Leitsatz (amtlich)
Eine Abstandszahlung aufgrund eines Rücktritts von einem Vorvertrag über den Kauf eines Einfamilienhauses gehört nicht zu den Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Das gilt auch dann, wenn später ein anderes Haus erworben wird.
Normenkette
EStG § 9
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden.
Am 22. Juli 1979 schlossen sie einen privatschriftlichen Vorvertrag, der die unwiderrufliche Verpflichtung zum Abschluß eines notariellen Kaufvertrags über das mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück in A, B-Straße 1, enthielt. Zur gegenseitigen Absicherung der Vertragsparteien wurde in dem Vorvertrag eine Vertragsstrafe in Höhe von 10 000 DM festgesetzt. Diese sollte von derjenigen Vertragspartei zu zahlen sein, die den Abschluß des notariellen Vertrags verweigerte.
Die Kläger hatten den Vorvertrag geschlossen, ohne das Haus vorher in Augenschein zu nehmen. Bei der späteren Besichtigung des Objekts zeigte sich, daß dieses wesentliche Mängel aufwies, die nur mit einem unverhältnismäßigen Kostenaufwand hätten beseitigt werden können. Aus diesem Grunde erklärten die Kläger den Rücktritt vom Vorvertrag. Sie zahlten an den Veräußerer eine Vertragsstrafe von 8 000 DM.
In der Folgezeit beabsichtigten die Kläger, ein anderes Objekt zu erwerben. Dabei ergab sich für sie die Möglichkeit, von der Mutter der Klägerin das Hausgrundstück in A, C-Straße 2, zu kaufen. Die Klägerin schloß am 28. November 1979 einen entsprechenden notariellen Kaufvertrag.
Die Kläger machten die als Vertragsstrafe gezahlten 8 000 DM in ihrer Einkommensteuererklärung 1979 bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) ließ diese Aufwendungen nicht zum Abzug zu. Der Einspruch blieb im Streitpunkt erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) setzte die Einkommensteuer 1979 entsprechend dem Begehren der Kläger herab. Es führt aus, die Aufwendungen der Kläger im Zusammenhang mit dem Rücktritt vom Vorvertrag über den Erwerb eines Einfamilienhauses seien als sofort abziehbare Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen.
Die Notwendigkeit der Zahlung der Abstandssumme sei auf den Entschluß der Kläger zurückzuführen, ein Einfamilienhaus zu erwerben. Dieses hätte der Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung gedient. Die umstrittenen Aufwendungen stünden damit im Zusammenhang mit erstrebten steuerpflichtigen Einnahmen i. S. von § 21 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Ohne Bedeutung sei hierbei, daß das im Vorvertrag bezeichnete Einfamilienhaus von den Klägern nicht erworben wurde und es mithin nicht zur Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung verwandt werden konnte. Auch Kosten aufgrund des Rücktritts vom Vertrage seien als Werbungskosten abziehbar, denn ein Rücktritt sei stets der mögliche Schlußpunkt eines Handlungsablaufs, der durch die Absicht der Einkunftserzielung eingeleitet wurde. Der Grundsatz der steuerlichen Gleichbehandlung werde verletzt, wenn die Abzugsfähigkeit bei Überschußeinkünften nur unter engeren Voraussetzungen als bei den Gewinneinkünften zugelassen werde. Die Aufwendungen seien im Streitjahr voll abziehbar, da feststehe, daß es zu keiner Verteilung des Aufwandes nach den in § 9 Abs. 1 Nr. 7 EStG genannten Vorschriften komme. Der Entschluß zum Erwerb des der Mutter der Klägerin gehörenden Hausgrundstücks sei erst gefaßt worden, nachdem der Vorvertrag gekündigt worden war.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung des § 9 EStG. Das FG sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß der an den Veräußerer gezahlte Betrag von 8 000 DM zu den Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gehöre; die Abstandszahlung sei nicht auf die Erzielung von Einkünften gerichtet gewesen.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen. Sie halten daran fest, daß die Aufwendungen für die Auflösung des Vorvertrags sofort abziehbare Werbungskosten seien.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage. Die Zahlung der Abstandssumme an den Veräußerer durch die Kläger gehört nicht zu den Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Dabei können die Werbungskosten schon zu einem Zeitpunkt anfallen, in dem mit dem Aufwand zusammenhängende Einnahmen noch nicht erzielt werden.
Voraussetzung für die Anerkennung solcher vorab entstandener Werbungskosten ist allerdings, daß ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart, in deren Rahmen ein Abzug begehrt wird, besteht (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 6. März 1975 IV R 146/70, BFHE 115, 438, BStBl II 1975, 574; vom 22. April 1975 VIII R 110/70, BFHE 115, 479, BStBl II 1975, 663; vom 15. Dezember 1981 VIII R 107/79, BFHE 135, 431, BStBl II 1982, 495). Ein solcher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und späteren Einkünften besteht von dem Zeitpunkt an, zu dem sich anhand objektiver Umstände feststellen läßt, daß ein Steuerpflichtiger den Entschluß, durch die Errichtung oder den Erwerb eines Gebäudes die Einkunftsart Vermietung und Verpachtung zu begründen, endgültig gefaßt hat (BFH-Urteile vom 13. November 1973 VIII R 157/70, BFHE 110, 556, BStBl II 1974, 161; vom 10. März 1981 VIII R 195/77, BFHE 133, 189, BStBl II 1981, 470).
