Verfahrensgang

ArbG Eisenach (Urteil vom 04.10.1995; Aktenzeichen 1 Ca 2202/94)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 25.09.1997; Aktenzeichen 8 AZR 710/96)

 

Tenor

Es ergeht folgendes

Urteil:

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Eisenach vom 04.10.1995 – 1 Ca 2202/94 – abgeändert.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Zahlung eines Nachteilsausgleiches nach § 113 Abs. 3 BetrVG im Rahmen eines Gesamtvollstreckungsverfahrens

Der Kläger war seit dem 02.01.1990 bei der Fa. … GmbH, einem Unternehmen des Spezialmaschinenbaus, beschäftigt und erhielt zuletzt ein monatliches Bruttogehalt von DM 4.600,00.

Er wurde mit Schreiben vom 26.11.1994 zum 31.12.1994 entlassen (vgl. Kopie des Kündigungsschreibens Bl. 3 d. A.).

Wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung stellte die Gemeinschuldnerin am 28.10.1994 den Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft.

Mit Beschluß vom 07.11.1994 (vgl. Kopie Bl. 11 d. A.) ordnete das Amtsgericht Mühlhausen die Gesamtvollstreckung über das Vermögen der Gesellschaft an und ernannte den Beklagten zum Gesamtvollstreckungsverwalter.

Zu diesem Zeitpunkt waren bei der Gemeinschuldnerin 75 Arbeitnehmer beschäftigt. Der weitaus größte Teil von ihnen wurde am 14.11.1994 von der Arbeit freigestellt. Nach der Behauptung des Beklagten wurde der Geschäftsbetrieb spätestens am 25.11.1994 eingestellt und nur noch Abwicklungsarbeiten durchgeführt. Mit Schreiben vom 19.11.1994 an den Betriebsrat (vgl. Kopie Bl. 59 d. A.) bat der Beklagte um Fixierung eines Interessenausgleichs und um Aufnahme von Gesprächen über den Abschluß eines Sozialplanes

Der Betriebsrat antwortete mit Schreiben vom 21.11.1994 (Kopie Bl. 60 d. A.) und führte unter Ziff. 3 aus:

Die Erzwingbarkeit des Abschlusses eines Sozialplanes ist ohnehin gegeben, auch wenn das gesetzlich vorgeschriebene Verfahren nach § 111 ff BetrVG nicht durchgeführt wurde.

Am 21.11.1994 stellte der Beklagte beim Arbeitsgericht Eisenach im Verfahren 3 BV 12/94 einen Antrag auf Bestellung eines Vorsitzenden für eine Einigungsstelle.

Nachdem der Vorsitzende Richter am Thüringer Landesarbeitsgericht … mit Vergleich vom 06.12.1994 zum Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellt worden war, fand die erste Sitzung der Einigungsstelle dann am 11.01.1995 statt.

Nach dem abgeschlossenen Sozialplan steht dem Kläger eine Abfindung in Höhe von DM 3.994,63 zu, die er zur Tabelle angemeldet hat. Im Bundesanzeiger Nr. 28 vom 06.12.1994 hat der Beklagte die Masseunzulänglichkeit angezeigt (vgl. Kopie Bl. 56 d. A.).

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, daß der Beklagte das im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehene Verfahren zum Abschluß eines Interessenausgleiches mit dem Betriebsrat über die Modalitäten der Beendigung der Arbeitsverhältnisse nicht bis zur Einigungsstelle durchgeführt habe und daß er deshalb unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Zahlung eines Nachteilsausgleichs nach § 113 Abs. 3 BetrVG schulde. Nach seiner Auffassung könnte dieser Anspruch gegenüber dem Beklagten direkt geltend gemacht werden, weil es sich um eine Massenforderung i. S. des § 13 Gesamtvollstreckungsordnung (GesO) handele, weil die Forderung auf einer dem Beklagten als Gesamtvollstreckungsverwalter zurechenbaren Handlung beruhe.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger eine Abfindung gem. § 113 BetrVG, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, entsprechend der vorhandenen Masse zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

hilfsweise:

festzustellen, daß die Abfindung gem. § 113 BetrVG, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, in der Rangklasse des § 17 Abs. 3 Nr. 1 GesO in der Tabelle festzustellen ist,

hilfsweise:

festzustellen, daß die Abfindung gem. § 113 BetrVG, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, in der Rangklasse des § 17 Abs. 3 Nr. 1 GesO in der Tabelle festzustellen ist.

Er hat die Auffassung vertreten, daß es ihm nicht möglich gewesen sei, die Kündigungen erst nach Abschluß eines Interessenausgleichsverfahrens auszusprechen, weil die dann drohenden weiteren Lohnansprüche als Masseschulden die Masse zu stark belastet hätten, sodaß mit der Einstellung des Verfahrens zu rechnen gewesen wäre und es somit für die Arbeitnehmer nur zum Nachteil gereicht hätte. Deshalb habe auf die Ausschöpfung des Interessenausgleichsverfahrens bis zur Anrufung der Einigungsstelle verzichtet werden müssen. Darüber hinaus habe auch der Betriebsrat auf den Abschluß eines Interessenausgleichs in seinem Schreiben vom 21.11.1994 verzichtet. Im übrigen sei es auch nach der GesO nicht angänglich, den Gesamtvollstreckungsverwalter direkt in Anspruch zu nehmen, weil nämlich der Anspruch auf Zahlung eines Nachteilsausgleichs keine Massenforderung sei, sondern gem. § 17 GesO zur Tabelle angemeldet werden müsse.

Das Arbe...

Dieser Inhalt ist unter anderem im TVöD Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge