Christian Wäldele, Jutta Schwerdle
1 Einführung
Kaum eine Tarifrunde gestaltete sich so langwierig wie die Tarifverhandlungen für die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst (TVöD-VKA) im Jahr 2022. Erst zum 1. Oktober 2024 wird hinsichtlich der Umsetzung der im Jahr 2022 beschlossenen Tarifänderungen der Schlusspunkt gesetzt werden.
Die Grundsatzeinigung über die tariflichen Neuregelungen für den Sozial- und Erziehungsdienst erzielten die Tarifvertragsparteien am 22. Mai 2022. Doch erst im Oktober 2022 – nach Abschluss der Redaktionsverhandlungen – konnten die Tarifvertragsparteien die Tariftexte veröffentlichen.
Die Änderungen traten zu vollkommen unterschiedlichen Zeitpunkten in Kraft. Beispielhaft seien genannt:
- der Anspruch auf die Regenerationstage zum 1. Januar 2022,
- der Anspruch auf die Sozial- und Erziehungsdienst-Zulage zum 1. Juli 2022,
- weitere Regelungen, insbesondere der Wegfall der besonderen Stufenlaufzeiten, sind formal bereits zum 1. Juli 2022 in Kraft getreten, allerdings erst zum 1. Oktober 2024 umzusetzen.
2 Wegfall der besonderen Stufenlaufzeiten zum 1. Oktober 2024
Seit der Neugestaltung der Entgelttabelle für den Sozial- und Erziehungsdienst (sog. "S-Entgelttabelle") im Jahr 2009 existieren in der S-Entgelttabelle besondere Stufenlaufzeiten. Dies betrifft die Stufen 2 und 3 sämtlicher S-Entgeltgruppen. Weitere Besonderheiten bestehen in den Entgeltgruppen S 4 und S 8b hinsichtlich bestimmter Fallgruppen.
Diese besonderen Stufenlaufzeiten und abweichende Regelungen zur Endstufe für die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst werden zugunsten der Anwendung der allgemeinen Regelungen zu den Stufenlaufzeiten aufgelöst.
Zu begrüßen ist, dass damit eine der zahlreichen tarifrechtlichen Besonderheiten verschwindet. Allerdings gilt es die komplexen Überleitungsregelungen zu beachten.
2.1 Wegfall der besonderen Stufenlaufzeiten in den Stufen 2 und 3
Die eigentlich zweijährige Stufenlaufzeit in der Stufe 2 und dreijährige Laufzeit in der Stufe 3 (§ 16 Abs. 3 TVöD) ist für die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst jeweils um ein Jahr verlängert. Die Stufenlaufzeit für die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst beträgt also abweichend drei Jahre in der Stufe 2 und vier Jahre in der Stufe 3 (§ 16 Abs. 3 TVöD-V/TVöD-B in der Fassung bis 30.09.2024).
Diese Besonderheit entfällt zum 1. Oktober 2024. Die Stufenlaufzeiten werden verkürzt auf die allgemeinen Stufenlaufzeiten, wie diese für sämtliche andere Beschäftigten im TVöD gelten: zwei Jahre in der Stufe 2 und drei Jahre in der Stufe 3.
Diese Änderungen haben keine Auswirkungen für Beschäftigte, die sich bereits in der Stufe 4 oder einer höheren Stufe befinden. Es gibt hier keine "Nachberechnung" der Stufenlaufzeiten. Es verbleibt unverändert bei der bisherigen Stufenzuordnung und der für den Aufstieg in die nächsthöhere Stufe noch zu absolvierenden Stufenlaufzeit.
Für Beschäftigte, die der Stufe 1 zugeordnet sind, werden die Änderungen künftig "sichtbar". Eine direkte Veränderung ergibt sich für diese Beschäftigten zum 1. Oktober 2024 zwar nicht, sie steigen aber – nach Erreichen der Stufe 2 – schneller in die Stufe 3 und Stufe 4 auf.
Handlungsbedarf besteht hinsichtlich der Beschäftigten, die am Stichtag 1. Oktober 2024 der Stufe 2 oder Stufe 3 zugeordnet sind. Für diese gelten die in § 28e Abs. 1 TVÜ-VKA geregelten Besonderheiten. Nach dieser Norm sind zunächst die Verhältnisse am 1. Oktober 2024 zu beachten. Befinden sich Beschäftigte zu diesem Stichtag in der Stufe 2 oder Stufe 3, so ist weiter die zum Stichtag abgelaufene Stufenlaufzeit maßgebend.
- SuE-Beschäftigte, die am 1. Oktober 2024 in Stufe 2 eine Stufenlaufzeit von mehr als zwei Jahren absolviert haben, werden zum 1. Oktober 2024 der Stufe 3 zugeordnet.
- SuE-Beschäftigte, die am 1. Oktober 2024 in Stufe 3 eine Stufenlaufzeit von mehr als drei Jahren absolviert haben, werden zum 1. Oktober 2024 der Stufe 4 zugeordnet.
Die individuelle Stufenlaufzeit in der neuen höheren Stufe beginnt ab dem 1. Oktober 2024 zu laufen (§ 28e Abs. 3 TVÜ-VKA).
Ein Antrag der Beschäftigten ist nicht erforderlich. Die Änderungen sind vom Arbeitgeber automatisch umzusetzen.
Die Beschäftigte A ist Erzieherin und in der Entgeltgruppe S 8a eingruppiert. Sie befindet sich am 1.10.2024 seit drei Jahren und vier Monaten in der Stufe 3.
Nach den bisherigen Regelungen würde A erst nach Ablauf der (verlängerten) vierjährigen Stufenlaufzeit zum 1.6.2025 in die Stufe 4 aufsteigen.
Aufgrund der in § 28e Abs. 1 TVÜ-VKA geregelten Besonderheit steigt A zum 1.10.2024 automatisch in die Stufe 4 auf. Die vierjährige Stufenlaufzeit in Stufe 4 beginnt ebenfalls am 1.10.2024.
Die Zuordnung zur höheren Stufe ist auch umzusetzen, wenn sich Beschäftigte am Stichtag 1. Oktober 2024 in einer längeren krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit oder in einem ruhenden Arbeitsverhältnis befinden.
Beispiel 1:
Die Beschäftigte K ist in Entgeltgruppe S 8a eingruppiert und der Stufe 3 zugeordnet. Sie ist seit längerer Zeit arbeitsunfähig krank. Am 1.10.2024 ist die Entgeltfortzahlung bereits abgelaufen, es besteht aber Anspruch auf Krankengeldzuschuss. K ...