Hohe Abfindung führt nicht zur Begünstigung eines Betriebsrats
Betriebsratsmitglieder sollen durch die Ausübung ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt, aber auch nicht begünstigt werden. Dies ist in § 78 BetrVG festgelegt und soll die Unabhängigkeit ihrer Amtsausübung sichern. In der Praxis sind es oft zu hohe Gehaltszahlungen für Betriebsräte, die in der Diskussion stehen, eine unzulässige Betriebsratsbegünstigung zu sein. Im vorliegenden Fall, über den das BAG zu entscheiden hatte, lagen die Dinge jedoch anders: Hier klagte ein Betriebsratsmitglied auf Fortbestehen seines Arbeitsverhältnisses, weil es meinte, der zuvor abgeschlossene Aufhebungsvertrag sei – aufgrund der zu hohen Abfindung – als eine unzulässige Begünstigung nichtig.
Der Fall: Ex-Betriebsrat klagt auf Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses
Konkret war der Arbeitnehmer langjährig im Betrieb beschäftigt und mehrere Jahre bereits Vorsitzender des Betriebsrats. 2013 beendeten der Arbeitgeber und der Betriebsratsvorsitzende das Arbeitsverhältnis außergerichtlich mit einem Aufhebungsvertrag. Dieser beinhaltete unter anderem eine zweijährige Freistellung unter Vergütungsfortzahlung sowie eine Abfindung von 120.000 Euro.
Vorausgegangen war ein vom Arbeitgeber angestrengtes Verfahren, das die Zustimmung des Betriebsratsgremiums zur außerordentlichen Kündigung des Betriebsratsmitglieds ersetzen sollte. Die Kündigung erfolgte aus verhaltensbedingten Gründen, da der Vorwurf im Raum stand, der Betriebsratsvorsitzende habe seine Assistentin sexuell belästigt, was dieser bestritt.
Zu hohe Abfindung führt zu nichtigem Aufhebungsvertrag
Nach der Einigung per Aufhebungsvertrag legte der Betriebsrat 2013 seine Betriebsratstätigkeit nieder, nahm die Abfindung, um dann ein Jahr später den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend zu machen. Dazu führte er vor Gericht aus, der Aufhebungsvertrag sei nichtig, da er gegen das gesetzliche Begünstigungsverbot für Betriebsräte verstoße.
Insbesondere liege die vereinbarte Abfindungssumme deutlich über den nach dem Kündigungsschutz für Abfindungen vorgesehenen Höchstgrenzen von 15 Monatsvergütungen. Wegen des nichtigen Aufhebungsvertrags müsse das Arbeitsverhältnis fortbestehen.
Aufhebungsvertrag wirksam: Keine unzulässige Begünstigung des Betriebsrats
Die Klage blieb beim Bundesarbeitsgericht, wie bereits in den Vorinstanzen, ohne Erfolg. Das BAG stellte fest, dass der Aufhebungsvertrag zwischen Arbeitgeber und Betriebsratsvorsitzendem wirksam war. In der Urteilsbegründung teilte das Gericht mit, Zwar dürften Mitglieder des Betriebsrats wegen ihrer Betriebsratstätigkeit weder benachteiligt noch begünstigt werden. Vereinbarungen, die hiergegen verstoßen, seien folglich nach § 134 BGB nichtig.
Die Erfurter Richter verneinten aber im konkreten Fall einen Verstoß gegen das Begünstigungsverbot: Im Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit einem Betriebsratsmitglied liege regelmäßig keine unzulässige Begünstigung.
Sonderkündigungsschutz rechtfertigt günstigere Verhandlungsposition
Die günstigere Verhandlungsposition, die ein Betriebsratsmitglied in einem solchen Fall im Gegensatz zu einem Arbeitnehmer ohne Betriebsratsamt habe, sei im für Betriebsräte geltenden Sonderkündigungsschutz begründet. Gemäß § 15 KSchG und § 103 BetrVG gelten für den Arbeitgeber erschwerte Kündigungsmöglichkeit für Betriebsratsmitglieder.
Wenn daher der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit einem Betriebsratsmitglied verhaltensbedingt kündigen möchte, kann auch eine höhere Abfindungssumme gerechtfertigt sein. Zumal im vorliegenden Fall ja bereits die Gerichtsverfahren eingeleitet war, um die Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung zu ersetzen sowie und zumal eine Aufhebungsvereinbarung gegen Zahlung einer Abfindung bereits verhandelt und getroffen war.
Hinweis: BAG, Urteil vom 21.03. 2018, Az: 7 AZR 590/16, Vorinstanz: LAG Saarland, Urteil vom 22. 06. 2016, Az: 1 Sa 63/15
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