LAG Köln, Urteil vom 20.6.2024, 6 Sa 632/23
Leitsatz (amtlich)
Der Text "erste Führungserfahrung" in einer Stellenausschreibung verweist nicht auf einen bestimmten Lebenszeitkorridor und stellt somit kein vermutungsbegründendes Indiz für eine Benachteiligung wegen des Alters dar.
Sachverhalt
Im vorliegenden Fall suchte die Beklagte per Stellenausschreibung eine/n Managementtrainer/-in mit Vertriebsverantwortung (m/w/d). Es hieß zudem, dass "erste Erfahrungen in Führungspositionen" erwünscht seien. Der 56jährige Kläger, der sich ohne Erfolg auf diese Anzeige beworben hatte, sah sich wegen seines Alters, insbesondere durch diese Formulierung, diskriminiert und klagte auf Entschädigung bzw. Schadensersatz nach § 15 AGG. Er brachte vor, dass durch diese Vorgabe die Beklagte einen gewünschten Alterskorridor vorgegeben hatte, wonach die Bewerber ca. 38–42 Jahre alt sein sollten, während alle übrigen Bewerber, die also entweder jünger oder – wie er – älter seien, direkt aus dem Bewerbungsverfahren aussortiert würden; denn jüngere Bewerber könnten in den deutschen stark von Hierarchie geprägten Unternehmen noch über keine Erfahrungen in Führungspositionen verfügen, und ältere Bewerber wie er würden nicht in die engere Wahl einbezogen werden, weil diese bereits über eine langjährige Berufserfahrung in Führungspositionen verfügten.
Die Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg.
Nach Auffassung des Gerichts wurde der Kläger nicht wegen seines Alters diskriminiert.
Es führte aus, dass die Formulierung "erste Erfahrung in Führungspositionen" weder unmittelbar noch mittelbar an das Alter einer Person anknüpfe, denn 1. Führungserfahrung könnten in jedem Alter gemacht werden. Zudem gebe es keinen allgemeinen Erfahrungssatz, wonach in deutschen Unternehmen erste Führungserfahrungen erst nach mehreren Jahren gesammelt werden könnten und der vom Kläger bezeichnete Zeitraum – "38 bis 42 Lebensjahre" – finde keine erkennbare Wurzel in der Lebenswirklichkeit. Als Beispiel nannte das Gericht z. B. eine 18-jährige Soldatin, welche als Gruppenführerin erste – möglicherweise sogar sehr intensive – Führungserfahrung habe, während ein 60-jähriger, der 40 Jahre Selbstständigkeit hinter sich habe und seit einem Jahr im Angestelltenverhältnis mit 5 Mitarbeitenden tätig sei, unter dem Blickwinkel "Führungserfahrung" nicht mehr zu bieten habe, aber gerade dies: erste Führungserfahrung.
Somit fehle es vorliegend bereits an einem Indiz für eine Diskriminierung im Sinne des § 22 AGG.