Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsprüfung. Zulässigkeit der Nutzung von Ermittlungsergebnissen des Hauptzollamtes. Wirksamkeit des zwischen Verleiher und Beschäftigtem geschlossenen Arbeitsvertrages. Woche im Sinne des § 27 Abs 3 Nr 1 S 2 SGB III
Leitsatz (amtlich)
1. Die Rentenversicherungsträger können ihre Entscheidungen in Betriebsprüfungsverfahren auf Ermittlungsergebnisse des Hauptzollamtes stützen.
2. Die Unwirksamkeit eines zwischen Verleiher und Entleiher geschlossenen Vertrages führt nicht zur Unwirksamkeit des zwischen Verleiher und Beschäftigtem geschlossenen Arbeitsvertrages (Anschluss an LAG Mainz vom 28.5.2015 - 2 Sa 689/14 = juris Rn 50 aE).
3. Als eine Woche im Sinne des § 27 Abs 3 Nr 1 S 2 SGB III gilt ein Zeitraum von sieben aufeinanderfolgenden Kalendertagen, bei dem die beschäftigungsfreien Samstage, Sonn- und Feiertage mitzuzählen sind.
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 5. Oktober 2011 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 8. Februar 2012 geändert. Die Klage wird vollumfänglich abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 9.655,91 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für die in der Zeit von Mai 2001 bis Oktober 2004 als Transportfahrer tätigen Beigeladenen zu 1. bis 6.
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer GmbH seit 1999 ein Unternehmen zur Ausführung von Gütertransporten aller Art sowie den Handel mit Baustoffen und seit dem 17. März 2001 mit entsprechender Genehmigung auch gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung. Die Klägerin beschäftigte in der Vergangenheit fünf bis sieben festangestellte Arbeitnehmer und führte für diese Sozialversicherungsbeiträge ab. Auch der Beigeladene zu 3. war auf befristete Zeit, vom 15. November 2003 bis 31. Dezember 2003, zu einem Bruttolohn von 1.640,00 EUR monatlich bei der Klägerin angestellt (vgl. Arbeitsvertrag vom 15. November 2003).
Die Beigeladenen zu 1. bis 6. waren in dem streitgegenständlichen Zeitraum als LKW-Fahrer tätig und transportierten - vermittelt durch die Klägerin - europaweit Güter verschiedener Firmen mit deren firmeneigenen LKW. Der Klägerin wurden ihre Einsätze mit einer Tagespauschale in Höhe von 150,00 € in Rechnung gestellt, wobei überwiegend in Blöcken zu je 5 Tagen abgerechnet wurde. Die Klägerin wiederum rechnete gegenüber den Drittfirmen die Leistungen der LKW-Fahrer in Höhe einer erhöhten Tagespauschale (170,00 € bis 182,00 €) ab, wobei ebenfalls in der Regel wochenweise (fünf Arbeitstage) abgerechnet wurde. Der Beigeladene zu 1. hatte u.a. ein Gewerbe für Transporte und Kraftfahrtätigkeit angemeldet, der Beigeladene zu 5. ab Juli 2001 u.a. für Kleintransporte und der Beigeladene zu 6. ab Januar 2003 für Baustoffhandel. Eine Gewerbeanmeldung der Beigeladenen zu 2. bis 4. ist nicht feststellbar.
Bei einer Verkehrskontrolle durch die Verkehrspolizeiinspektion F… am 28. Januar 2004 auf der BAB 9 wurde der Beigeladene zu 6. auf einem LKW der Firma Spedition R… B… R… als Fahrer angetroffen. Das Hauptzollamt G… stellte im Rahmen der anschließenden Überprüfung fest, dass der Beigeladene zu 6. neben mehreren anderen Fahrern von der Klägerin an die Speditionsfirma vermittelt worden war, ohne dass eine Anmeldung der Fahrer bei den Einzugsstellen der Sozialversicherung erfolgt war. Im Rahmen der daraufhin gegenüber den Geschäftsführern der Klägerin und dem Sohn eines der Geschäftsführer eingeleiteten Ermittlungsverfahren wertete das Hauptzollamt R… die am 19. November 2004 bei der Klägerin sichergestellten Firmenunterlagen aus und kam zu dem Ergebnis, dass mehrere LKW-Fahrer, darunter die Beigeladenen zu 1. bis 6., von der Klägerin beschäftigt worden seien, ohne dass diese sie bei den Einzugsstellen zur Sozialversicherung angemeldet habe.
Mit Schreiben vom 4. April 2005 übersandte das Hauptzollamt R… der Rechtsvorgängerin der Beklagten den vorläufigen Ermittlungsbericht vom selben Tage mit der Bitte, den sozialversicherungsrechtlichen Schaden festzustellen und zu berechnen. Im Ermittlungsbericht wird u.a. ausgeführt, dass zwischen den beim Kläger abhängig Beschäftigten und den als selbstständig ausgegebenen LKW-Fahrern in der faktischen Ausführung der Tätigkeit keinerlei Unterschied bestanden habe. So hätten letztere die gleichen Wochenberichte benutzt wie die abhängig Beschäftigten. Ihre Disposition sei wie auch bei den angestellten LKW-Fahrern von der jeweiligen Firma, auf deren LKW die Fahrer eingesetzt gewesen seien, erfolgt. Einen eigenen LKW habe keiner besessen. Seitens der Klägerin seien sie genauso und teilweise auf den gleichen Rechnungen wie die angestellten LKW-Fahrer an die Firmen weiterverrechnet worden. Die Aufträge für Transportleistungen seien ausschließlich über die Klägerin besorgt worden, Rückfragen von Speditionen an die Klägerin gestellt worden. Die Be...