Die Frage nach dem Bestehen einer Schwerbehinderteneigenschaft (§ 2 Abs. 1 und 2 SGB IX) oder einer Gleichstellung (§ 2 Abs. 3 SGB IX) eines Bewerbers wurde wegen der daran anknüpfenden umfangreichen gesetzlichen Verpflichtungen für den Arbeitgeber bisher für zulässig erachtet. Zulässig war auch die Frage danach, ob ein Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft gestellt worden ist. Dabei war es nach der bisherigen Rechtsprechung des BAG unerheblich, ob die Schwerbehinderung für die auszuübende Tätigkeit von Bedeutung ist. Voraussetzung ist aber immer, dass die Täuschung für den Abschluss des Arbeitsvertrags ursächlich war. Das Fragerecht ist tätigkeitsneutral. Ob das auch nach dem Inkrafttreten des AGG im Hinblick auf das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG gilt, ist fraglich und umstritten und wird überwiegend verneint, weil bereits die Frage nach der Schwerbehinderung eine Benachteiligung gegenüber nicht behinderten Bewerbern sei. Rechtsprechung zur neuen Gesetzeslage liegt nicht vor. Zwar ist gerade im öffentlichen Dienst der Arbeitgeber gehalten, schwerbehinderte Menschen bei gleicher Eignung bevorzugt zu berücksichtigen. Dem steht aber nicht entgegen, es dem schwerbehinderten Menschen letztlich selbst zu überlassen, ob er durch einen Hinweis auf seine Schwerbehinderung in den Genuss dieser Bevorzugung kommen möchte. Ggf. kann der Bewerber hierauf in allgemeiner Form hingewiesen werden.
Zu beachten ist auch das Benachteiligungsverbot nach § 7 Abs. 1 AGG. Es besteht nunmehr ein erhebliches Entschädigungsrisiko bei einer Ablehnung eines schwerbehinderten Bewerbers. Die Frage nach der Schwerbehinderung kann die Vermutung der behinderungsbegründeten Benachteiligung auslösen. Bereits aus diesem Grunde sollte die Frage nach der Schwerbehinderung losgelöst von ihrer Zulässigkeit jedenfalls beim Bewerbungsgespräch nicht mehr gestellt werden. Das schließt keineswegs aus, die Frage im Laufe des Arbeitsverhältnisses zu stellen oder den Arbeitnehmer vertraglich zu verpflichten, im Falle einer Einstellung seine Schwerbehinderung oder Gleichstellung im Hinblick auf eine sonst zu zahlende Ausgleichsabgabe nach Ablauf der Wartezeit des § 1 KSchG mitzuteilen. Allerdings ist allein die Frage nach der Schwerbehinderung nicht als Indiztatsache für eine spätere Benachteiligung durch eine Kündigung nach erfolgter Aufdeckung der wahrheitswidrigen Beantwortung der Frage geeignet. Aus ihr lässt sich auf eine Benachteiligungsabsicht des Arbeitgebers wegen der Schwerbehinderung nicht mit hinreichender Sicherheit schließen, denn der Arbeitgeber kann die Frage nach der Schwerbehinderung auch gestellt haben, weil er Schwerbehinderte bevorzugt einstellen will.
Zulässig ist jedoch die Frage nach der gesundheitlichen Eignung für die Tätigkeit, auf die sich der Arbeitnehmer beworben hat. Das setzt natürlich voraus, dass der Arbeitnehmer die genaueren Umstände der Tätigkeit bereits kennt. Im Falle einer bewussten Falschbeantwortung kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nach § 123 BGB anfechten.
Auch ohne ausdrückliche Nachfrage besteht eine Offenbarungspflicht des Arbeitnehmers, wenn er erkennen muss, dass er wegen seiner Behinderung die vorgesehene Arbeit nicht leisten kann oder die Behinderung für den vorgesehenen Arbeitsplatz von ausschlaggebender Bedeutung ist. Kann der Arbeitgeber ohne Weiteres erkennen, dass der Arbeitnehmer schwerbehindert ist, darf er den Arbeitsvertrag später nicht mit der Begründung anfechten, der Arbeitnehmer habe die Frage nach der Schwerbehinderteneigenschaft im Vorstellungsgespräch – sofern überhaupt zulässig – unzutreffend beantwortet.