Rz. 7
Betriebsratsmitglieder dürfen bei ordnungsgemäßer Tätigkeit nicht anders behandelt werden als andere Arbeitnehmer. Dies betrifft zum einen das Benachteiligungsverbot, das z. B. die Zuweisung einer weniger angenehmen Arbeit wegen der Betriebsratstätigkeit ausschließt. Dies umfasst auch das Verbot der Zuweisung eines Großraumbüros statt eines Büroraums mit 2 Arbeitsplätzen. Zum anderen darf die Unabhängigkeit der Amtsführung nicht durch eine Begünstigung der Amtsträger, z. B. durch eine sachlich nicht gebotene Höhergruppierung gegenüber anderen Arbeitnehmern, in Zweifel gestellt werden. So würde es gegen das Begünstigungsverbot verstoßen, wenn dem freigestellten Betriebsratsmitglied Kosten für die regelmäßigen Fahrten vom Wohnort zum Sitz des Betriebsrats als Ort der Leistungserbringung erstattet würden, auch wenn sich der Sitz des Betriebsrats nicht in der Betriebsstätte befindet, in der das Betriebsratsmitglied seine Arbeitsleistung zu erbringen hätte, wenn es nicht freigestellt wäre.
Rz. 8
Auch darf die berufliche Entwicklung des Arbeitnehmers nicht aufgrund der Amtsausübung für den Betriebsrat behindert werden. So verstößt eine von der Arbeitgeberin vorgenommene Auswahlentscheidung zwischen 2 geeigneten Bewerbern gegen das Benachteiligungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG, wenn eine Bewerberin ein freigestelltes Betriebsratsmitglied ist und die Arbeitgeberin bei dieser die Freistellung maßgeblich in ihre Auswahlerwägungen einbezogen hat.
Hinsichtlich der Beweislast hat das BAG entschieden, dass für das Vorliegen einer unzulässigen Benachteiligung das Betriebsratsmitglied grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast trägt. Im Rahmen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast darf der klagende Arbeitnehmer die Behauptung aufstellen, er sei wegen seiner Betriebsratstätigkeit nicht für die Stelle ausgewählt worden. Der Arbeitgeber muss sich zu dieser Behauptung wahrheitsgemäß erklären. Er hat seine Motive für die Auswahlentscheidung zugunsten eines anderen Bewerbers so konkret zu benennen, dass sich das Betriebsratsmitglied hierauf seinerseits einlassen kann. Das Ergebnis eines solchen Verfahrens ist angesichts einer so ausdifferenzierten Darlegungs- und Beweislast schwer zu prognostizieren.
Der Betriebsrat kann dann die Zustimmung zu der personellen Maßnahme gem. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG verweigern. Auch die Forderung des Geschäftsführers des Arbeitgebers, die Arbeitnehmerin habe als Bedingung für eine Stelle ihr Amt als Betriebsratsvorsitzende aufzugeben, verstößt gegen § 78 Satz 2 BetrVG.
Rz. 9
Ein wichtiger Teilbereich des Benachteiligungsverbotes sind Befristungen der Arbeitsverhältnisse von Betriebsratsmitgliedern. Hiergegen besteht kein besonderer Schutz, wie gegen Kündigungen. Das BAG hat hierzu grundsätzlich entschieden, dass solche Befristungen wirksam sind. Nur wenn feststeht, dass der Arbeitgeber den Abschluss eines Folgevertrags wegen der Betriebsratstätigkeit ablehnt, hat das Betriebsratsmitglied gemäß § 78 Satz 2 BetrVG i. V. m. § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 2, § 249 Abs. 1 BGB Anspruch auf Schadensersatz. Dieser ist im Wege der Naturalrestitution auf den Abschluss des verweigerten Folgevertrags gerichtet. Das LAG Berlin-Brandenburg hat diese Entscheidung angewandt und darüber hinaus festgestellt, dass sich auch aus der EGRL 14/2002 zum Mindestschutz für Arbeitnehmervertreter nichts anderes ergibt. Eine Benachteiligung liegt hingegen nicht vor, wenn der Arbeitgeber nachweisen kann, dass zum einen die Kontinuität der Betriebsratsarbeit nicht gefährdet ist, zum anderen die Betriebsratsmitglieder nicht grundsätzlich bei der Verlängerung von befristeten Verträgen oder Entfristung solcher Verträge unberücksichtigt bleiben und überdies die Auswahl der weiterbeschäftigten Personen nach einem von ihm erstellten Bewertungssystem erfolgt.
Rz. 10
Hinsichtlich der Höhe der einem freigestellten Betriebsratsmitglied zu zahlenden Vergütung gibt es eine aktuelle Leitentscheidung des BAG zum Thema Zulagen und Zuschläge, die auch angesichts der jüngsten Gesetzesänderung (s. hierzu i.E. Rz. 12) gilt. Auch hier wird eine hypothetische Betrachtung angestellt. Ermittelt wird, welches Arbeitsentgelt das Betriebsratsmitglied verdient hätte, wenn es keine Betriebsratstätigkeit, sondern seine berufliche Tätigkeit geleistet hätte. In der Zahlung der so ermittelten Vergütung liegt regelmäßig kein Verstoß gegen das Begünstigungsverbot. Diese Betrachtungsweise ist auch hinsichtlich Zulagen und Zuschlägen anzuwenden. Hierbei ist es unerheblich, ob die Betriebsratstätigkeit zu zuschlags- bzw. zulagenpflichtigen Zeiten erbracht wurde oder hätte erbracht werden müssen. Maßgeblich ist allein, ob bzw. in welchem Umfang das Betriebsratsmitglied ohne seine Betriebsratstätigkeit zu solchen Zeiten tatsächlich gearbeitet hätte. Dies gilt aber nur bei einer Monokausalität der Betriebsratstätigkeit für das Nichtleisten der entsprechenden Tätigkeit. Beruht dies auch auf einer anderen Ursache wie etwa einer einvernehmlic...