BAG, Urteil v. 21.5.2019, 2 AZR 26/19
Amtliche Leitsätze
Hat der Arbeitnehmer ein mit der Kündigung verbundenes Angebot des Arbeitgebers zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen unter dem Vorbehalt des § 2 KSchG angenommen, genügt es zur Vermeidung der Rechtsfolgen des § 7 KSchG, wenn er innerhalb der Klagefrist Kündigungsschutzklage nach § 4 Satz 1 KSchG erhebt und den Antrag später entsprechend § 4 Satz 2 KSchG fasst.
Sachverhalt
Die Beklagte sprach dem Kläger am 27.12.2017 eine Änderungskündigung aus. Dieser war ursprünglich nach dem Anstellungsvertrag als "Automatentechniker" eingestellt. Spätestens ab dem Jahr 2014 war er für die Beklagte als Kassierer tätig. Ihm wurde nun aufgrund der Änderungskündigung die Tätigkeit als "Servicemitarbeiter" angeboten. Das Änderungsangebot nahm dieser mit einem der Beklagten am 10.1.2018 zugegangenen Schreiben vom 9.1.2018 unter Vorbehalt an. Mit der am 9.1.2018 beim Arbeitsgericht eingegangenen, der Beklagten am 16.1.2018 zugestellten Klage hat der Kläger Kündigungsschutzklage erhoben. Diese Klage war mit keinerlei Hinweisen versehen, dass es sich hierbei um eine Änderungskündigung gehandelt hatte. Dieser Hinweis erfolgte erst mit Schriftsatz vom 17.1.2018, der beim Arbeitsgericht am 22.1.2018 eingegangen ist.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt mit der Begründung, der vom Kläger innerhalb der 3-Wochen-Frist allein gestellte Kündigungsschutzantrag könne nicht in einen Änderungsschutzantrag umgedeutet werden.
Die Entscheidung
Die Klage hatte Erfolg. Das Gericht entschied, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Änderungskündigung sozial ungerechtfertigt und damit rechtsunwirksam sei, da das Änderungsangebot nicht hinreichend bestimmt gewesen sei.
Zunächst war die Klage zulässig erhoben worden. Zwar war der Antrag des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht nicht eindeutig gewesen; jedoch seien Prozesshandlungen wie Willenserklärungen auslegungsfähig. Die Auslegungsregeln des materiellen Rechts gelten grundsätzlich entsprechend. Vorliegend entsprach es nach Auffassung des Gerichts erkennbar dem Rechtsschutzziel des Klägers, einen Änderungsschutzantrag gem. § 4 Satz 2 KSchG zu stellen.
Des Weiteren war die Klage nicht schon deshalb unbegründet, weil die (Änderungs-)Kündigung nach § 7 Halbsatz 1 KSchG als von Anfang an rechtswirksam gelte und der vom Kläger nach § 2 KSchG erklärte Vorbehalt gem. § 7 Halbsatz 2 KSchG erloschen wäre; denn dieser hatte nach Auffassung des BAG ihre Rechtsunwirksamkeit i. S. v. § 7 Halbsatz 1 KSchG rechtzeitig geltend gemacht. Zur Vermeidung der Rechtsfolgen des § 7 KSchG sei es, so das BAG, ausreichend, dass der Kläger innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Änderungskündigung eine Kündigungsschutzklage erhoben und den Klageantrag im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht auf einen Antrag nach § 4 Satz 2 KSchG umgestellt hat; dies ergebe die Auslegung von § 7 Halbsatz 1 KSchG.
Des Weiteren führte das Gericht für das Änderungsangebot aus, dass dieses so konkret gefasst sein müsse, dass es der Arbeitnehmer ohne Weiteres annehmen könne; denn diesem müsse klar sein, welche Vertragsbedingungen künftig gelten sollen, sodass er eine abgewogene Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung des Angebots treffen könne. Im Interesse der Rechtssicherheit, so das Gericht, müsste deshalb das Änderungsangebot zweifelsfrei klarstellen, zu welchen Vertragsbedingungen das Arbeitsverhältnis künftig fortbestehen solle. Daran fehlte es im vorliegenden Falle; denn bei der Beklagten gab es 2 verschiedene Tätigkeitsbilder von "Servicemitarbeitern". Und welche dieser Tätigkeiten vom Kläger zukünftig geschuldet sein sollte, hatte sich aus dem Änderungsangebot nicht ergeben.