Das NachwG enthielt bisher keine Sanktionen für den Fall, dass der Arbeitgeber seine Nachweispflicht nicht oder nicht ordnungsgemäß erfüllt. Dennoch kamen folgende Rechtsfolgen in Betracht, wenn der Arbeitgeber seinen Verpflichtungen nicht oder nicht vollständig nachkam:

  • Erfüllungs- bzw. Berichtigungsanspruch auf Erteilung bzw. Korrektur eines Nachweises;
  • Schadensersatzanspruch wegen unterlassener oder unrichtiger Angaben;
  • Zurückbehaltungsrecht bis zur Erteilung oder Korrektur eines Nachweises;
  • Beweiserleichterungen im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens um den Inhalt der vereinbarten Arbeitsbedingungen.

Nachdem die RL 2019/1152/EU in ihrem Art. 19 zwingend Sanktionen vorsah, war der Gesetzgeber zum Handeln aufgefordert. Art. 15 Abs. 1 RL 2019/1152/EU erwähnt darüber hinaus, dass in diesem Fall "der Arbeitnehmer (...) in den Genuss von für ihn günstigen Vermutungen (kommt), die vom Mitgliedstaat festgelegt werden und die vom Arbeitgeber widerlegt werden können". Alternativ oder kumulativ kann eine staatliche Beschwerdestelle festgelegt werden, die für Abhilfe sorgt. Dabei kann geregelt werden, dass der Arbeitnehmer die Erteilung des (vollständigen) Nachweises zunächst anzumahnen hat.[1]

Im neuen NachwG sind nunmehr in dessen § 4 einige Tatbestände geregelt, die als Ordnungswidrigkeiten mit einem Bußgeld von bis zu 2.000 EUR belegt werden können. Ob diese Tatbestände in der Praxis den Vorgaben des Art. 19 Satz 2 der RL 2019/1152/EU ("angemessen, wirksam und abschreckend") genügen werden, ist zweifelhaft. Denn im Gesetzgebungsverfahren wurde im Wesentlichen die Zuständigkeit für die Verfolgung der Ordnungswidrigkeiten – die weder Bund noch Länder übernehmen wollten – diskutiert.[2]

Arbeitgeber können also darauf hoffen, dass die Intensität bei der Verfolgung der Ordnungswidrigkeiten nicht besonders hoch sein wird. Auf eine gesetzliche Vermutungs- oder Beweislastregel wurde ebenfalls verzichtet.

[1] Art. 15 Abs. 2 RL 2019/1152/EG
[2] BR-Drucks. 154/22 bzw. BT-Drucks. 20/2245.

7.1 Erfüllungs- bzw. Berichtigungsanspruch

Der Arbeitgeber ist nach § 2 NachwG zum Nachweis der vereinbarten wesentlichen Arbeitsbedingungen verpflichtet. Diesen Anspruch kann der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber vor den Gerichten für Arbeitssachen durchsetzen.[1] Im Rahmen einer solchen Klage würde der Arbeitgeber verurteilt, dem Arbeitnehmer einen den formellen und inhaltlichen Anforderungen des § 2 NachwG genügenden Nachweis auszustellen und auszuhändigen. Diesen Antrag kann der Arbeitnehmer nach § 888 Abs. 1 ZPO vollstrecken oder nach § 61 Abs. 2 ArbGG mit einem Antrag auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung verbinden, für den Fall, dass der Arbeitgeber seiner Verpflichtung innerhalb einer vom Gericht zu bestimmenden Frist nicht nachkommt. Allerdings ist zu beachten, dass mit der Zahlung der Entschädigung regelmäßig weitergehende Ansprüche wegen der Verletzung der Nachweispflicht ausscheiden. Erteilt der Arbeitgeber einen Nachweis, ist dieser aber unvollständig oder fehlerhaft, so kann der Arbeitnehmer entsprechend auf Ergänzung oder Korrektur der Angaben klagen.

Die praktische Bedeutung von Klagen auf Erfüllung der Nachweispflicht oder Berichtigung von bereits erteilten Nachweisen dürfte allerdings gering sein, da regelmäßig keine Bereitschaft zur gerichtlichen Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber innerhalb eines noch bestehenden Arbeitsverhältnisses besteht.

[1] Jedenfalls, solange das Arbeitsverhältnis noch besteht: LAG Bremen, Urteil v. 6.9.2004, 3 Sa 242/03.

7.2 Schadensersatzansprüche

Die rechtzeitige Erteilung eines schriftlichen Nachweises ist eine (gesetzliche) Nebenpflicht des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis. Bei schuldhafter Verletzung dieser Pflicht hat der Arbeitnehmer einen Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB gegen den Arbeitgeber.[1] Der Anspruch ist auf Ersatz des sich aus der Nichterteilung des Nachweises ergebenden Schadens gerichtet. Nach umstrittener Rechtsprechung des BAG ist das NachwG kein Schutzgesetz zugunsten des Arbeitnehmers,[2] sodass der Schadensersatzanspruch nicht zusätzlich auf eine Verletzung des § 823 Abs. 2 BGB gestützt werden kann.

Ein Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers besteht nicht nur, wenn der Arbeitgeber überhaupt keinen Nachweis ausstellt, sondern auch dann, wenn dieser lediglich unvollständig oder fehlerhaft ist und hierdurch beim Arbeitnehmer ein Vermögensschaden verursacht wird.[3]

Allerdings bereitet es in der Praxis dem Arbeitnehmer regelmäßig Schwierigkeiten, den sich aus der fehlenden Unterrichtung über die wesentlichen Vertragsbedingungen ergebenden Schaden konkret nachzuweisen. Daher ist der Schadensersatzanspruch im Wesentlichen nur dann von Bedeutung, wenn der Anspruch des Arbeitnehmers wegen einer bestehenden Ausschluss- oder Verjährungsfrist nicht rechtzeitig geltend gemacht worden ist und daher der ursprüngliche Anspruch nicht mehr erfolgreich geltend gemacht werden kann.[4]

Das BAG unterstellt dabei zugunsten des Arbeitnehmers, dass dieser bei ordnungsgemäßem Nachweis seine Forderung rechtzeitig erhoben hätte. Es geht hier...

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