Soweit die Weisung nur eine individuelle Konkretisierung der Leistungserbringung zum Inhalt hat, besitzt sie keine mitbestimmungsrechtliche Relevanz. Betrifft die Weisung jedoch auch den arbeitsorganisatorischen und sozialen Bereich, ist in vielen Fällen auch die Mitbestimmung der Arbeitnehmervertretung erforderlich (Mitbestimmung). Zu den Kernbereichen der Mitbestimmung zählen die Lage der Arbeitszeit, die eingruppierungsrelevante Zuweisung einer Tätigkeit sowie eine nachträgliche wesentliche Änderung der Arbeitsbedingung für den Beschäftigten, wie bei einer Abordnung oder Versetzung. Hierzu benötigt der Arbeitgeber sowohl im Bereich des Betriebsverfassungsrechts als auch des Personalvertretungsrechts in unterschiedlichem Umfang die Zustimmung der Arbeitnehmervertreter. Bei solchen Entscheidungen kann daher auch nicht eine Ersatzleistungsbestimmung durch das Gericht nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB erfolgen.
Das Mitbestimmungsrecht besteht vor allem in Angelegenheiten, die eine Vielzahl von Beschäftigten gleichförmig betreffen. Einzelanweisungen unterliegen hingegen, mit Ausnahme der gesetzlich geregelten Einzelfälle, nicht der Mitbestimmung. Die Regelungsfrage muss daher über eine ausschließlich einzelfallbezogene Rechtsausübung hinausgehen und kollektive Interessen der Arbeitnehmer des Betriebs berühren. Dafür reicht es nicht, wenn der Arbeitgeber nur in engem zeitlichem Zusammenhang gleichförmige Weisungen erteilt, die jedoch auf unterschiedlichen, individuellen Sachverhalten beruhen.
Die Arbeitgeberin erteilte insgesamt 17 Beschäftigten die gleichlautende schriftliche Anordnung, dass die Beschäftigten dazu verpflichtet sind, jede Krankmeldung durch ein ärztliches Attest – vom ersten Fehltag an – im Service Center Personal vorzulegen.
Ein kollektiver Bezug dieser Maßnahmen ist nicht schon aus der Gleichförmigkeit des Inhalts, der Form und des ihnen jeweils vorausgehenden Verfahrens gegeben. Damit hat der Arbeitgeber – für sich genommen – noch keine über eine einzelfallbezogene Rechtsausübung hinausgehende abstrakte Regel aufgestellt, die auch für künftige Fälle anzuwenden wäre.
Der Betriebsrat hat gegen den Arbeitgeber grundsätzlich einen Unterlassungsanspruch nach § 87 Abs. 1 BetrVG, wenn sein Mitbestimmungsrecht in sozialen Angelegenheiten verletzt worden ist. Diesen kann nur in besonders schwerwiegenden und eng begrenzten Ausnahmefällen der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung nach § 2 Abs. 1 BetrVG entgegenstehen. Ohne eine entsprechende Zustimmung des Betriebsrats darf der Arbeitgeber seine Weisung nicht durchsetzen.
Dabei kommt es weder auf die Art noch auf den Hintergrund der Weisungserteilung an. Um mitbestimmungspflichtiges Ordnungsverhalten geht es daher auch, wenn der Arbeitgeber seine Beschäftigten anweist, sich nach den in einem Kundenbetrieb bestehenden Regeln zu verhalten. Der Arbeitgeber übernimmt in einem solchen Fall die Verhaltensregelungen des Kunden und gibt sie seinen Beschäftigten vor.
Beispiel
Der Arbeitgeber weist seinen Beschäftigten an, sich in einem Kundenbetrieb der dort eingerichteten biometrischen Zugangskontrolle (Fingerabdruckerfassung) zu unterziehen.
Häufig wird das Weisungsrecht durch Dienst- oder Betriebsvereinbarungen näher ausgestaltet (siehe Punkt 2.3). Im Rahmen der kollektivrechtlichen Regelung bedarf es dann keiner Mitbestimmung der Personalvertretung mehr oder der Arbeitgeber hat zur Gänze auf sein Weisungsrecht zugunsten der feststehenden Regelung verzichtet (siehe Punkt 4.5).
Werden Beschäftigte für besondere Aufgaben an andere Arbeitgeber abgestellt oder überlassen, wird in der Regel auch das Weisungsrecht zumindest in fachlichen Dingen übertragen. In diesen Situationen ist fraglich, welche Arbeitnehmervertretung dann für die Mitbestimmung zuständig ist. Dies richtet sich nach dem Zweck des Beteiligungsrechts und danach, welche Belange und welche Interessen der Beschäftigten berührt werden. Die Zuständigkeit bezüglich der überlassenen Beschäftigten hängt damit vom Gegenstand des Mitbestimmungsrechts und der darauf bezogenen Entscheidungsmacht ab. Verbleiben bei dem abgebenden Arbeitgeber die den Bestand und den Inhalt des Arbeitsverhältnisses betreffenden materiellen Entscheidungsbefugnisse, ist die bei ihm errichtete Arbeitnehmervertretung bei der Ausübung solcher Befugnisse zu beteiligen. Beim aufnehmenden Arbeitgeber (Weisungsberechtigten) kommen vor allem Beteiligungsrechte der Arbeitnehmervertretung bezüglich der zugewiesenen bzw. überlassenen Beschäftigten in Betracht. Soweit in personellen und sozialen Angelegenheiten tatsächlich materielle Arbeitgeberfunktionen wahrgenommen werden und damit die für die Ausübung des Beteiligungsrechts wesentlichen Konfliktlagen auftreten, ist die dort gebildete Arbeitnehmervertretung zuständig und vertritt insoweit die Interessen der zugewiesenen Beschäftigten. Ob es sich um eine Arbeitnehmervertretung nach Betriebsverfassungsrecht oder Personalvertretungsrecht handelt, ist hie...