Vergütung von Betriebsräten: Was das Gesetz vorgibt

Der Bundestag hat einstimmig der Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes zugestimmt. Damit gibt es künftig klarere Regelungen für die Vergütung von Betriebsräten. Dies soll Unsicherheiten beseitigen, die im Rahmen der Auseinandersetzung um die zu hohe Vergütung von VW-Personalmanagern entstanden waren. 

Wenn Vorstände Betriebsräten überhöhte Bezüge gewähren, kann grundsätzlich der Untreue-Tatbestand erfüllt sein, stellte der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom 10. Januar 2023, Az: 6 StR 133/22 fest und hob die Freisprüche von vier VW-Managern auf. Das begründete der Gerichtshof damit, dass das Betriebsverfassungsgesetz ein Begünstigungsverbot für Betriebsräte vorschreibe. 

Nach dieser Entscheidung kürzten zahlreiche Arbeitgeber wegen möglicher rechtlicher Konsequenzen ihren Betriebsräten die Vergütung. Das führte wiederum zu zahlreichen Klagen der Betriebsräte gegen die Kürzung der Vergütung. Bei der Frage, wie sich die Vergütung von freigestellten Betriebsratsmitgliedern entwickeln darf, gab es daher eine große Unsicherheit.

Klarstellungen bei der Vergütung von Betriebsräten 

Um diese zu beseitigen, hat das Kabinett Anfang November 2023 das "Zweite Gesetz zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes" (BetrVG) auf den Weg gebracht. Mit dem Ziel, mehr Sicherheit für Betriebsräte und Arbeitgeber zu schaffen, enthält es Klarstellungen zur Betriebsratsvergütung, die im Prinzip die bisherige BAG-Rechtsprechung zu dieser Frage kodifizieren. Am 28. Juni 2024 hat der Bundestag das Gesetz einstimmig beschlossen. Was gilt nun also?

Mindestvergütung für Mitglieder des Betriebsrates

§ 37 BetrVG stellt klar, dass das Arbeitsentgelt von Betriebsratsmitgliedern nicht geringer bemessen werden darf als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmender mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Eine Erhöhung des Entgelts orientiert sich dabei an betriebsüblichen Karrieren von vergleichbaren Arbeitnehmenden.

Das neue Gesetz bildet die bestehende BAG-Rechtsprechung dahingehend ab, dass es die Regelungen in § 37 Abs. 4 BetrVG ergänzt, wonach bei der Bestimmung der vergleichbaren Arbeitnehmenden auf den Zeitpunkt der Übernahme des Betriebsratsamts abzustellen ist, "soweit nicht ein sachlicher Grund für eine spätere Neubestimmung vorliegt". Zudem ist nun gesetzlich festgelegt, dass Arbeitgeber und Betriebsrat in einer Betriebsvereinbarung ein Verfahren zur Festlegung vergleichbarer Arbeitnehmender regeln können.

Benachteiligungsverbot: betriebsübliche Beförderung berücksichtigen

Weiterhin wird nun in § 78 S. 3 BetrVG formuliert, dass eine Begünstigung oder Benachteiligung im Hinblick auf die gezahlte Betriebsratsvergütung nicht vorliegt, wenn "das Mitglied die für die Gewährung des Arbeitsentgelts erforderlichen betrieblichen Anforderungen und Kriterien erfüllt und die Festlegung nicht ermessensfehlerhaft erfolgt." Die Regelung zur Mindestvergütung des Betriebsratsmitglieds in § 37 Abs. 4 BetrVG ist insoweit nicht abschließend und auch eine höhere Vergütung ist möglich, wenn sie gerechtfertigt ist.

Vergütung von Betriebsräten: Allgemeine Grundsätze

Hintergrund der Neuregelung der Vorschriften im BetrVG war, dass die Bemessung der Vergütung insbesondere von freigestellten Betriebsräten im Betriebsverfassungsgesetz gar nicht oder nicht eindeutig geregelt ist. Das BAG hat hierzu in diversen Entscheidungen Grundsätze aufgestellt. Der BGH hatte in seinem Urteil jedoch engere Maßstäbe angelegt. Mit den Änderungen im Betriebsverfassungsgesetz wurden diese rechtlichen Unsicherheiten beseitig und die bisherige BAG-Rechtsprechung weitgehend festgelegt. 

