Mit der Neugestaltung des Tarifrechts im öffentlichen Dienst im Jahre 2005/2006 wurde in den Tarifvertrag die Verpflichtung des Arbeitgebers aufgenommen, bei der Gestaltung der Arbeitszeit im Rahmen der dienstlichen bzw. betrieblichen Möglichkeiten der besonderen persönlichen Situation des Beschäftigten Rechnung zu tragen (§ 11 Abs. 1 Satz 4 TVöD).
Der Arbeitgeber kann zwar kraft seines Direktionsrechts die Lage der Arbeitszeit eines Arbeitnehmers nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit hierüber keine vertragliche oder kollektivrechtliche Vereinbarung getroffen ist. Bei seiner Ermessensentscheidung muss er jedoch die wesentlichen Umstände abwägen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigen.
Das BAG hatte bereits mit Urteil v. 23.9.2004 entschieden, dass der Arbeitgeber bei der Verteilung der Arbeitszeit auf schutzwürdige familiäre Belange – wie eine erforderliche Beaufsichtigung und Betreuung von Kindern - Rücksicht zu nehmen hat, soweit der vom Arbeitnehmer gewünschten Verteilung der Arbeitszeit nicht betriebliche oder berechtigte Belange anderer Beschäftigter entgegenstehen.
Eine Altenpflegerin sollte nach der Rückkehr aus der Elternzeit zu Nachtwachen im 2-Tage-Rhythmus herangezogen werden. Sie hatte auf einen Einsatz im 7-Tage-Rhythmus im Nachtdienst geklagt. Die Mitarbeiterin, deren ebenfalls im pflegerischen Bereich tätiger Ehemann nachts im 7-Tage-Rhythmus Rufbereitschaft leistet, wollte den Nachtdienst wie vor der Elternzeit im 7-Tage-Rhythmus verrichten. Nach dem Ende ihrer Elternzeit war bei ihrem Arbeitgeber jedoch nur ein Arbeitsplatz in einer Einrichtung frei, in der die Nachtwachen im 2-Tage-Rhythmus organisiert sind. Da keiner der im 7-Tage-Rhythmus im Nachtdienst beschäftigten Altenpfleger mit der Klägerin den Arbeitsplatz tauschen und in den 2-Tage-Rhythmus wechseln wollte und einem vom Beklagten angeordneten Arbeitsplatztausch berechtigte Belange der Betroffenen entgegengestanden hätten, konnte der Arbeitgeber den Antrag der Beschäftigten auf Einsatz in der 7-Tage-Woche zulässigerweise ablehnen. Die Entscheidung über die festgesetzte Zeit der Arbeitsleistung entsprach billigem Ermessen. Mit dem ausschließlichen Einsatz im Nachtdienst hat der Beklagte die Interessen der Klägerin und ihre familiären Belange angemessen berücksichtigt.
Das BAG hat hervorgehoben, dass § 11 Abs. 1 TVöD keine Verpflichtung des Arbeitgebers begründet, den Arbeitsvertrag hinsichtlich der Verteilung der Arbeitszeit zu ändern. Selbst wenn der Arbeitnehmer aufgrund der Umstände des Einzelfalls zum Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber das Weisungsrecht ausübt, einen Anspruch auf eine bestimmte Entscheidung hat ("Ermessensreduzierung auf Null"), führt dies nicht zu einer Änderung des Arbeitsvertrags.
Kein Anspruch auf eine bestimmte Verteilung der Arbeitszeit
Bezüglich der Lage der Arbeitszeit haben die Tarifvertragsparteien dem Beschäftigten keinen Anspruch auf eine Änderung des Arbeitsvertrags eingeräumt. Die Ausgestaltung der verringerten Arbeitszeit ist weiterhin Teil des Direktionsrechts des Arbeitgebers.
Das BAG weist darauf hin, dass die Ausübung des Direktionsrechts nach billigem Ermessen zu erfolgen hat, was § 11 Abs. 1 Satz 4 TVöD dahingehend ergänzt, dass bei der Verteilung der Arbeitszeit der Arbeitgeber die persönliche Betreuungs- bzw. Pflegesituation des Beschäftigten im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten als einen besonderen Gesichtspunkt zu berücksichtigen hat. Für den entschiedenen Fall hat das BAG nicht ausgeführt, ob der Arbeitgeber unter Anwendung dieser Vorgaben sein Direktionsrecht beanstandungsfrei ausgeübt hat oder hätte. Dies mag daran liegen, dass die Klägerin die Feststellung nur für einen vollständig in der Vergangenheit liegenden Zeitraum begehrt hat. Die Vorinstanz hatte die Berufung des Arbeitgebers noch zurückgewiesen und erklärt, dass § 11 TVöD nicht voraussetze, dass der Beschäftigte alle nur denkbaren Betreuungsmöglichkeiten in Anspruch nimmt oder ausschöpft. Das aufhebende Urteil des BAG bewertet diese für viele Beschäftigte relevante Frage nicht. Es erklärt nur, dass § 11 TVöD – entgegen der Ansicht des LAG Düsseldorf – gerade keinen Anspruch auf eine bestimmte Arbeitszeitverteilung gewährt, sodass die Ausführung des LAG zur Inanspruchnahmepflicht aller denkbaren Betreuungsmöglichkeiten ins Leere geht und offenbleibt, wie das BAG zu einer extensiven Inanspruchnahmepflicht von Fremdbetreuung steht.