstatbestand für die betriebliche Übung für sich nichts. Aufgeworfen wird hierdurch bestenfalls die Frage, ob die – wie gesagt: entstandene – betriebliche Übung durch (Widerruf) beseitigt werden kann, worauf noch einzugehen sein wird.
c) Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, ein Anspruch aufgrund betrieblicher Übung könne deswegen nicht entstanden sein, da es sich bei ihm um einen gemeinnützigen Verein handele, bei welchem die Grundsätze der Arbeitsverhältnisse mit der öffentlichen Hand herangezogen würden.
Der Sache nach bedeutet dies, daß der Beklagte sich darauf beruft, der Kläger hätte davon ausgehen müssen, er, der Beklagte, vergüte ausschließlich nach den Regeln des DRKTV-O.
(1) Eine solche Einschränkung der betrieblichen Übung gibt es allerdings in der Tat in aller Regel im Bereich des öffentlichen Dienstes. Denn der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes muß in aller Regel davon ausgehen, sein Arbeitgeber wolle nur die Leistungen gewähren, zu denen er rechtlich verpflichtet ist.
Diese Grundsätze gelten jedoch nicht für den privaten Arbeitgeber, auch we...