Die Aufwendungen können selbst dann abziehbar sein, wenn es entgegen den Planungen des Steuerpflichtigen nicht zu Einnahmen kommt, sofern nur eine erkennbare Beziehung zu den angestrebten Einkünften besteht (BFH-Urteile in BFHE 110, 556, BStBl II 1974, 161; vom 14. Februar 1978 VIII R 9/76, BFHE 125, 153, BStBl II 1978, 455; vom 25. Juli 1978 VIII R 42/76, BFHE 126, 18, BStBl II 1979, 14; vom 9. September 1980 VIII R 44/78, BFHE 131, 479, BStBl II 1981, 418). Nicht abziehbar sind Aufwendungen, die sich auf die Anschaffung des Grund und Bodens beziehen, oder Aufwendungen, die zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines anderen als des ursprünglich geplanten Hauses gehören (BFHE 125, 153, BStBl II 1978, 455; BFHE 126, 18, BStBl II 1979, 14; BFHE 131, 479, BStBl II 1981, 418).
Das FG ist von diesen Grundsätzen ausgegangen. Es hat aber zu Unrecht angenommen, daß die Zahlung des Betrags von 8 000 DM zu den Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gehört.
Der Senat verkennt nicht, daß Aufwendungen aus Anlaß der Beendigung einer Tätigkeit Werbungskosten sein können. So können z. B. die Kosten der Abwicklung eines Pachtvertrags oder der Beendigung eines Arbeitsvertrags als Werbungskosten abziehbar sein, obwohl diese Ausgaben nicht mehr zur Erzielung von Einnahmen führen. Es stellt aber, wie der Senat in seinem Urteil in BFHE 135, 431, BStBl II 1982, 495 ausgeführt hat, eine Überspannung des Begriffs der vorab entstandenen Werbungskosten dar, wenn in der Vorbereitungsphase einer Tätigkeit auch solche Aufwendungen abziehbar sein sollen, die bereits der Beendigung der Tätigkeit dienen. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der steuerlichen Gleichbehandlung gegenüber dem betrieblichen Bereich kann darin schon deshalb nicht gesehen werden, weil Vermögensmehrungen und Vermögensminderungen zwar im betrieblichen Bereich, nicht aber - von Ausnahmen abgesehen - im privaten Bereich bei der Besteuerung zu berücksichtigen sind.
Die Zahlung des Betrags von 8 000 DM an den Veräußerer war nicht auf die Vorbereitung und Aufnahme einer Tätigkeit gerichtet, aus der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt werden sollten. Sie war vielmehr durch eine Handlung ausgelöst, welche die Aufnahme einer auf die Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gerichteten Tätigkeit verhindern sollte. Die Vertragsstrafe wurde fällig, weil die Kläger nicht bereit waren, den notariellen Vertrag über den Erwerb des Einfamilienhauses, aus dem die Einkünfte erzielt werden sollten, zu unterzeichnen und vom Vorvertrag zurückgetreten waren.
Die Klägerin hat zwar später ein anderes Haus gekauft. Durch den Erwerb dieses Hauses wandelte sich nicht der Charakter der Zahlung an den Veräußerer des Objekts, das zunächst erworben werden sollte. Sie blieb die Leistung einer Abstandssumme, zu deren Entrichtung sich die Kläger in der Vorbereitungsphase verpflichtet hatten.
Die Zahlung kann nicht bei den Werbungskosten des später erworbenen Hauses berücksichtigt werden. Anders als Reisekosten, die einem Steuerpflichtigen auf der Suche nach einem zum Kauf geeigneten Haus entstehen und die häufig einem bestimmten Objekt noch nicht zugeordnet werden können (vgl. BFH-Urteil vom 10. März 1981 VIII R 195/77, BFHE 133, 189, BStBl II 1981, 470), hängt die Zahlung einer Abstandssumme mit einem bestimmten Objekt zusammen, so daß sie auch nur bei der Ermittlung der Einkünfte aus diesem Objekt berücksichtigt werden darf (vgl. auch die BFH-Urteile vom 15. Januar 1980 VIII R 70/78, BFHE 130, 147, BStBl II 1980, 348, und vom 18. November 1980 VIII R 194/78, BFHE 132, 522, 528, BStBl II 1981, 510 zum Abzug von Schuldzinsen). Bei den Kosten für den Abbruch eines zum Privatvermögen gehörenden Gebäudes ist der BFH ebenfalls davon ausgegangen, daß die Kosten nur abziehbar sind, wenn das neue Gebäude auf dem gleichen Grundstück errichtet wird, auf dem das abgebrochene Gebäude stand. Die Errichtung eines Gebäudes auf einem anderen Grundstück reicht nicht aus, um die Abziehbarkeit der Abbruchkosten zu begründen (Urteil vom 6. März 1979 VIII R 110/74, BFHE 127, 510, BStBl II 1979, 551).
Fundstellen
Haufe-Index 74928 |
BStBl II 1984, 307 |
BFHE 1984, 216 |
NJW 1985, 224 |