Rz. 31
Für Versicherte, die eine der in § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 genannten Renten/Leistungen beziehen, endet der Anspruch auf Krankengeld vom Beginn dieser Leistungen an. Das gilt auch bei Zeitrenten.
Wird eine der genannten Renten/Leistungen nicht mehr gezahlt (z. B. Bezugsdauer der Zeitrente ist erreicht), entsteht nach § 50 Abs. 1 Satz 4 SGB V ein Anspruch auf Krankengeld, wenn der Betreffende bei Eintritt einer erneuten Arbeitsunfähigkeit mit Anspruch auf Krankengeld versichert ist. Mit dieser Regelung wird klargestellt, dass bei Wegfall der genannten Renten ein neuer Krankengeldanspruch nur entsteht, wenn eine Versicherung mit Anspruch auf Krankengeld besteht (vgl. Begründung in BT-Drs. 13/340 zu § 50 Abs. 1 Satz 4 SGB V). Dazu muss der erneut Erkrankte in der Regel zwischen Wegfall der Rente und dem Eintritt der neuen Arbeitsunfähigkeit eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen oder Arbeitslosengeld I bezogen haben; ansonsten wird er bei Eintritt der erneuten Arbeitsunfähigkeit eine Krankenversicherung mit Anspruch auf Krankengeld nicht haben.
Durch § 50 Abs. 1 Satz 4 wird die Frage nicht beantwortet, ob bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit ein früher nicht ausgeschöpfter Anspruch auf Krankengeld nach zwischenzeitlichem Bezug einer Rente wegen Erwerbsminderung wieder auflebt. Dieses hat das BSG mit Urteil v. 29.9.1998 (B 1 KR 5/97 R) grundsätzlich bejaht. Nach dem Urteil kann der Anspruch auf Krankengeld nach Wegfall einer Zeitrente bei ununterbrochener Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit nicht mit Hinweis auf § 50 Abs. 1 Satz 4 ausgeschlossen werden. Ob Krankengeld weiter zu gewähren ist, beurteilt sich allein nach § 48 (Erreichen der Höchstanspruchsdauer innerhalb der laufenden Blockfrist). Ist bis zum Beginn der Zeitrente die Höchstbezugsdauer des Krankengeldes von 78 Wochen nicht ausgeschöpft worden, lebt nach dem Ende der Zeitrente bei ununterbrochener Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit der Krankengeldanspruch wieder auf. Nach Auffassung des Autors muss dieses auch für die mitgliedschaftserhaltende Wirkung des § 192 Abs. 1 Nr. 2 gelten, sofern der Rentenbezug Versicherungspflicht zur Krankenversicherung (KVdR) begründete.
Der Versicherte erlitt am 20.9.2020 einen schweren Unfall. Seitdem ist er arbeitsunfähig erkrankt. Aufgrund dessen erhielt er in der Zeit vom 21.3.2021 bis zum 31.1.2022 eine Zeitrente wegen voller Erwerbsminderung.
Der Versicherte erhielt nach Ende der Entgeltfortzahlung Krankengeld für die Zeit vom 1.11.2020 bis zum 23.6.2021 (Eingang des Rentenbescheids bei der Krankenkasse am 25.6., aber zu dem Zeitpunkt war zuletzt Krankengeld bis 23.6. ausgezahlt worden; letzter Krankengeldtag also: 23.6.2021).
Der Versicherte war in der Zeit vom 24.6.2021 bis zum 31.1.2022 allein wegen des Bezuges der Zeitrente krankenversichert.
Laut eines ärztlichen Attests war der Versicherte durchgehend arbeitsunfähig und ist es noch weiterhin.
Lösung:
Gemäß § 48 Abs. 1 hat der Versicherte grundsätzlich (innerhalb einer Blockfrist) Anspruch auf 78 Wochen (= 546 Tage) Krankengeld. Auf diese Bezugszeit sind die Zeit der Entgeltfortzahlung (§ 48 Abs. 3 Abs. 1) und die Zeit des Krankengeldbezugs anzurechnen. Das sind zusammen (42 + 235 =) 277 Tage. Die Zeit, in der der Anspruch auf Krankengeld entfiel, kann auf die Höchstbezugsdauer des Krankengeldes nicht angerechnet werden (§ 48 Abs. 3 Satz 2). Da mit den 277 Tagen die Höchstanspruchsdauer von 546 Tagen noch nicht erreicht wurde, lebt der Anspruch auf Krankengeld wegen der durchgehend bestandenen Arbeitsunfähigkeit am 1.2.2022 wieder auf. Dieses ist nach Auffassung des Autors auch gerecht, weil das Intermezzo der Zeitrente den Anspruch auf Krankengeld bei durchgehend bestehender Arbeitsunfähigkeit nicht für dauernd beschneiden kann.
Im Übrigen lebt die mitgliedschaftserhaltende Wirkung des § 192 Abs. 1 Nr. 2 aufgrund des (wiederauflebenden) Krankengeldanspruchs ab 1.2.2022 wieder auf.
Rz. 32
Die dargelegten Grundsätze gelten entsprechend, wenn z. B. nach Ablauf der Zeitrente wegen voller Erwerbsminderung aufgrund der Besserung des Gesundheitszustandes des weiterhin Arbeitsunfähigen eine Zeitrente wegen teilweiser Erwerbsminderung bewilligt wird. Bei der Frage, ob das Krankengeld wegen der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu kürzen ist (weil nur Renten zur Kürzung des Krankengeld i. S. d. § 50 Abs. 2 führen, wenn sie nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit beginnen), ist hinsichtlich des Rentenbeginns fiktiv auf den Beginn der Rente wegen voller Erwerbsminderung abzustellen.
Wie letztes Beispiel, allerdings wurde die Zeitrente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit ab 1.2.2022 in eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung umgewandelt.
Lösung:
Der Anspruch auf Krankengeld lebt – wie im letzten Beispiel beschrieben – ab 1.2.2022 wieder auf.
Für die Frage, ob das Krankengeld um den Betrag der Bruttorente wegen der teilweisen Erwerbsminderung gekürzt werden kann (vgl. Rz. 33 ff.), ist zu prüfen...