BAG: Keine Entgeltfortzahlung bei Kur mit Urlaubsfeeling
Das Bundesarbeitsgericht bestätigte mit seinem Urteil die vorinstanzliche Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen. Die BAG-Richter lehnten im konkreten Fall einen Entgeltfortzahlungsanspruch einer Mitarbeiterin während einer Kur auf Langeoog ab.
Der Fall: Erholungsurlaub oder gezielte therapeutische Maßnahme?
Geklagt hatte eine seit 2002 beim Land Niedersachsen beschäftigte Köchin. Sie unterzog sich vom 4. bis zum 24. Oktober 2013 einer von der AOK Niedersachsen bezuschussten ambulanten Kur auf der Insel Langeoog. Im dortigen Kur- und Wellnesscenter erhielt sie nach ihrem Vorbringen insgesamt 30 Anwendungen, nämlich je sechs Meerwasserwarmbäder, Bewegungsbäder, Massagen, Schlickpackungen und Lymphdrainagen. Außerdem sollte sie täglich in der Brandungszone inhalieren. Ihr Arbeitgeber, das beklagte Land Niedersachsen weigerte sich im Vorfeld, die Arbeitnehmerin für die Dauer der Kur unter Fortzahlung ihrer Vergütung freizustellen. Daraufhin beantragte die Köchin Urlaub, der ihr bewilligt wurde. Mit ihrer Klage hat sie geltend gemacht, der genommene Urlaub dürfe nicht auf den Urlaubsanspruch angerechnet werden.
LAG: Erholungskur mit urlaubsmäßigem Zuschnitt
Bereits das LAG Niedersachsen hatte die Berufung zurückgewiesen und festgestellt: Keine medizinischen Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahmen im Sinne des § 9 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) sind sogenannte Erholungskuren, die ohne akuten Krankheitsanlass nur der Vorbeugung gegen allgemeine Abnutzungserscheinungen oder der bloßen Verbesserung des Allgemeinbefindens dienen beziehungsweise die in einem urlaubsmäßigen Zuschnitt verbracht werden können.
Die Klägerin habe jedoch gerade nicht nachvollziehbar dargelegt, dass es sich im konkreten Fall nicht um eine solche Erholungskur handelte, sondern dass ihr ein akuter Krankheitsanlass zugrunde lag, begründeten die LAG-Richter ihre Entscheidung. Vielmehr weise der Kuraufenthalt einen urlaubsmäßigen Zuschnitt auf, was einer Maßnahme im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) entgegenstehe. Bei nur wenigen Anwendungen pro Tag habe die Klägerin im Wesentlichen ihren dreiwöchigen Aufenthalt auf Langeoog wie einen Erholungsurlaub frei gestalten können.
Letztlich genügten die vorgelegten ärtzlichen Bescheinigungen nicht, "um dem Gericht eine Abgrenzung zwischen der bloßen Erholungskur und der gezielten therapeutischen Maßnahme in Sinne von § 23 Abs. 1 SGB V zu ermöglichen", schreiben die LAG-Richter in ihrer Urteilsbegründung.
Auch BAG sieht keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung
Auch die Revision der Arbeitnehmerin blieb erfolglos. Die BAG-Richter folgten im Ergebnis der Entscheidung des LAG. Sie führten in ihrem Urteil aus, dass Maßnahmen der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation nach § 10 Bundesurlaubsgesetz nicht auf den Urlaub angerechnet werden dürfen, wenn ein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts nach den gesetzlichen Vorschriften über die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall besteht.
Die entsprechenden Voraussetzungen von § 9 Abs. 1 Satz 1 EFZG sahen sie aber - ebenso wie das LAG - als nicht gegeben an. Danach dürfe die vom Träger der Sozialversicherung oder einem sonstigen Sozialleistungsträger bewilligte ambulante Vorsorgekur in einer Einrichtung der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation durchgeführt werden und keinen urlaubsmäßigen Zuschnitt haben.
Genügt Einrichtung den Anforderungen des § 107 Abs. 2 SGB V?
Ob eine Einrichtung der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation vorliegt, bestimmt sich nach der sozialrechtlichen Legaldefinition in § 107 Abs. 2 SGB V, denn die Neuformulierung des § 9 EFZG sollte auch der formalen Anpassung an die sozialversicherungsrechtlichen Regelungen dienen. Der Kur-und Wellnesscenter auf Langeoog genügte den Anforderungen offensichtlich nicht.
Hinweis: BAG, Urteil vom 25. Mai 2016, Az. 5 AZR 298/15; Vorinstanz: LAG Niedersachsen, Urteil vom 27. März 2015, Az. 10 Sa 1005/14
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