LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 30.7.2019, 5 Sa 233/18
Eine Versetzung wegen zwischenmenschlicher Konflikte kann zulässig sein.
Sachverhalt
Auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin, die bei dem Beklagten als Köchin beschäftigt ist, finden die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werks der Evangelischen Kirche in der jeweils gültigen Fassung Anwendung. Zwischen der Küchenleiterin und ihr kam es während der Arbeitszeit zu einer Auseinandersetzung; es ging hierbei um die Menge der angerührten Senfsoße und die Verwertung von Restkartoffeln. Seit diesem Tag war die Klägerin ununterbrochen arbeitsunfähig. Einige Zeit später versetzte der Beklagte die Klägerin in eine andere von ihm betriebene Küche in einer nahe gelegenen Stadt. Für die Fahrt dorthin benötigt die Klägerin etwa 50 Minuten statt bislang 20 Minuten.
Gegen diese Versetzung erhob sie nun Klage.
Die Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Gericht entschied, dass die Versetzung der Klägerin an einen anderen Standort weder gegen § 106 GewO, § 315 BGB noch gegen die Arbeitsvertragsrichtlinien verstoße.
Das LAG führte hierzu aus, dass nach § 106 Satz 1 GewO der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen könne, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt seien. Im vorliegenden Fall war ein Arbeitsort im Arbeitsvertrag der Klägerin nicht festgelegt. Zwar hörte der Dienstgeber die Klägerin entgegen § 7 Abs. 1 Satz 2 AVR-DD vor der Versetzung nicht an; die Verletzung dieser Pflicht führte jedoch nicht zur Unwirksamkeit der Versetzung; denn der Zweck dieser Anhörung, so das LAG, erfordere es nicht, im Falle einer Verletzung die Versetzung als unwirksam zu behandeln. Wenn ein Arbeitgeber mangels Anhörung ihm nicht bekannte Interessen des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt habe, trage dieser letztendlich selbst das Risiko, dass die Versetzung nicht billigem Ermessen entspreche; denn die Bestimmung des Leistungsorts nach billigem Ermessen verlange eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit.
Im vorliegenden Fall habe der Beklagte infolge der seit Längerem anhaltenden Konfliktlage ein berechtigtes Interesse an der Versetzung. Er sei hierbei nicht verpflichtet – soweit überhaupt möglich –, die Ursache des Streits oder einen Verantwortlichen hierfür zu ermitteln und aufzuklären. Zudem sei es der Klägerin nicht unzumutbar, ihre Arbeitsleistung in der nahe gelegenen Stadt zu erbringen.