Rz. 175
Im Fall der Kündigungsschutzklage nach § 4 Satz 1 KSchG entscheidet das Arbeitsgericht ausschließlich über die Wirksamkeit einer konkreten Kündigung. Wird die Kündigungsschutzklage rechtskräftig abgewiesen, weil die Kündigung nach materiellem Recht wirksam ist oder der Arbeitnehmer nicht rechtzeitig nach §§ 4 ff. KSchG Kündigungsschutzklage erhoben hat, steht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund dieser Kündigung fest. Ist die Kündigung unwirksam, stellt das Arbeitsgericht fest, dass das Arbeitsverhältnis durch diese Kündigung nicht beendet wurde bzw. nicht beendet werden wird. Damit entscheidet das Arbeitsgericht auch darüber, ob überhaupt ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden hat.
Rz. 176
Hat der Arbeitnehmer neben der Kündigungsschutzklage eine zulässige allgemeine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO erhoben, erfasst ein positives Feststellungsurteil alle nach dem Vortrag der Parteien in Betracht kommenden Beendigungsgründe. Nach der hier vertretenen Auffassung gilt das in Bezug auf arbeitgeberseitige weitere Kündigungen jedoch nur, wenn der Vortrag des Arbeitnehmers in Bezug auf die weiteren Kündigungen jeweils noch in 1. Instanz die Qualität einer Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG erhält (vgl. Rz. 125).
Rz. 177
Eine Kündigungsschutzklage unterbricht oder hemmt die Verjährung von Vergütungsansprüchen und den Verlust von Ansprüchen auf Urlaub oder Urlaubsabgeltung nicht. Daran ist auch nach der Änderung der Rechtsprechung zur Behandlung von zweistufigen Ausschlussfristen (vgl. Rz. 179) festzuhalten.
Rz. 178
Mit der Erhebung einer Kündigungsschutzklage wahrt der Arbeitnehmer jedoch einstufige tarifliche oder vertragliche Ausschlussfristen, wonach Zahlungsansprüche formlos oder schriftlich innerhalb eines bestimmten Zeitraums geltend zu machen sind. Maßgeblich für die Wahrung der Ausschlussfrist ist dann der Zeitpunkt der Zustellung der Klageschrift an den Arbeitgeber. Nach dem 4. Senat des BAG soll § 167 ZPO nicht auf die außergerichtliche Geltendmachung einer tariflichen Ausschlussfrist anwendbar sein. Für die Fristwahrung bei einer tariflich notwendigen fristgebundenen Klageerhebung gilt aber die Rückwirkung der Zustellung nach § 167 ZPO.
Rz. 179
Zweistufige Ausschlussfristen zwingen den Arbeitnehmer, etwaige Zahlungsansprüche innerhalb einer bestimmten Frist auch gerichtlich geltend zu machen. Nach bisheriger Rechtsprechung des BAG ersetzte die Kündigungsschutzklage die Zahlungsklage grds. nicht. Das BVerfG sah darin allerdings eine Verletzung des Grundrechts auf einen effektiven Rechtsschutz nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG. Daraufhin hat das BAG mit zwei Urteilen vom 19.9.2012 entschieden, dass der Arbeitnehmer auch die 2. Stufe einer tariflichen Ausschlussfrist wahrt, wenn er rechtzeitig Kündigungsschutzklage erhebt. Damit kommt es nicht mehr darauf an, ob die zweistufigen Ausschlussfristen in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder in einem vorformulierten Standard-Arbeitsvertrag enthalten sind.
Die Erhebung der Kündigungsschutzklage verhindert nur das Erlöschen etwaiger Ansprüche, z. B. mögliche Vergütungsansprüche wegen Annahmeverzugs. Hingegen genügt sie nicht, um diese Ansprüche gerichtlich durchzusetzen. Hierfür muss der Arbeitnehmer eine bezifferte Zahlungsklage erheben. Durch die Kündigungsschutzklage wird also lediglich der Zeitraum für eine Zahlungsklage bis zur Grenze der Verjährung der Ansprüche erweitert.
Noch nicht geklärt ist, ob die Erhebung einer Kündigungsschutzklage auch dann ausreicht, wenn die Frist, innerhalb welcher der Arbeitnehmer seine Ansprüche gerichtlich geltend machen muss, erst mit rechtskräftigem Abschluss des Kündigungsrechtsstreits beginnt. Richtigerweise muss der Arbeitnehmer in diesem Fall eine Zahlungsklage erheben, um die 2. Stufe der Ausschlussfrist zu wahren.