4.2.1 Die erste Sitzung des Wahlvorstands
Ist der Wahlvorstand ordnungsgemäß bestellt, hat der Vorsitzende diesen ohne Zeitaufschub, unverzüglich – ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 BGB) – zu einer ersten Sitzung einzuladen. Dem Vorsitzenden obliegen zudem die Leitung der Sitzung sowie die Vertretung des Wahlvorstands nach außen.
Der Wahlvorstand kann sich eine schriftliche Geschäftsordnung geben (§ 1 Abs. 2 WO BetrVG). Dies erscheint nur sinnvoll in zahlenmäßig großen Wahlvorständen oder wenn auf eine Geschäftsordnung früherer Wahlvorstände zurückgegriffen werden kann.
Die erste Sitzung des Wahlvorstands sollte in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers stattfinden können. Sie ist in der Regel während der Arbeitszeit durchzuführen. Es empfiehlt sich, dass der Vorsitzende eine Tagesordnung entwirft und zuvor (bestenfalls mit der Einladung) an die Mitglieder des Wahlvorstands verteilt.
4.2.2 Allgemeine Regeln für die erste und weitere Sitzungen des Wahlvorstands
Für die Sitzung und deren Verlauf sind nur wenige Regeln festgelegt. Im Übrigen ist die Gestaltung frei.
- Beschlüsse des Wahlvorstands kommen mit einfacher Stimmenmehrheit der stimmberechtigten Mitglieder zustande (§ 1 Abs. 3 Satz 1 WO BetrVG).
- Über jede Sitzung des Wahlvorstands ist eine Niederschrift aufzunehmen, die mindestens den Wortlaut der gefassten Beschlüsse enthält. Diese Niederschrift ist allerdings nur ein Beweismittel, keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die gefassten Beschlüsse. Sinnvollerweise sollte die Niederschrift aber darüber hinaus die nach der ersten Sitzung einzuleitenden Maßnahmen bereits protokollieren.
- Die Niederschrift ist vom Vorsitzenden und einem weiteren stimmberechtigten Mitglied des Wahlvorstands zu unterzeichnen (§ 1 Abs. 3 Satz 3 WO BetrVG).
Als Normalfall legt die Wahlordnung fest, dass Sitzungen des Wahlvorstands als Präsenzsitzungen abzuhalten sind (§ 1 Abs. 3 Satz 2 WO BetrVG). Gleichwohl sind auch Sitzungen per Video- oder Telefonkonferenz möglich (§ 1 Abs. 4 WO BetrVG). Ausdrücklich ausgeschlossen sind die modernen Kommunikationsmittel allerdings,
- soweit eingereichte Vorschlagslisten zu prüfen sind,
- soweit die Reihenfolge (Nummerierung) der Vorschlagslisten durch Losverfahren zu bestimmen ist
Wie das Losverfahren durchzuführen ist, ist nicht festgelegt. Es können also elektronische Verfahren verwendet werden – allerdings nur in einer Präsenzsitzung.
Soweit die Sitzungen über Video oder Telefon abgehalten werden, muss sichergestellt sein, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung nicht Kenntnis nehmen können (§ 1 Abs. 4 Satz 1 WO BetrVG). Die Sitzung darf nicht aufgezeichnet werden (§ 1 Abs. 4 Satz 2 WO BetrVG) – weder die per Video oder Telefon teilnehmenden Mitglieder noch die Sitzung insgesamt. Die per Video oder Telefon teilnehmenden Wahlvorstandsmitglieder müssen ihre Teilnahme in Textform bestätigen (§ 1 Abs. 4 Satz 3 WO BetrVG) – also beispielsweise durch E-Mail, Chatprogramm oder durch eine in ein Konferenzprogramm integrierte Bestätigungsfunktion – jedenfalls muss die Teilnahmebestätigung reproduzierbar, also auch speicherbar sein (§ 126b BGB). Die Teilnahmebestätigung ist der Niederschrift über die Sitzung beizufügen (§ 1 Abs. 4 S. 4 WO BetrVG).
Die Wahlvorstandsmitglieder sind nicht gehalten, aus Kostengründen weitestgehend Video- oder Telefonkonferenzsysteme zu nutzen (§ 1 Abs. 5 WO BetrVG), dazu unten Ziff. 9.
4.2.3 Erste Aufgaben des Wahlvorstands
Festlegung des Bereichs, in dem gewählt werden soll
In der Praxis hat es sich bewährt, wenn als 1. Tagesordnungspunkt die Festlegung des Bereichs, in dem gewählt werden soll, erfolgt. Der Wahlvorstand muss sich dann insbesondere um die Zuordnung der Betriebsteile und Kleinstbetriebe im Sinne von § 4 BetrVG im Klaren sein. Diese Zuordnung ist für die Betriebsratsfähigkeit des Betriebs und insbesondere auch für die Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder von Bedeutung.
Zu beachten ist dabei: Arbeitnehmer eines Betriebsteils, in dem kein eigener Betriebsrat besteht, können mit Stimmenmehrheit beschließen, dass sie an der Wahl des Betriebsrats im Hauptbetrieb teilnehmen (§ 4 Abs. 1 Satz 2 BetrVG). "Hauptbetrieb" ist nach dem Bundesarbeitsgericht der Betrieb, in dem die Leitungsfunktionen für den betreffenden Betriebsteil unter organisatorischer Zusammenfassung wahrgenommen werden. Damit wird es den Arbeitnehmern in einem verselbstständigten Betriebsteil an die Hand gegeben, durch einfache Abstimmungen bei der Bildung und Wahl des Betriebsrats im Hauptbetrieb teilzunehmen. "Hauptbetrieb "ist nach dem Bundesarbeitsgericht der Betrieb, in dem die Leitungsfunktionen für den betreffenden Betriebsteil unter organisatorischer Zusammenfassung wahrgenommen werden. Durch den Verweis in § 4 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbsatz BetrVG auf § 3 Abs. 3 Satz 2 BetrVG müssen mindestens 3 Wahlberechtigte oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft eine entsprechende Abstimmung beantragen. Darüber hinaus hat der Betriebsrat des Hauptbetriebs ein eigenständiges Initiativrecht, auch dieser kann die Abstimmung veranlassen (§ 4 Ab...