Betriebsratstätigkeit ist prinzipiell unentgeltliches Ehrenamt

Das Betriebsverfassungsgesetz gibt vor, dass Betriebsratsmitglieder durch ihre ehrenamtliche Tätigkeit keine Vorteile, aber auch keine Nachteile haben sollen. Nach welchen rechtlichen Grundlagen wird also der Arbeitslohn für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen berechnet, wenn diese ihre Arbeit unterbrechen und sich ihren Aufgaben als Betriebsräte widmen? Und wie sieht es mit der Bestimmung des Lohns aus, wenn sich diese Mitarbeitenden ganz aus ihrem Job gelöst haben, weil sie auf Dauer für ihre Tätigkeit als Betriebsrat freigestellt worden sind?

Wer in Nachschlagewerken oder Kommentaren zum Betriebsverfassungsrecht nachschaut, wird erfahren, dass die Betriebsratstätigkeit gar nicht entlohnt wird. Das Gesetz bestimmt in § 37 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) lapidar: "Die Mitglieder des Betriebsrats führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt." Dabei ist unter Unentgeltlichkeit im Sinne des BetrVG zu verstehen, dass für die Betriebsratstätigkeit selbst kein Entgelt gezahlt werden darf. Dass ein Betriebsrat gleichwohl die Zeiten seiner Betriebsratstätigkeit vergütet bekommt, wird durch die Freistellungsregelung in § 37 Abs. 2 BetrVG erreicht. Darin heißt es, dass "Mitglieder des Betriebsrats von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien sind".

Schwierige Berechnung der Betriebsratsvergütung

Die Theorie der Unentgeltlichkeit könnte durchaus zur Vermutung führen: "Man muss doch einfach das Gehalt weiterzahlen." Wie immer besteht die Welt in der betrieblichen Praxis aber nicht nur aus Normalfällen, sondern ist gespickt mit Sonderfällen, zum Beispiel bei der Betriebsratstätigkeit außerhalb der persönlichen Arbeitszeit, während einer Eltern-, Krankheits- oder Urlaubszeit oder bei Schulungsmaßnahmen. Streitfragen sind bei all diesen Sonderfällen mit dem scheinbaren Grundsatz der "bezahlten Freistellung von der Arbeitspflicht" nicht zu lösen.

Benachteiligungsverbot: Auch der Normalfall hat Tücken

Auch in Fällen, in denen Betriebsratsmitglieder ausschließlich innerhalb ihrer vereinbarten Arbeitszeit tätig werden, ist Vorsicht angebracht. Der Grund liegt im strikt zu beachtenden Benachteiligungsverbot des § 78 BetrVG, der zu einer konsequenten Anwendung des Lohnausfallprinzips zwingt. Es ist also der Lohn zu ermitteln, der gezahlt worden wäre, wenn keine Unterbrechung wegen der Tätigkeit als Betriebsrat angefallen wäre.

So ist zum Beispiel bei Überstunden, die an einem konkreten Freistellungstag ohne die Freistellung angefallen wären oder bei "entgangenen" Zulagen stets der Grundsatz zu beachten: Im Freistellungslohn ist exakt das zu gewähren, was entstanden wäre, wenn die Tätigkeit nicht betriebsratsbedingt unterbrochen worden wäre. Bildlich gesprochen muss der Arbeitgeber beim Lohn für Betriebsräte stets als fiktive Berechnungsgrundlage den entsprechenden Mitarbeitenden als "Schattenabrechnung" führen.

Auch Betriebsrat profitiert von Entgelterhöhung

Kompliziert ist die rechtssichere Berechnung des Freistellungslohns dadurch, dass sich das Entgelt an einer weiteren Fiktion ausrichten muss. Es ist immer zu überlegen, ob der zu Beginn bestehende Verdienst im Verlauf der Betriebsratstätigkeit zu erhöhen ist. Dieser Gedanke ist wiederum auf das Benachteiligungsverbot zurückzuführen. Nach diesem Prinzip ist die oben erwähnte "Schattenabrechnung" immer dann mit einer Entgelterhöhung zu versehen, wenn die (fiktive) Beobachtung des "Schattens" zu einem Aufstieg führen würde.

Die Grundsätze, die das BAG in den vergangenen Jahren mit seiner Rechtsprechung zur Vergütung von Betriebsratsmitgliedern getroffen hat, entsprechen der Intention des Gesetzgebers. Mit der Ergänzung von § 78 BetrVG wird nun vor allem auch deutlich, dass sich die Höhe der Vergütung von Betriebsratsmitgliedern nicht nur nach § 37 Abs. 4 BetrVG richtet.


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