Entscheidungsstichwort (Thema)
beharrliche Arbeitsverweigerung
Leitsatz (amtlich)
Im Streit über den Umfang des Direktionsrechts ist die vom Arbeitnehmer verweigerte Arbeitsaufnahme nur kündigungserheblich, wenn der Arbeitgeber die verlangte Arbeitsleistung konkretisiert.
Normenkette
BGB § 626; KSchG § 1
Verfahrensgang
ArbG Nordhausen (Aktenzeichen 3 Ca 84/01) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Nordhausen vom 26.04.2001 – 3 Ca 84/01 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung vom 19.01.2001.
Die Beklagte ist ein Bauunternehmen mit Betriebsstätte (Verwaltung und Bauhof) im thüringischen S.. Sie beschäftigte bei Kündigungsausspruch 31 Arbeitnehmer. Erstinstanzlich war unstreitig, daß ein Betriebsrat besteht. Der Kläger arbeitete dort jedenfalls ab 04.03.1991 – nach seiner Behauptung ab 01.08.1990 – gegen eine Stundenvergütung von zuletzt 23,72 DM brutto in der 39-Stunden-Woche. Die Parteien streiten darüber, ob er zuletzt als Polier (so der Kläger) oder als Vorarbeiter (so die Beklagte) beschäftigt wurde. Was genau sie darunter verstehen, ist offengeblieben. In den Lohnabrechnungen ist eine gewerbliche Tätigkeit ausgewiesen.
Im Oktober 2000 sollte der Kläger erstmals auf einer auswärtigen Baustelle – in H. – eingesetzt werden. Eine Auslöse wollte die Beklagte nicht zahlen. Der Kläger verweigerte deshalb den auswärtigen Einsatz. Mit der Begründung, eine Beschäftigungsmöglichkeit als Polier bzw. zweiter Polier gebe es nur in H., erklärte die Beklagte daraufhin mit Schreiben vom 30.10.2000 eine Änderungskündigung zum 28.02.2001, wonach der Kläger als Baufacharbeiter zu einem geringeren und noch auszuhandelnden Stundenlohn eingesetzt werden sollte. Der Kläger akzeptierte unter Vorbehalt und erhob am 13.11.2000 Änderungsschutzklage (Arbeitsgericht Nordhausen – 3 Ca 435/00). Nach Erkrankung und Urlaub wurde er zunächst mit Maurerarbeiten beschäftigt. Am 03.01.2001 erschien er weisungsgemäß am Betriebssitz, ging aber wieder. Sein Prozeßvertreter teilte der Beklagten mit Schreiben vom gleichen Tage mit (Bl. 37 d. A.), daß der Kläger sein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB ausübe, bis zum Ablauf der Kündigungsfrist am 28.02.2001 nur die vertragsgemäß zustehenden Arbeitsaufgaben als Polier übernehme und Umlagerungsarbeiten auf dem Bauhof ablehne. Die Prozeßvertretung der Beklagten forderte den Kläger mit Schreiben vom 12.01.2001 nochmals zur Arbeitsaufnahme am 15.01.2001 auf und drohte andernfalls die fristlose Kündigung wegen Arbeitsverweigerung an (Bl. 38 d. A.). Der Kläger antwortete über seine Prozeßvertretung mit Schreiben vom gleichen Tag (Bl. 102 d. A.), bot seine Arbeitskraft als Polier an und erklärte, daß er die ihm am 03.01.2001 zugewiesenen Umlagerungsarbeiten ablehne. Die Beklagte antwortete mit Schreiben ihrer Prozeßvertretung vom 15.01.2001 (Bl. 40 d. A.) und stimmte darin zu, daß der Kläger als Baufacharbeiter erst ab dem 01.03.2001 eingesetzt werden könne, er allerdings nicht unberechtigt die Arbeitsaufnahme verweigern dürfe. Mit Schreiben vom 16.01.2001 (Bl. 42 d. A.) erfolgte eine ultimative Arbeitsaufforderung zum 17.01.2001, nachdem der Kläger am 15.01.2001 im Betrieb zwar erschienen aber wieder gegangen war. Mit Schreiben vom 19.01.2001 kündigte die Beklagte fristlos, hilfsweise ordentlich zum 30.04.2001 (Bl. 2/3 d. A.). Die Kündigung vom 19.01.2001 ging dem Kläger nicht vor dem 25.01.2001 zu.
Am 15.02.2001 hat der Kläger Klage auf Feststellung erhoben, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 19.01.2001 nicht aufgelöst wurde, sondern auf unbestimmte Zeit fortbesteht. Das Arbeitsgericht hat dieser Klage mit Urteil vom 26.04.2001 antragsgemäß stattgegeben. Wegen des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird nach § 543 Abs. 1 ZPO ergänzend auf den Urteilstatbestand verwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, daß die Kündigung wegen fehlerhafter Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG unwirksam sei. Mit Urteil vom gleichen Tage hat das Arbeitsgericht mit gleicher Begründung auch der Änderungsschutzklage stattgegeben. Die Beklagte hat gegen beide am 14.06.2001 zugestellten Urteile am 16.07.2001, einem Montag, Berufung einlegen lassen, die am 16.08.2001 begründet wurde. Die Berufung im Änderungsschutzverfahren (7 Sa 264/01) wurde in der Berufungsverhandlung am 15.01.2002 zurückgenommen.
Die Berufung behauptet, die Betriebsratswahl habe ad hoc auf dem Sommerfest 1998 stattgefunden. Dort sei der Mitarbeiter W. als Sprecher und der Kläger als Vertreter gewählt worden. Sie meint, dieser nichtig gewählte Betriebsrat habe nicht nach § 102 BetrVG angehört werden müssen. Die Kündigung vom 19.01.2001 sei wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung wirksam. Auf richterlichen Hinweis – zugegangen am 12.10.2001 – behauptet sie mit Schriftsatz vom 09.01.2002 ergänzend, der Kläger habe im Januar 2001 auch vertragsgemäß eingesetzt werden können, da er ...