Wegen der sehr aufwendigen Stellenbewertung wird die Eingruppierung des Mitarbeiters, insbesondere bei nicht alltäglichen Aufgabenfeldern, in kleineren Verwaltungen/Einrichtungen/Betrieben ohne entsprechende Fachleute nicht selten nur grob geschätzt.
Das Ziel der Tarifvertragsparteien, ein objektivierbares Eingruppierungssystem zu gewährleisten, ist durch die Komplexität der Bewertung gefährdet. Selbst die unteren Arbeitsgerichte sind mit Eingruppierungen nach den Bestimmungen der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes zum Teil schlicht überfordert.
Dem TVöD-Anwender ist daher zu empfehlen, hinsichtlich der Eingruppierung von der Tarifautomatik des TVöD abzuweichen und stattdessen vereinfachende, einrichtungsbezogene Regelungen zur Zuordnung zu den Entgeltgruppen zu treffen.
Nach § 12 TVöD / TV-L ist der Beschäftigte in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Die sich aus der Vorschrift ergebende sog. Tarifautomatik führt in der Praxis zu einer Vielzahl von Anträgen auf Höhergruppierung, unter Umständen einer klageweisen Durchsetzung dieser Ansprüche.
In jedem Einzelfall ist aufgrund einer Stellenbewertung die Eingruppierung in eine Entgeltgruppe vorzunehmen (§ 12 TVöD /TV-L). Das Verfahren der Eingruppierung ist äußerst kompliziert, soweit die zu bewertende Tätigkeit auch nur in geringem Umfang von der Norm abweicht.
- Die in der Entgeltordnung erwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe (z. B. "gründliche, vielseitige Fachkenntnisse", "selbstständige Leistungen", "besonders verantwortungsvolle Tätigkeit", "besondere Schwierigkeit des Aufgabenkreises") sind wenig greifbar. Auch die Definitionen des Tarifvertrags sind zu allgemein und helfen dem Praktiker in der Personalverwaltung kaum weiter.
- Bereits die Ermittlung der auf die Tätigkeitsmerkmale entfallenden Zeitanteile ist häufig nicht objektiv, da der Beschäftigte in der Regel die Arbeitsvorgänge selbst erfasst. Damit besteht die Gefahr, dass höherwertige Tätigkeiten vom Umfang her überbewertet werden.
- Bei besonderen Tätigkeiten ist weitgehend unwägbar, was als "Arbeitsvorgang" im Sinne der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 12 TVöD / TV-L anzunehmen ist, welche Zusammenhangtätigkeiten mit in den Arbeitsvorgang einbezogen werden müssen.
- Eine nach TVöD zutreffende Eingruppierung führt in bestimmten Tätigkeitsbereichen schon seit längerer Zeit dazu, dass Bewerber durch das – im Vergleich zu manchem Arbeitgeber der Privatwirtschaft – niedrige Entgelt geradezu abgeschreckt werden. Dies z. B. im Bereich der Beschäftigten in der Informations- und Kommunikationstechnologie,, der Ingenieure oder sonstigen Fachkräfte.
- Auch erscheinen in der Praxis 15 – bzw. unter Berücksichtigung der Überleitungsregelungen sogar 17 – Entgeltgruppen nicht erforderlich. In zahlreichen Einrichtungen wird die Untergliederung in maximal sieben bis acht verschiedene Entgeltgruppen ausreichen.
Dem TVöD-Anwender wird empfohlen, die Tarifautomatik des § 12 TVöD / TV-L auszuschließen. Es erscheint sinnvoll, die Entgeltgruppen des TVöD / TV-L auf konkrete Tätigkeitsfelder der betroffenen Einrichtung zu beziehen.
Bei der Eingruppierung sollten arbeitsplatz- bzw. funktionsbezogene Zulagen des TVöD Berücksichtigung finden, die letztlich nur geschaffen wurden, weil die originäre TVöD-Eingruppierung offensichtlich nicht attraktiv genug ist.
Dies sind z. B. die – auch unter Geltung des TVöD noch zu berücksichtigenden –
- Zulagen für Pflege auf Intensiv-, Psychiatrie-, Geriatriestationen,
- Zulagen für Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst
- Heimzulage
- Meister-, Techniker-, Programmiererzulagen,
- Funktionszulagen, Schichtführerzulagen,
- Erschwernis- und Gefahrenzulagen.
Die so ermittelten, TVöD-nahen Vergütungs-/Entgeltgruppen werden mit dem Betriebs-/Personalrat in einer Betriebs-/Dienstvereinbarung festgelegt.